06.04.2010
Starthilfe
für Jungunternehmer
Risikokapital
für Wagemutige
Das
Konzept muss überzeugen
Begehrter
Senf aus Kreuzberg
Franchise
ist im Kommen
Existenzgründer und junge Unternehmen mit innovativen Geschäftsideen gehören zu den wichtigsten Antriebskräften einer dynamischen Wirtschaft. Berlin bietet dafür erstklassige Rahmenbedingungen.
Gründer sein, Chancen aufspüren, innovative Ideen entwickeln und als geschäftsfähiges Konzept auf den Markt bringen. Mut zu Entscheidungen, Leistungsbereitschaft, Kreativität und Freude an der Verantwortung haben.
In der Hauptstadt muss man nicht lange nach diesen Menschen suchen. Berlin ist die Stadt der Start Up's und jungen Unternehmen. Nach Angaben des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg gab es in der Metropole im letzten Jahr fast 45 000 Gewerbeanmeldungen. Das ist die höchste Zahl an neuen Gewerbeanzeigen seit 2006 - und ein Anstieg von über neun Prozent gegenüber 2008. Berlin dürfte damit auch bundesweit wieder den Titel „Gründer-Hauptstadt" erringen. Im Bezirks-Ranking lag bei der Zahl der Anmeldungen im Jahr 2009 Mitte an der Spitze vor Charlottenburg-Wilmersdorf und Neukölln. Neue Firmen der Kreativwirtschaft zieht es besonders in die Viertel Kreuzberg und Friedrichshain.
Die Zendome GmbH ist ein solches Unternehmen der boomenden Berliner Kreativwirtschaft. Carsten Fulland, Gordian Overschmidt und Michael Schneider gründeten das Unternehmen im Frühjahr 2006 im Stadtteil Prenzlauer Berg. „Unser Gründerteam ergänzt sich einfach perfekt: Jeder hat seine Stärken in seinem Bereich in echten Kundennutzen umgewandelt", sagt Gordian Overschmidt. Zendome stellt mobile Architektur für den Event-Markt her. Die geodätischen Dome-Zelte mit ihrem patentierten Gerüstsystem fertigt das Berliner Unternehmen aus pulverbeschichtetem und verzinktem Stahl in Deutschland. Mit Erfolg. „Wir sind natürlich gewachsen und haben ohne wesentliches Startkapital eine stabile Struktur entwickeln können", erklärt Gordian Overschmidt. Das Unternehmen beschäftigt heute neben 14 festen noch 15 freie Mitarbeiter. Zu den aktuellen Projekten gehören mobile Planetarien wie im Pariser Grand Palais oder der 1000 m2 große Super-Dome in Abu Dhabi.
„Wie den meisten Gründern liegt uns Berlin als offene und kreative Stadt am Herzen, und deshalb engagieren wir uns aktiv in den Netzwerken der Hauptstadt", erklärt der Geschäftsführer der Zendome GmbH. Er ist unter anderem im Arbeitskreis junger Unternehmer aktiv. „Der Mehrwert für Unternehmen bei dem Arbeitskreis liegt darin, dass sie Struktur und Mitarbeiter der IHK kennenlernen und die IHK wiederum die Unternehmen kennenlernt. So kann man miteinander in offenen Austausch treten", sagt Overschmidt.
Starthilfe für Jungunternehmer
Ein weiteres Netzwerk für innovative Unternehmen der Region Berlin-Brandenburg ist das Existenzgründer-Institut Berlin. Es lädt am ersten Dienstag des Monats Experten aus der Gründerszene Berlins ein und informiert unter dem Namen „Gründer-Dienstag" über verschiedene Aspekte der Selbstständigkeit. Zusätzlich trägt es das Thema Existenzgründungen in Forschungseinrichtungen und Hochschulen. Daneben unterstützt das Institut das virtuelle Gründercafé. Für diese Netzwerkplattform muss man die eigenen vier Wände nicht verlassen. Das webbasierte Café für Gründer hilft bei Fragen des Grün-deralltags und verschafft Kontakte zu Experten. Die Wirtschaftsjunioren Berlin sind dagegen in verschiedenen Projekten aktiv. „Wir engagieren uns mit dem Ziel, den Standort Berlin zu stärken und mit frischen Ideen und Leidenschaft für das Unternehmertum zu werben", beschreibt Sandra Witzger das Bestreben der Junioren. Sie ist Geschäftsführerin der Werbeagentur Trend Point Marketing GmbH und Vorstandsmitglied der Wirtschaftsjunioren.
Die Netzwerke sind ein Teil der vielfältigen Gründerlandschaft Berlins. „Die Hauptstadt besitzt eine ausgeprägte Beraterszene, angefangen bei den Technologie- und Gründerzentren bis zur Gründungsberatung an den Universitäten", erklärt Susanne Schmitt-Wollschläger, Bereichsleiterin für Unternehmensgründung, -führung und -nachfolge der IHK Berlin. „Zudem verfügt Berlin über eine vielfältige Hochschul-Landschaft, es gibt Ausgründungen und gut ausgebildetes Jungakademiker-Personal, insgesamt sprechen viele Faktoren für das innovative Gründungspotenzial der Hauptstadt." Zahlreiche Technologie- und Gründerzentren bieten jungen Unternehmen eine gute Starthilfe und sind bestens mit Universitäten und Forschungseinrichtungen vernetzt.
