Erste Zukunftskonferenz Medizintechnik

24.06.2011

 

Erste Zukunftskonferenz Medizintechnik

BMBF startet neue Fördermaßnahme für KMU der Medizintechnik

Im Berliner Maritim Hotel fand am 21. Juni 2011 die Zukunftskonferenz Medizintechnik statt. Die Konferenz war eine gemeinsame Veranstaltung der für neue Technologien in der Medizin zuständigen Ministerien BMBF, BMWi und BMG gemeinsam mit Industrie und Wissenschaft. Beteiligt waren u.a. der Bundesverband Medizintechnologie e.V. (BVMed), Deutscher Industrieverband für optische, medizinische und mechatronische Technologien e. V. (Spectaris), Verband der Diagnostica-Industrie e. V. (VDGH), Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V. (ZVEI), Deutsche Gesellschaft für Biomedizinische Technik im VDE (DGBMT), Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen der Stadt Berlin und das Ministerium für Wirtschaft und Europaangelegenheiten des Landes Brandenburg. (2) Die Zukunftskonferenz Medizintechnik führte als gemeinsame Veranstaltung der Bundesministerien und Fachverbände die Veranstaltungen der Vorjahre "Innovationsforum Medizintechnik" und "Zukunftskonferenz Medizintechnik" fort. Zu der Veranstaltung hatten sich über 450 Experten angemeldet.  Die Tagungsorganisation oblag der TSB Innovationsagentur Berlin GmbH.

Zentrales Ziel der Veranstaltung war, den Innovationstransfer zwischen der Forschung und der Anwendung in der medizinischen Praxis zu beschleunigen. Hierzu ist nach Aussage des Bundesverbandes Medizintechnologie (BVMed) als Mitveranstalter der Konferenz ein "übergreifender Strategieprozesses Medizintechnik der beteiligten Ministerien und Organisationen" nötig. "Gemeinsames Ziel muss es sein, Innovationen, die medizintechnischen und ökonomischen Fortschritt bieten, schneller in den Gesundheitsmarkt einzuführen. Dabei müssen die langfristigen Einsparpotenziale sowie die Verbesserung der Versorgung durch moderne MedTech-Verfahren in die Überlegungen und in die Kostenübernahme medizintechnologischer Produkte einbezogen werden", so BVMed-Vorstandsvorsitzender Dr. Meinrad Lugan. (3)

ZVEI-Geschäftsführer Bursig sagte zu den Zielsetzungen, es müsse darum gehen, den steigenden und neuartigen Anforderungen an die Gesundheitsversorgung mit den technischen Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts zu begegnen. Das Bewusstsein für eine Verschiebung von der traditionellen Akutversorgung hin zu einem längerfristigen, eher präventiven Gesundheitsmanagement sei weiter zu schärfen.  (5)    

Defizite bestehen in Deutschland bei der Einführung von Innovationen in die Vergütungssysteme. "Für die kommenden Jahre erwarten die Unternehmen der Medizintechnologie daher klare Perspektiven für die Finanzierung medizintechnischer Innovationen", so der BVMed. (3)

In der Eröffnungsveranstaltung am Vorabend im Langenbeck-Virchow-Haus hatte der parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung Helge Braun die neue Fördermaßnahme „KMU-innovativ - Medizintechnik" mit einem Volumen von jährlich 10 Millionen Euro bekannt gegeben. Auf diese Weise sollten kleine und mittlere Unternehmen der Medizintechnikbranche einen besseren Zugang zur Forschungsförderung erhalten. Die Maßnahme sei Teil des erfolgreichen Förderkonzepts „KMU-innovativ", das bereits seit 2007 Forschungsaktivitäten in kleineren Unternehmen unterstützt. „Wir wollen Innovationsprozesse beschleunigen, die Medizintechnik-Industrie stärken und die Patientenversorgung verbessern", sagte Braun. (1)

Mit „KMU-innovativ" vereinfacht das BMBF die Beantragung und Bewilligung von Fördermitteln für diese Unternehmen. Bisher werden innovative Unternehmen in sieben wichtigen Zukunftsbereichen vom BMBF gefördert (Zivile Sicherheit, Biotechnologie, Informations- und Kommunikationstechnologie, Nanotechnologie, Optische Technologien, Produktions-technologie, Ressourcen- und Energieeffizienz). Mit „KMU-innovativ Medizintechnik" erweitert das BMBF seine Förderung um einen achten Zukunftsbereich.(1)

