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Wäschewaschen, wissenschaftlich

05.07.2011

Wäschewaschen, wissenschaftlich

BSH Bosch und Siemens Hausgeräte nutzt die Labors der Berliner Hochschulen


Die BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH hat eine förmliche Kooperation mit drei Berliner Hochschulen gestartet. Einzelheiten der FuE-Kooperation mit der Technischen Universität Berlin, der Beuth Hochschule für Technik und der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) wurden in einer Pressekonferenz am 4. Juli 2011 im Institut für Strömungsmaschinen und Technische Akustik der TU Berlin, Halle K / Haus des Wassers, vorgestellt.


Ziel der Kooperation ist die gemeinsame Entwicklung innovativer Waschmaschinen- und Wäschetrocknergenerationen. Die Simulation des gesamten Wäschepflegeprozesses am Computer, Waschmaschinen, die nahezu ohne Wasser waschen und fast geräuschlos arbeiten, hygienisch einwandfreie Waschergebnisse bei sehr niedrigen Temperaturen - dies sind einige Themen, die im Mittelpunkt der interdisziplinären Forschung stehen werden. Die Kooperation ist ein Ergebnis aus dem „Innovationsnetzwerk Berliner Metall- und Elektroindustrie". (1)


Matthias Ginthum, Leiter Produktbereich Wäschepflege bei der BSH, erläuterte die Motovation des Industrieunternehmens zur Kooperation mit den Hochschulen. BSH sei in seinem Bereich Marktführer aufgrund von Qualität und Innovation. „Wir wollen uns aber weiter verbessern", erklärte Ginthum. Deshalb sollen - Stichwort „Open Innovation" - auch externe Möglichkeiten zur Steigerung der Innovation genutzt werden. BSH hat in seinem FuE-Bereich 2500 Beschäftigte, davon die Hälfte in Deutschland. Das Unternehmen zählt zu den 10 größten Patentanmeldern in Deutschland. 2010 wurden von BSH 900 Patente angemeldet. Waschmaschinen und Wäschetrockner gelten als die „Königsklasse der Hausgeräte". Für sie baut BSH in Berlin sein weltweites Entwicklungszentrum mit 750 Mitarbeitern in Spandau auf. Am 8. September 2011 soll dieses Technologiezentrum feierlich eröffnet werden. Die Grundsteinlegung war im Juni 2010 (3).

Ginthum schilderte Waschmaschinen als hochkomplexe Produkte, die sich nur mit wissenschaftlichem Input weiter verbessern lassen. Deshalb sei BSH froh über die Zusammenarbeit mit den Hochschulen, weil auf diese Weise unterschiedliche Aspekte der Technik abgedeckt werden können: von der Thermodynamik, der Strömungstechnik und den Schwingungsexperten, über die Textilien und ihre Zusammensetzung bis hin zur Simulation aller Ablaufschritte vorher im Rechner. Die beiden Punkte, an denen BSH in erster Linie Verbesserungseffekte erreichen will, sind der sparsame Wasserverbrauch und die Energieeffizienz. An vielen Stellen besteht Forschungsbedarf, der sich auch mit dem Grundlagen-Interesse der Hochschulen trifft. So sind die Wechselwirkungen im Waschprozeß noch nicht im Detail erforscht. Ein wichtiges Werkzeug dafür sind Simulationstechniken, mit denen etwa der Reinigungsgrad bei verschiedenen Temperaturen durchgespeilt werden kann. Aber diese Simulationen müssen zuerst numerisch „gebaut" werden, bevor sie für Modellrechnungen genutzt werden können. Dies ist das erste Projekt der Zusammenarbeit.

Prof. Dr.-Ing. Jörg Steinbach, Präsident der TU Berlin, rief die Vorschichte der Kooperation in Erinnerung. Vor Jahren habe man mit Wirtschaftssenator Wolf überlegt, wie die Berliner Wissenschaft stärker mit den Unternehmen der Region in Kontakt gebracht werden könnten. Traditionellerweise gehe der Blick der Universitäten bei der Suche nach Wirtschaftspartnern „immer schräg nach oben", um dann in 500 Kilometer Entfernung wieder runter zu kommen. Bei diesem Suchverhalten fielen aber die regionalen Unternehmen aus dem Blickfeld. Das Waschmaschinen-Projekt sei dagegen ein gutes Beispiel, wie sich Kooperationen im näheren Umfeld bewerkstelligen lassen, sagte Steinbach. In einem Workshop im Februar 2010 wurden die Möglichkeiten der Zusammenarbiet fachlich vertieft (2). 