Aber nicht nur die Unternehmen des Hightech-Sektors in Buch oder Adlershof bringen der Berliner Wirtschaft Impulse. Gute Ideen gibt es in der ganzen Stadt. Die Mivenion GmbH ist beispielsweise eine Ausgründung der Charité. Das im Jahr 2007 gegründete Technologieunternehmen legt den Fokus auf innovative Produkte für Märkte mit einem hohen medizinischen Bedarf. Das Fluoreszenzkamerasystem Xiralite zur Durchführung des Rheumascan-Verfahrens ist das führende Produkt von Mivenion und wurde im April 2009 in den europäischen Markt eingeführt. Das Mittel zur Früherkennung von Rheuma erleichtert Ärzten die Diagnose und Patienten die Behandlung. Mittlerweile beschäftigt die Mivenion GmbH zwölf Mitarbeiter und akquirierte den Pharmakonzern Pfizer als strategischen Partner.
Die Finanzierung des Unternehmens wäre allerdings ohne eine sechsstellige Summe des eigenen Managements und das Geld des Hightech-Gründerfonds nicht möglich gewesen. Der Hightech-Gründerfonds investiert Risikokapital in junge Technologieunternehmen und unterstützt sie mit einem starken Netzwerk und unternehmerischem Know-how. Investoren des 272 Mio. Euro schweren Fonds sind das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, die KfW Bankengruppe sowie die sechs Industriekonzerne BASF, Deutsche Telekom, Siemens, Robert Bosch, Daimler und Carl Zeiss.
Neben dem Fonds gibt es für Existenzgründer und junge Unternehmen eine Vielzahl weiterer finanzieller Unterstützungsangebote. Die zentrale Förderbank des Landes ist die Investitionsbank Berlin. „Unsere beliebtesten und wichtigsten Förderprogramme sind die Angebote Berlin Kredit, Berlin Start und die Mikrokredite aus dem KMU-Fonds", sagt Pressesprecher Uwe Sachs. „Knapp ein Drittel der bewilligten Fördermittel der Investitionsbank Berlin mit einem Volumen von 75 Mio. Euro fielen im Jahr 2009 auf Gründungsvorhaben." Die Summe verteilte sich auf 580 bewilligte Anträge.
Förderprogramme und -instrumente bieten beispielsweise auch die KfW-Mittelstandsbank oder die BBB Bürgschaftsbank zu Berlin-Brandenburg an.
Eine andere Möglichkeit der privaten Gründungsfinanzierung eröffnet sich durch die sogenannten Business Angels. „Business Angels zählen zu den bedeutendsten externen Kapitalgebern innovativer Gründungen", erklärt Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle. Sie fördern neue Unternehmensgründungen nicht nur mit Kapital, sie coachen und beraten auch. Einer der bekanntesten Business Angels in Berlin ist Günter Faltin. Er ist Professor am Arbeitsbereich Entrepreneurship der Freien Universität Berlin und sowohl Gründer als auch Inhaber der erfolgreichen „Teekampagne". Dieses Unternehmen ist mittlerweile der weltweit größte Versandhändler für Darjeeling-Tee und wurde mit dem „Deutschen Gründerpreis 2009" dekoriert.
Die Geheimnisse einer erfolgreichen Gründung sind für den gebürtigen Franken ein möglichst einfaches, aber ausgereiftes Konzept, das am Markt tragfähig ist, gesunder Menschenverstand sowie die Nutzung vorhandener Ressourcen. Faltin begleitete eine Reihe von Unternehmen wie beispielsweise das webbasierte Berliner Start Up-Unternehmen clickyourpic. Bei dem neuen Fotoservice des Gründers Konstantin Kutzer können Kunden Pass- und Bewerbungsfotos online selbst mit der eigenen Webcam anfertigen und bestellen.
Auf dem Weg von der guten Geschäftsidee zu einem plausiblen Unternehmenskonzept und der Gründung einer Firma gibt es allerdings viele unbekannte Hürden zu überwinden.
Die IHK Berlin hilft rund um das Thema Unternehmensgründung in der Hauptstadt weiter. Mit beachtlichem Erfolg. Die Kammer kann auf beeindruckende Zahlen für das letzte Jahr zurückblicken. 2009 gab es 4500 Erstberatungen, 3800 tiefergehende Beratungen während oder nach dem Businessplan, 562 Gründerpäckchen, 36 Gründerseminare von der IHK Berlin und nicht zuletzt 352 000 Seitenaufrufe zum Thema Gründungen. Gründer können durch die Hilfe unter anderem eine Vielzahl von Formalitäten schnell und unbürokratisch erledigen.