In den drei Plenarvorträge am Beginn der Konferenz stellte Prof. Dr.-Ing. Marc Kraft, Leiter des Fachgebietes Medizintechnik und Sprecher des Innovationszentrums Technologien für Gesundheit und Ernährung der TU Berlin, die zukünftigen Bedarfe an medizintechnischen Systemlösungen dar. Die Vortragesfolien hier: (7)

Die Frage "Welche Innovationen brauchen wir für eine hochwertige und wirtschaftliche Versorgung in einer Gesellschaft des längeren Lebens?" beantwortete Prof. Dr. Prof. h. c. Edmund A. M. Neugebauer, Direktor des Instituts für Forschung in der Operativen Medizin (IFOM),Lehrstuhl für Chirurgische Forschung Universität Witten/Herdecke, Prodekan Forschung, Fakultät für Gesundheit, in seiner Keynote.

Die Herausforderungen, die sich durch die medizintechnischen Innovationen für Forschungs-, Gesundheits- und Wirtschaftspolitik stellen, umriß Prof. Dr. Ralf Lindner, Projektleiter im Competence Center "Neue Technologien", Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI & Quadriga Hochschule Berlin. Die Vortragsfolien hier: (8)

Den Plenarvorträgen schlossen sich sechs parallele Workshops zu folgenden Themen an: 1. Zukünftige Gesundheitsversorgung: Innovationsfelder in der Medizintechnik für Produkte, Dienstleistungen und Systemlösungen, 2. Qualität braucht Qualifikation: Fachkräftesicherung und Nachwuchsförderung in der Medizintechnik, 3. Von der Idee zum Produkt auf dem Markt: Translation und Konformitätsbewertungsverfahren in der Medizintechnik, 4. Was wird bezahlt werden? Nutzenbewertung und Erstattung von innovativer Medizintechnik, 5. Gemeinsam gut aufgestellt: Kooperations- und Geschäftsmodelle für innovative Medizinprodukte, 6. Weltweiter Erfolg: Herausforderungen der Globalisierung und Strategien für die Erschließung neuer Märkte. Als Ergebnis der Workshops sollten zentrale Fragestellungen identifiziert und konkrete Handlungsempfehlungen formuliert werden, die im Rahmen des Strategieprozesses Medizintechnik behandelt werden sollen.

Hier die Dokumentation einiger Vorträge in den Workshops: (6)

Laut BVMed beschäftigt die Branche über 170.000 Menschen in Deutschland. Jeder Arbeitsplatz sichert 0,75 Arbeitsplätze in anderen Bereichen. Der Gesamtumsatz der produzierenden Medizintechnikunternehmen liegt in Deutschland bei rund 20 Milliarden Euro. Im Durchschnitt investieren die forschenden MedTech-Unternehmen rund neun Prozent des Umsatzes in Forschung und Entwicklung. Rund ein Drittel ihres Umsatzes erzielen die deutschen Medizintechnikhersteller mit Produkten, die nicht älter als drei Jahre sind. Die MedTech-Branche profitiere zudem von einer breit aufgestellten Forschungslandschaft in Deutschland. An über 40 Hochschulen und über 30 Universitätskliniken wird geforscht und ausgebildet. Darüber hinaus gibt es eine große Zahl an außeruniversitären Forschungseinrichtungen, die medizintechnische Forschung und Entwicklung betreiben. Die deutsche Medizintechnikindustrie ist sehr exportintensiv - mit einer Exportquote von rund 65 Prozent. Mitte der 90er Jahre waren es lediglich rund 40 Prozent. (3)

SPECTARIS-Geschäftsführer Tobias Weiler verwies in der Veranstaltung nochmals auf die große Bedeutung des Exportgeschäfts für die deutsche Medizintechnik. Durchschnittlich 64 Prozent des Umsatzes erzielt die Branche im Ausland. Unternehmens-Vertreter erläuterten die oftmals mit Hindernissen versehene Erschließung neuer ausländischer Märkte. Dazu seien ein gut funktionierendes Netzwerk und verlässliche Partner vor Ort notwendig. „Hilfreich wäre hier eine mittelstandskonforme politische Flankierung", sagte Tobias Weiler. Das betrifft grundsätzlich die systematische Bereitstellung von relevanten Marktinformationen. Darüber hinaus ist die frühzeitige und gezielte Kommunikation von geplanten ausländischen Investitionsprojekten von Bedeutung. Eine große Markteintrittsbarriere stellen außerdem immer wieder die unterschiedlichen Zulassungs- bzw. Registrierungsbedingungen, aber auch die zollrechtliche Vorschriften im Ausland dar. Auch hierzu erhofft sich die Branche Unterstützung seitens der Politik, Handelshemmnisse abzubauen, aber auch in Form von Informationsvermittlung und Aufklärung. (4)