Ein anderes Projekt sei mit MAN Turbo im Bereich der Mechatronik-Ausbildung angelaufen. Steinbach sprach von einer „Intensivierung des Technologietransfers", was in den letzten Jahren gefehlt habe.
„Das Netzwerk mit der Beuth-Hochschule und der HTW bildet einen guten Startpunkt für eine hochschulübergreifende Zusammenarbeit in Berlin. Dass dieses Netzwerk gemeinsam mit einem in der Region ansässigen Wirtschaftspartner vorangetrieben wird, stärkt nicht nur den Wissenschafts-, sondern auch den Wirtschaftsstandort. Genau diese Verflechtung wird immer wieder gefordert, wir setzen sie mit diesem Projekt beispielhaft um", so Prof. Dr.-Ing. Jörg Steinbach, Präsident der TU Berlin. (1)


Die Kooperation mit BSH rücke nicht nur eine Alltagstechnologie ins Blickfeld, deren wissenschaftliche Unterfütterung nur von wenigen beachtet wurde. Sie folge auch einem Mega-Trend, mit dem sich die TU-Fachgebiete  überall auseinandersetzen müssen: Die Produkte der Zukunft müssen  nachhaltig sein.

(Aus der PE:) Die Technische Universität Berlin bearbeitet wesentlich die Grundlagenforschung im Rahmen der Kooperation mit der BSH. Hier stehen interdisziplinäre Fragestellungen im Vordergrund, die für die Simulation der Wäsche in der Waschmaschine vordringlich aus den Bereichen der Fluid-Textil-Festkörper-Interaktion kommen. Dabei ist die Vorhersage der Bewegung der ‚nassen Wäsche‘ eine große Herausforderung. Daneben stellen sich aber für die Waschmaschine, Trockner und Geschirrspüler zahlreiche klassische Problemstellungen aus der Mechanik, Produktion, Strömungstechnik, Verfahrenstechnik, Elektrotechnik, Informatik bis hin zu dem technischen Umweltschutz. Am TU-Fachgebiet Fluidsystemdynamik, das sich mit der Strömungstechnik im Maschinenbau beschäftigt, wird bereits an einem Prüfstand zur Visualisierung der Textilbewegung in der Trommel gebaut, der die Grundlage für zahlreiche weitere Untersuchungen zur Simulation und Verbesserung der Waschwirkung erlaubt. (1)

Prof. Dr.-Ing. Reinhard Thümer, Präsident der Beuth Hochschule für Technik, und  Prof. Dr. Michael Heine, Präsident der Hochschule für Technik und Wirtschaft, stellten für ihre Einrichtungen die Chancen und Erwartungen an die Kooperation dar.

(Aus der PE:) Der Kooperation mit der BSH Berlin entspringt an der Beuth Hochschule für Technik Berlin ein praxisnahes Forschungsprojekt, bei dem (ein alltägliches Prozedere) die Dynamik der Wäschebewegung in der rotierenden Trommel im Mittelpunkt steht. Denn bei der Bewertung und Optimierung eines Waschprozesses in einer modernen Waschmaschine spielen die Art der Bewegung der Wäschestücke (z. B. aneinander reiben) sowie die Höhe des Wäschefalls eine wesentliche Rolle. „Meine Kollegen, Professoren aus dem Fachbereich Maschinenbau, simulieren und analysieren erstmalig einen optimalen Waschvorgang in der bewegten Trommel", so Prof. Dr.-Ing. Reinhard Thümer, Präsident der Beuth Hochschule für Technik Berlin. „Ziel der simulierten Wäschebewegung, die von vielen Parametern abhängig ist, ist es, die Verhaltenstypen für die unterschiedlichen Wäschearten zu extrahieren und so die Grundlage zu schaffen, diesen komplexen Vorgang zu verstehen und in Zukunft noch erfolgreichere Waschvorgänge - und damit einen noch effizienteren Einsatz von Wasser und Energie - zu erreichen. (1)

(Aus der PE:) Die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin konzentriert sich bei der Kooperation auf den Inhalt der Wäschetrommel. „Unsere Experten der Bekleidungstechnik nehmen den Waschprozess zum ersten Mal konsequent aus Sicht der Textilien unter die Lupe", so HTW-Präsident Prof. Dr. Michael Heine. Denn obwohl seit Jahrtausenden gewaschen wird - und seit Beginn des 20. Jahrhunderts auch mit elektrischen Waschmaschinen - beruhen doch sämtliche Erkenntnisse, Empfehlungen und Konstruktionen bis dato auf einem schlichten Standardwäschepaket, das weder der Vielfalt von innovativen Stoffen, noch den immer anspruchsvolleren Verarbeitungstechniken gerecht wird. Beides wird von den HTW-Wissenschaftlern sorgfältig analysiert und so die Grundlage für einen optimierten Waschprozess gelegt. Immerhin befinden sich 20 Millionen Tonnen Textilien in deutschen Haushalten; pro Person werden vier Kilogramm Wäsche pro Woche gewaschen. (1)

Die Kooperation ist vertraglich zunächst bis 2014 vereinbart. Finanziert werden von BSH die Stellen von 8 bis 10 wissenschaftlichen Mitarbeitern in allen drei Hochschulen.

(1)  http://idw-online.de/de/news431436

(2)  http://www.innomonitor.de/index.php?be=1148

(3)  http://www.innomonitor.de/index.php?id=132&be=1566


Manfred Ronzheimer für InnoMonitor Berlin-Brandenburg

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