Ab Ende April wird es ein neues Wegweiser-Portal des Gründungsnetzwerkes rund um die IHK geben. Gründer können dann institutionelle Beratungsstellen und Veranstaltungen finden, der Fokus liegt auf regionalen Informationen und Aspekten der Gründerszene Berlins. „Viele erstklassige und heute sehr erfolgreiche Berliner Firmen haben unsere Beratungsleistungen in Anspruch genommen", erinnert sich Susanne Schmitt-Wollschläger.
Der Gründer Daniel Achilles eröffnete beispielsweise erst im März 2009 das Restaurant Reinstoff . Knapp ein Jahr später wurde der Küchenchef und Spezialist für praktizierte Molekularküche schon mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet. Profitiert hat auch Merit Schambach. Die Senf-Produzentin verkauft mittlerweile in ihrem Kreuzberger Laden über 30 verschiedene Senf-Variationen. Inzwischen haben die ersten Großen der kulinarischen Branche wie Feinkost Käfer aus München ihren Senf in das Sortiment aufgenommen.
Die IHK Berlin engagiert sich auch in diversen Wettbewerben wie etwa dem Funpreneur-Wettbewerb der Freien Universität Berlin. „Wettbewerbe sind die besten Trockenübungen, die ein Gründer machen kann", erklärt Frauke Bielka. „Sie lenken die Aufmerksamkeit auf Gründungen, sind ein toller Ansporn und man bekommt Feedback, ob es eine gute Idee ist." Die im Bereich Unternehmensgründung, -führung und -nachfolge tätige Diplom-Kauffrau der IHK Berlin ist unter anderem auch Jurorin des Businessplan-Wettbewerbs Berlin-Brandenburg (BPW). Der Wettbewerb ist Deutschlands größte regionale Gründerinitiative und verzeichnet im 15. Jahr seines Bestehens eine neue Rekordbeteiligung. Im Vergleich zum Vorjahr nahmen an der ersten Stufe 15 Prozent mehr Gründungsinteressierte teil. Der Businessplan-Wettbewerb Berlin Brandenburg hat den Vorteil kostenloser Seminare, einer Bewertung des Konzepts von zwei unabhängigen Junioren oder die Inanspruchnahme eines Coaches.
Im letzten Sommer gewann „Myparfuem" gegen 748 konkurrierende Unternehmen den Wettbewerb im Bereich Service. „Der BPW spielte eine bedeutende Rolle in der Entwicklung unseres Unternehmens und des Geschäftskonzeptes." Matti Niebelschütz gründete das Berliner Start-up-Unternehmen zusammen mit seinem Bruder Yannis und Freund Patrick Wilhelm vor knapp zwei Jahren. Auf der Internetseite myparfuem.com können Kunden nach ihren individuellen Wünschen aus acht Basisdüften und insgesamt 30 verschiedenen Zutaten einen eigenen Duft kreieren. „An dem fundierten Businessplan orientieren wir uns noch heute", verrät Matti Niebelschütz. Inzwischen beschäftigen die drei Gründer des Unternehmens zehn Mitarbeiter. „Die aktuelle Geschäftsentwicklung verhält sich nahezu exakt so, wie im Businessplan prognostiziert und damit außerordentlich gut", ergänzt der junge Unternehmer. Im Vergleich zum Vorjahr verzeichnete die Firma einen erheblichen Umsatzzuwachs.
Ein anderer Wettbewerb spricht speziell Frauen an und sucht die „Berliner Unternehmerin des Jahres 2010/2011". Berliner Unternehmerinnen sind bis zum 1. Mai eingeladen, sich am Wettbewerb zu beteiligen. Der Preis wird am 19. Juni auf dem 5. Berliner Unternehmerinnentag verliehen. Die ganztägige Informations-, Weiterbildungs- und Netzwerkveranstaltung richtet sich an Berliner Unternehmerinnen, Gründerinnen und gründungsinteressierte Frauen.
Wer selbst keine eigene Geschäftsidee hat und dennoch gerne selbstständig sein möchte, kann auf das Franchising zurückgreifen. Franchise-Nehmer bekommen ein fertiges Geschäftskonzept an die Hand und setzen es am gewünschten Standort selbstständig um. Unternehmensgründer profitieren dabei auch von günstigen Einkaufskonditionen oder einer gemeinsamen Weiterentwicklung des Franchisesystems.
Zu den bekanntesten Franchise-Gebern mit Berliner Wurzeln gehören DB Station und Mrs. Sporty. „In Deutschland interessieren sich immer mehr Menschen dafür, Franchise-Geber zu werden; zunehmend gut laufende Dienstleistungsunternehmen wollen ihre Firma in ein Franchisesystem umwandeln", beschreibt Frauke Bielka einen Trend des letzten halben Jahres. Die positive Entwicklung des Franchisings wird auch in diesem Jahr anhalten.
Jens Bartels
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TOURISMUS
Reise-Messe ITB und Tourismus-Branche in Berlin - Titelthema der "Berliner Wirtschaft" im März 2010 - 09.03.2010
http://www.innomonitor.de/index.php?id=132&be=1211