Den Wissens- und Technologietransfer optimieren

20.10.2009

Interview mit dem Innovationsforscher Prof. Dr. Knut Blind, Technische Universität Berlin,  Fachgebiet Innovationsökonomie Expertenkommission Forschung und Innovation

Herr Prof. Blind. Sie haben auf dem Innovationsgipfel über den Wissens- und Technologietransfer gesprochen. Was ist der Nutzen von Transfer und für wen ?

Blind:  Wissen sowie Forschung und Entwicklung (FuE) gewinnen für die Realisierung von Innovationen in der Wirtschaft zunehmend an Relevanz. Zugleich steigt die volkswirtschaftliche Bedeutung von Branchen der Spitzentechnologien und wissensintensiven Dienstleistungen.
Allerdings ist festzustellen, dass die Unternehmen ihre FuE-Aktivitäten vor allem innerhalb ihrer Kernkompetenzen konzentrieren. Sie orientieren sich an der kurz- bis mittelfristigen Nachfrageentwicklung ihrer Märkte. Hinzu kommt, dass vielen Unternehmen, vor allem den Klein- und Mittel-Unternehmen (KMU) die Ressourcen  wie Kapitel und Fachkräfte fehlen, um kontinuierlich FuE zu betreiben. Grundlagenforschung findet fast ausschließlich in öffentlichen Forschungseinrichtungen statt. Die Wissenschaft kann daher zu erfolgreichen Innovationen beitragen.

Was sind die Vorteile des Wissens- und Technologietransfers für die Unternehmen?

Blind: Es lassen sich mehrere Vorteile feststellen. Von zentraler Bedeutung ist die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit durch Wissensgewinn und beschleunigte Innovationsprozesse. Für viele Unternehmen ist aber auch von Bedeutung, dass der Kontakt zu Hochschulen eine verbesserte Personalrekrutierung ermöglicht. Weitere Positiveffekte sind , dass der Zugang zu öffentlichen Forschungsprogrammen  erleichtert wird und die Forschungsrisiken reduziert werden können. Nicht zuletzt wird durch den Transfer der Aufbau langfristig und flexibel nutzbarer strategischer Netzwerke ermöglicht.

Was können Unternehmen tun, um zu einer Optimierung des Wissens- und Technologietransfers beizutragen?

Blind: Ein erster Schritt, den ich empfehle, ist die Förderung der betrieblichen Innovationskultur. Hierzu gehört auch die Vermittlung von Prozesswissen, zum Beispiel im  Innovationsmanagement, das gezielt auch Inputs von Außen integriert. Ein wichtiges Element ist die Optimierung der betrieblichen Weiterbildung. Flankierend ist an eine Verbesserung der Informationen über die deutsche Wissenschaftslandschaft zu denken, etwa über eine Internet-Plattform oder ein  regionales Forum. Dies geht allerdings über das einzelne Unternehmen hinaus und betrifft die Wirtschaft insgesamt. Ebenso der Aufbau engerer und regelmäßigerer Kontakte zur Wissenschaft. Mittel dazu können Stiftungsprofessuren, Doktorandenstipendien und -betreuung, gemeinsame An-Institute sowie die gegenseitige Beratung sein. Auch die Normung bietet sich als Plattform für Kooperationen mit anwendungsorientierten Forschungseinrichtungen an.

Welche Verbesserungsmöglichkeiten sehen Sie auf Seiten der Hochschulen und Forschungseinrichtungen?

Blind: Hier ist eine stärkere Berücksichtigung von Praxisinhalten und Berufsfeldorientierung in den Curricula gefordert. Ebenso eine stärkere Positionierung auf dem Weiterbildungsmarkt, wie sie derzeit in Berlin die Freie Universität mit einer eigenen Einrichtung vornimmt. Generell sollte die Vermittlung und Nutzung überfachlicher Qualifikationen ein stärkeres Gewicht in der Hochschullehre erhalten. Hier denke ich an Seminare zum Projektmanagement oder den Grundlagen unternehmerischer  Tätigkeit. Logisch schließt sich dann auch die Unterstützung von Ausgründungen an, etwa in Form  Freistellungsregelungen oder dem  Rückkehrrecht. Schließlich wäre eine verbesserte Darstellung der spezifischen Kompetenzfelder der Hochschule nach außen von Vorteil. In der internen Hochschulplanung müßte der Wissens- und Technologietransfer in den Entwicklungsstrategien sowie bei der Leistungsbeurteilung von Lehrstühlen verstärkt berücksichtigt werden.

Und was kann die Politik zur Optimierung des Transfers leisten?

Blind: Wichtig ist aus meiner Sicht das Setzen von stärkeren Anreizen für die Durchführung von Technologietransfer, auch via Normung, zum Beispiel  als Kriterium für die Vergabe von Forschungsmitteln. Auch die Vereinfachung der Förderprogramme hinsichtlich Abstimmung, Übersichtlichkeit, Antragsverfahren eröffnet ein Optimierungspotenzial. Weitere Hebel sind die Erweiterung der personellen Ressourcen, vor allem in Fachhochschulen - etwa durch ein Assistentenförderprogramm oder die Entlastung des Personals bei anderen Aufgaben - sowie die weitere Reformierung des Vergütungsrechts für den öffentlichen Dienst.

Welche Empfehlungen leiten Sie daraus für die Region Berlin-Brandenburg ab?

Blind:  Der Kurs sollte sein, die  Komplementaritäten beider Länder verstärkt zu nutzen. Vor allem im Bereich der Spitzentechnologien findet sich das Potenzial der Universitäten und Forschungseinrichtungen noch nicht in entsprechenden Industrieaktivitäten, z. B. Gründungen, wider. Dazu zählt der weitere Ausbau der Kooperationen auf Ebene der Landespolitik im Rahmen der Innovationsstrategie und das Verfolgen einer ressortübergreifenden Kooperationsstrategie, die nicht nur die bisher involvierten Forschungs- und Wirtschaftsressorts mit einschließt. Auf Arbeitsbene müssen eine noch engere Abstimmung und weitere gemeinsame Aktionen der Transferpartner beider Bundesländer  hinzu kommen. Hier hat es, wie ich auch auf dem Innovationsgipfel feststellen konnte, in den letzten Jahren bereits beachtliche Fortschritte gegeben.

Quelle


 

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