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Industrielle Ökosysteme schaffen

11.06.2014

Industrielle Ökosysteme schaffen

ZAB-Zukunftsdialog diskutierte über  Industrie 4.0 und „Brandenburg 4.0"

Am 3. Juni 2014 hatte die Zukunftsagentur Brandenburg (ZAB) zu ihrem 20. Zukunftsdialog eingeladen, in die Brandenburger Landesvertretung in den Berliner Ministergärten am Potsdamer Platz. Weil man als Thema „Brandenburg 4.0 - IT meets Industry" gewählt hatte, wurde die Veranstaltung in Kooperation mit dem Berlin-Brandenburger IT-Verband SIBB durchgeführt. Die Veranstaltung rückte die Schnittstelle des Clusters IKT, Medien und Kreativwirtschaft einerseits und des Industrieclusters Metall andererseits in den Fokus.  Traditionelle Mitveranstalter des Zukunftsdialog waren auch diesmal der VDI und ProBrandenburg.  

ZAB-Geschäftsführer Kammradt verwies auf die „rasant ansteigende Rolle", die der Informationstechnik in vielen Wirtschaftsbereichen derzeit zukommen. „Dieses  Thema hat noch mehr Potenzial". Welche Dimensionen sich für die Industrie ergeben, habe Siemens auf der Hannover Messe im April mit seiner „Fabriklandschaft" eindrucksvoll zur Schau gestellt.

Der Themenhorizont der Veranstaltung war laut Einladung folgender:

„Die zunehmende Vernetzung von Unternehmen, Kunden und Zulieferern mittels Internet, mobilen Lösungen und Cloud Computing führt zu einem radikalen Wandel in nahezu jeder Branche. Durch die Digitalisierung ganzer Wirtschaftszweige werden nicht nur bestehende Prozesse revolutioniert, es entstehen auch neue Geschäftsmodelle und Unternehmen.

Brandenburg als Industrieland mit langer Tradition will sich der Herausforderung „Moderne Industrie Brandenburg" aktiv stellen. Welche Chancen entstehen durch das Zusammenwachsen von Fertigungsindustrie und Internet? Welche Potentiale und Forschungsbedarfe können ermittelt werden? Welche Rahmenbedingungen sind für eine digitale industrielle Produktion in der Region notwendig?" (1)

Der digitale Wandel in der Produktion

Prof. Berger, Vorsitzender des VDI-Landesverbandes Berlin-Brandenburg (6000 Mitglieder, 41 Arbeitskreise) stellte  in seiner Key Note „Der digitale Wandel in der Produktion" die impulsgebenden Faktoren für den Paradigmenwechsel zur Industrie 4.0 vor. Ein zentraler Faktor sei  „Big Data", wie auch der auf dem Weltwirtschaftsforum WEF in Davos vorgestellte „Global Information Technology Report 2014" unterstrichen habe. Die Brandenburger Wirtschaft stehe vor der Aufgabe, diese globalen Trends auf ihren Raum herunterzubrechen und umsetzbar zu machen.

Ein Instrument dafür sei der Masterplan Metall, der auf der Industriekonferenz Mitte Juni vorgelegt werde, berichtete Berger in seiner Eigenschaft als Sprecher des Brandenburger Wirtschaftsclusters Metall. Dazu wurden rund 400 Gespräche mit Vertretern der Metall-Branche geführt („Wo den Märker der Schuh drückt"). Ein Resultat der Cluster-Vernetzung für seine Hochschule, die BTU in Cottbus, sei etwa das Zustandekommen von 50 FuE-Kooperationen gewesen. Berger erwähnte namentlich das Unternehmen Rolls Royce, das seine Turbinenproduktion in Industrie 4.0-Manier in Brandenburg konzentriere. Es gehe bei Industrie 4.0 um die vollständige Digitalisierung der Wertschöpfungskette. Wenn die Auto-Industrie mit 86.000 unterscheidlichen Karrosserieformen laboriere und einige Fahrzeugtypen bis zu eine Million Bauteile/Datensätze (?) erforderten, dann sei dies nur mit vernetzter IT zu bewältigen.

Ein weiterer Mega-Trend der Produktion der Zukunft liege darin, den Kunden an der Prozessgestaltung zu beteiligen. Auf diese Weise könnten auch Aspekte Einzug halten, die von den Produktionsplaner bislang eher randseitig behandelt wurde, etwa der „energetische Fußabdruck" mit Schritten zur Stromeinsparung. Würden bei der Reinigung der 18.000 Tonnen Wäsche aus der Berliner Hotellerie und Gastronomie stärker automatisierte und energieeffiziente Technologien eingesetzt, könnte allein durch die Wärmerückgewinnung aus den Waschmaschinen eine Energieeinsparung von 30 Prozent realisiert werden.

