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Die Gurkenernte revolutionieren

06.08.2013

05.08.2013Von Tomaten lernen, heißt fliegen lernen: EU-Projekt zur Entwicklung einer vollmechanisierten Gurkenerntemaschine erfolgreich zum Abschluss gebracht

Pressemitteilung - auch hier zu lesen

Was können Brandenburger Gurkenbauer von Tomatenanbauern lernen? Auf jeden Fall, wie auch unter schwierigen Erntebedingungen moderne Technik aufwendige Handarbeit ablösen kann. In einem Technologieprojekt, das das Brandenburger Agrarministerium aus Mitteln des EU-Agrarfonds ELER (Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes) und Landesmitteln mitfinanziert wird, gelang es, aus einem Tomatenvollernter eine Gurkenerntemaschine weiter zu entwickeln. Nach Erprobungen hat der Geschäftsführer des Gurkenhofs Frehn, Heinz-Peter Frehn, heute Brandenburgs Agrarminister Jörg Vogelsänger den neuen „High-Tech-Flieger", der die Gurkenernte revolutionieren soll, vorgestellt.

Vogelsänger: „Rund 650.000 Euro kamen zum Einsatz, um vorhandene Erntetechnik für die Bedürfnisse der Spreewaldbauern zu modifizieren. Das zweitgrößte Anbaugebiet im bundesdeutschen Vergleich bedeutet für die Spreewaldregion ein wichtiges wirtschaftliches Potenzial. Trotz ihres großen Erfolgs müssen sich auch die Gurkenanbauer dem zunehmenden Konkurrenzdruck erwehren. Moderne Erntetechnologie verbessert ihre Marktposition. Vor allem die steigenden Arbeitskosten stellen die Betriebe in Brandenburg vor Probleme, die Gurkenproduktion im industriellen Maßstab zu erhalten."

Die Ernte mit den bislang eingesetzten „Gurkenfliegern" ist ein hartes Geschäft, erfordert viele Helfer und ist entsprechend teuer. Nur wenige Zentimeter über dem Boden, in anstrengender Bauchlage, bei Staub und Hitze, mussten sich bislang Saisonkräfte darum bemühen, möglichst viele erntereife Gurken vom Feld zu pflücken.

Mit dem neuen Gerät kann nicht nur der Personalaufwand reduziert werden, die vollmechanische Lese ermöglicht auch eine Reduzierung der Pflückdurchgänge um die Hälfte.

Das Projekt wurde von den Kooperationspartnern Gurkenhof Frehn, Biohof Schöneiche und der Obst- und Gemüseverarbeitung „Spreewaldkonserve" Golßen GmbH in Zusammenarbeit mit dem Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V. (ATB) von 2009 bis 2013 umgesetzt. In der nun begonnenen Erntesaison 2013 kommen die weiter optimierten Verfahren der vergangenen Jahre erfolgreich zum Einsatz.

Tomatenvollernter war Vorbild

Projektaufgaben waren die Testung und Weiterentwicklung eines Tomatenvollernters der Firma Pomac, die Auswahl eines sortimentsspezifischen Anbauverfahrens sowie Untersuchungen zur Logistik und Verarbeitungsfähigkeit verschiedener Gurkensortimente. Die Aufnahmeeinheit des Tomatenvollernters wurde zunächst auf die Bedingungen von Einlegegurken angepasst und auf den Anbau mit und ohne Folie spezifiziert. Die Abtrenneinheit wurde bezüglich Schüttelfrequenz, Spaltabständen und Sortiergüte umgerüstet. Darüber hinaus wurden zahlreiche Versuche hinsichtlich Fahrgeschwindigkeit, Sortierung, Sorte und Ertrag aber auch zur mechanischen Belastbarkeit der Gurken durchgeführt.

Bewilligte Mittel für die Entwicklung einer Anbau-, Ernte- und Nacherntekette für die vollmechanische Ernte von Einlegegurken für südbrandenburgische Verhältnisse:

Förderfähige Gesamtkosten: 650.638 €
Eigenmittel (einschließlich nicht förderfähige Kosten):  369.521 €
Eigenanteil an förderfähigen Kosten:  208.428 €
Zuwendung: 442.211 €
davon ELER:       331.658 €
davon Land:        110.553 €

Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen für die Zusammenarbeit bei der Entwicklung neuer Produkte, Verfahren und Technologien in der Land- und Ernährungswirtschaft sowie in der Forstwirtschaft

Spreewald auf Platz 2 im Gurkenanbau

Die Verarbeitungskapazitäten im Spreewald liegen bei rund 40.000 Tonnen Freilandgurken pro Jahr, die auf etwa 600 Hektar angebaut werden. Hierfür werden 3.500 Arbeitskräfte in der Anbau- und Verarbeitungszeit pro Saison beschäftigt.

Als weithin bekannte Marke der Brandenburger Agrarwirtschaft haben es Spreewald-Gurken weithin zu Ruhm und Anerkennung gebracht. Seit dem 18. März 1999 sind sie sogar EU-weit als Spezialität mit geografisch geschützter Herkunft aufgenommen worden und dürfen nur im so genannten Wirtschaftsraum Spreewald wachsen.

Die Spreewälder Gurken haben seit dem 16. Jahrhundert nichts von ihrem guten Ruf verloren. Flämische Tuchmacher, die vom Grafen von der Schulenburg nach Lübben geholt wurden, um die hiesige Leinwand qualitativ zu verbessern, brachten aus ihrer Heimat den Gurkensamen mit. Der gute Boden im Spreewald eignete sich bestens für das Wachstum der Gurken. So konnten die weniger erfolgreichen Tuchmacher wenigstens mit dem Gurkenanbau und -verkauf ihre Existenz sichern. Doch noch war es schwierig, die Gurken über längere Zeit zu lagern, da sie durch die Gärung hohl wurden.

Um auch in der gemüsearmen Zeit ausreichend Gurken vorrätig zu haben, mussten sie durch Einsäuern haltbar gemacht werden. Damit war zugleich die Geburtsstunde der späteren Konservierungsbetriebe angebrochen. 1932 konnten erstmals sterilisierte Gurken in deren Produktionsprogramm aufgenommen werden und die brachten den Konservenherstellern einen beträchtlichen Gewinn.

1972 wurden die bis dahin privaten Konservierungsbetriebe zwangsverstaatlicht. Die ehemaligen Eigentümer wurden manchmal als Betriebsleiter eingesetzt. Erst nach der Wende war es einigen möglich, die Familienbetriebe zurückzukaufen.

Allerdings führte die Maueröffnung beim Absatz Spreewälder Produkte kurzzeitig in eine tiefe Krise. Die Flut von Lebensmitteln aus den alten Bundesländern sorgte zunächst für eine Vernachlässigung der einheimischen Erzeugnisse. Doch recht bald konnten regionale Spezialitäten aus dem Osten dank guter Qualität und dank guter Vermarktung wieder ihren angestammten Platz zurückerobern. Die Spreewaldgurke gehört dazu. 

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