Dieses Informationsdefizit soll im Rahmen der Exportinitiative Gesundheitswirtschaft abgebaut werden, versicherte Harald Kuhne, Leiter des Arbeitsstabes Gesundheitswirtschaft im Bundeswirtschaftsministerium. Er stellte die Instrumente der Exportinitiative vor und erläutere Chancen in diesem riesigen weltweiten Markt. So würden alleine in China jährlich 2.000 Krankenhäuser gebaut und ausgestattet. Die deutsche Medizintechnik stelle ihre Wettbewerbsfähigkeit schon in vielen Regionen unter Beweis. Saudi-Arabien etwa importiere rund 75 Prozent seiner Medizintechnik aus Deutschland. Andere Märkte müssten aber stärker systematisch und strategisch bearbeitet werden. (4)

Der ZVEI zeigte sich im Rückblick zufrieden mit der Konferenz. Die Zukunftskonferenz Medizintechnik habe „erfolgreich eine neue Kooperation innerhalb der Bundesregierung erprobt", erklärte der Verband. Erstmals habe es eine gemeinsame Konferenz zur künftigen Entwicklung der Medizintechnik und des deutschen Gesundheitsmarkts gegeben, die die bisherigen Einzelkonferenzen abgelöst habe. „Damit unterstreicht nun auch die Bundesregierung, dass die deutsche Medizintechnik mit einem übergreifenden Ansatz auf die politische Agenda gehört", sagte Hans-Peter Bursig, Geschäftsführer des ZVEI-Fachverbands Elektromedizinische Technik (5).

Bei der Konferenz wurden erste Handlungsempfehlungen entwickelt. So sollen bei der Nutzenbewertung die Verfahren deutlich transparenter und kleine und mittlere Medizintechnik-Unternehmen bei der Erbringung von Nachweisen über Studien besser unterstützt werden. Bestätigt wurden Positionen des ZVEI zur Fortentwicklung des Medizintechnik- und des Gesundheitsmarkts, insbesondere die Forderung, dass Innovationen sehr viel schneller in den Markt gebracht werden müssen. Dem stehen bislang noch eine komplexe Nutzenbewertung und innovationshemmende  Vergütungsstrukturen für medizinische Leistungen im Wege. (5)

Die beteiligten Verbände wollen jetzt gemeinsam mit den Ministerien die Konferenzergebnisse bewerten. Diese Bewertung soll Grundlage für den 'Strategieprozess Medizintechnik' sein, den das Bundesforschungsministerium (BMBF) nach der Sommerpause in Abstimmung mit den anderen Ministerien im Rahmen der Hightech-Strategie der Bundesregierung anschieben will. (5)

Zusammenstellung: Manfred Ronzheimer für InnoMonitor Berlin-Brandenburg

 

(1) http://idw-online.de/de/news429103

(2) http://www.zukunftskonferenz-medizintechnik.de/

(3) http://www.verbaende.com/News.php4?m=77833

(4) http://www.spectaris.de/medizintechnik/presse/artikel/seite/exportinitiative-gesundheitswirtschaft-sagt-mittelstaendischer-medizintechnik-unterstuetzung-zu/presse-1.html

(5) http://www.zvei.org/de/presse/pressemeldungen/pressedetail/zukunftskonferenz_medizintechnik_setzt_gute_signale/?no_cache=1

(6) http://www.zukunftskonferenz-medizintechnik.de/dokumentation/dokumentation_11.php

(7) http://www.zukunftskonferenz-medizintechnik.de/downloads/dokumentation_11/plenum/Kraft.pdf

(8) http://www.zukunftskonferenz-medizintechnik.de/downloads/dokumentation_11/plenum/Lindner.pdf

 

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