Ein weiterer Megatrend von Industrie 4.0sei die Flexibilisierung: „Die Maschinen kommen zum Ort der Produktion".

Aufbau von „Unterstützungsstrukturen"

Handlungsbedarf  auch von industriepolitischer Seite sah Berger im Bereich des Aufbaus von Infrastrukturen, die solche „prozessorientierten Förderung" unterstützten. Dies gelte vor allem für das legendäre „Tal des Todes", nämlich der Durststrecke, die sich für technisch erfolgreiche Innovationen mit Fördergießkanne ergeben , bevor sie ihre Refinanzierung durch den Markt und zahlungsbereiten Kunden erreicht haben. Berger: „Wir müssen zu Unterstützungsstrukturen kommen, die diesen industriellen Paradigmenwechsel begleiten". Ein Element  hierzu stelle die „Entwicklung von clusterübergreifender Kommunikation und Kooperationsstrukturen" dar. Dies können dann im erfolgreichen Fall, quasi naturwüchsig zur „Schaffung industrieller Ökosysteme" führen, wie es beispielsweise Rolls Royce für seinen Turbinenbereich vorbildlich praktiziere.

Aus dem MWE verlautete am gleichen Tag zum Thema „Unterstützungsstrukturen":

„Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie „Moderne Industrie / Industrie 4.0 in Brandenburg" lässt das Wirtschafts- und Europaministerium derzeit prüfen, welche Unterstützungsstrukturen der brandenburgische Mittelstand benötigt, um auf dem Weg zu einer modernen Industrie schnell Fortschritte zu machen und kompetent begleitet zu werden." (4)

Über die Entwicklung des Metall-Clusters äußerte sich Berger an anderer Stelle wie folgt:

Der Sprecher des Brandenburger Clusters Metall, Prof. Dr.-Ing. Ulrich Berger, betonte: „Das Cluster Metall hat im breit angelegten Dialog-Format des Masterplanprozesses viele starke Akteure aus Wirtschaft und Wissenschaft zusammen gebracht. Neben der Abstimmung zu wichtigen Sachthemen mit Bezug zur aktuellen EU-Förderperiode wurde dabei stark auf die Vertiefung der gegenseitigen Information und Kommunikation abgehoben. Damit ist ein nutzbringender Mehrwert innerhalb der Brandenburger Metallbranche sichtbar geworden. Als prioritäre Themen mit ersten Lösungsvorschlägen wurden Energieeffizienz, neue Werkstoffe, der innovationsorientierte Technologietransfer, der Fachkräftemangel, das Branchenmarketing für „Metall Brandenburg" im Rahmen der Internationalisierungsstrategie sowie der Einzug des digitalen Zeitalters in kleinen und mittleren Metallunternehmen in den Fokus genommen." Dem Cluster Metall gehören 2.600 Unternehmen mit 38.500 Beschäftigten an. Dazu zählt auch die Heidelberger Druckmaschinen AG mit Sitz in Brandenburg an der Havel. „Auch außerhalb der gewohnten Netzwerke unseres Unternehmens wird mit der Clusterinitiative der regionale Verbund in der Metallbranche gefördert. Als Forum für den Austausch mit Unternehmen, Verbänden und der Wissenschaft zu aktuellen Themen, wie beispielsweise Energie oder Fachkräfte, schließt das Cluster eine Lücke", erklärte Standortleiter Gerwin Cordes. (2)

 

 

 (Foto v.l.n.r: Gellner, Christoffers, Ladwig, Köhler, Berger)

An der sich daran anschließenden Podiumsdiskussion des  Zukunftsdialoges beteiligten sich dann diese Personen:   (3)

Podium:
Ralf Christoffers | Minister für Wirtschaft und Europaangelegenheiten des Landes Brandenburg

Prof. Dr.-Ing. Ulrich Berger | Lehrstuhlinhaber Automatisierungstechnik an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg und Wissenschaftsbotschafter

Christian Köhler | Vorstandvorsitzender SIBB e.V. und Leiter Vertrieb der IABG mbH, Berlin

Thorsten Ladwig | Geschäftsführer der FLAMMSYSCOMP GmbH & Co. KG, Hennigsdorf

Moderation:
Torsten Gellner | Redaktion Brandenburg/Wirtschaft der Märkischen Allgemeinen Zeitung

Minister Christoffers zu  Industrie 4.0

Die Aussagen, die dort Wirtschaftsminister Christoffers machte, sind in dieser Pressemitteilung seines Ministeriums zusammen gefasst:  (4) 

 „Moderne Wirtschaft digitalisiert sich, Informationstechnologien durchdringen die Industrie und spielen  eine entscheidende Rolle beim Strukturwandel der Region sowie der Modernisierung der Wirtschaft. 80 Prozent aller Innovationen - in allen Branchen - sind mittlerweile IT-basiert. Durch Informations- und Kommunikationstechnologien wachsen im verarbeitenden Gewerbe die technischen mit den wirtschaftlichen und organisatorischen sowie logistischen Prozessen zusammen. Die Industrieproduktion kann dadurch flexibler und kostengünstiger auf individuelle Kundenwünsche eingehen und organisiert die Fertigung zugleich ressourcenschonender. Die Industrie 4.0 als Fusion von Fertigung und IT erfordert somit den konsequenten Wandel von Geschäfts- und Fertigungsprozessen. Brandenburg stellt sich diesen Herausforderungen - und wir begleiten diesen Prozess aktiv."

Beste Kompetenzen der Forschungseinrichtungen in der Hauptstadtregion böten ein hohes Potenzial für Innovationen in der Produktion, so Christoffers. „Die mittelständische brandenburgische Wirtschaft sowie Lehrstühle an unseren Universitäten und Fachhochschulen orientieren sich zunehmend in die Richtung, moderne IT und Forschung zusammenzuführen und anwenderorientiert - das heißt auf die Bedürfnisse der industriellen Fertigung fokussiert - weiterzuentwickeln" sagte der Minister. Die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Forschungsinstitutionen müsse deshalb weiter intensiviert und verstetigt werden. „Innovative Produkte und Dienstleistungen bilden eine wesentliche Voraussetzung für künftige Wertschöpfung", sagte der Minister.

Über die Branchen hinweg gebe es immer noch kleine und mittlere Unternehmen, die die Herausforderungen der Industrie 4.0 noch nicht auf sich bezögen. „Doch betrachtet man einzelne Handlungsfelder wie Fachkräftesicherung und -quali­fizierung, Innovationen bei Produktionen und Prozessen, Ressourcen- und Energieeffizienz, werden die Herausforderungen des neuen industriellen Zeitalters rasch greifbar. Daraus leiten sich unmittelbar Maßnahmen ab, die von den Unternehmen ergriffen werden müssen, um sich unter den Bedingungen der Industrie 4.0 im Wettbewerb behaupten zu können", sagte Christoffers. (4)

Flammsyscomp: Besser stanzen in Henningsdorf

Thorsten Ladwig, Geschäftsführer der FLAMMSYSCOMP, stellte eingangs kurz sein Unternehmen dar: 800 Berschäftigte an drei Standorten, zu 40 Prozent für den Automobilbau tätig  („das geht nur noch mit IT"), fertigt in Hennigsdorf 120 Millionen Stanzteile, von denen 70 Prozent ins Ausland gehen. Man sei deshalb auf dem Weltmarkt gegenüber Standorten wie China und Mexiko konkurrenzfähig, weil es Flammsyscomp gelungen sei, mit der Steuerung moderner Pressen bis zu 30 Prozent an Stanzmaterial einzusparen. Ladwig: „Wir können dadurch wettbewerbsfähige Preis anbieten"

Manfred Ronzheimer für InnoMonitor Berlin-Brandenburg

(1)

http://www.zab-brandenburg.de/de/Aktuelles/Termine/Zukunftsdialog-Brandenburg-40-%E2%80%93-IT-meets-Industry

(2)

http://www.zab-brandenburg.de/de/Aktuelles/Presse/Clusterstrategie-st%C3%A4rkt-deutsche-Hauptstadtregion

(3)

http://www.sibb.de/veranstaltungen/aktuelle-veranstaltungen/veranstaltungsdetail/termin/event/tx_cal_phpicalendar/sibb-region-ist-partner-vom-ikt-branchentag-in-cottbus-1/2014/06/03.html

(4)  http://www.mwe.brandenburg.de/sixcms/detail.php/bb1.c.365881.de

*

Hinweis auf die IndustrieKonferenz Brandenburg 2014 am 19.6.

http://industrie.brandenburg.de/sixcms/detail.php/bb1.c.357798.de

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