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Wenig Sympathie für Synthetische Biologie

29.01.2015

Geringe Sympathiewerte für  Synthetische Biologie 

Leopoldina untersucht das Meinungsklima zur Wissenschaft

Ein neuer Wissenschaftsbegriff kämpft mit Verständigungs-Problemen: Was ist „Synthetische Biologie?".  Etwas Künstlich-Technisches, weil „synthetisch"?  Oder geht es um natürliche Prozesse, weil „biologisch"?  Die Antworten sind nicht trivial, sondern sie entscheiden über die gesellschaftliche Akzeptanz einer neuen Forschungsrichtung. Das belegt eine neue Studie der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, die am  28. Januar 2015  in den Räumen der Berliner Leopoldina-Vertretung in einer Diskussionsveranstaltung vorgestellt wurde.

 

In den Labors wird bereits intensiv an der nächsten Generation der Gentechnik gewerkelt: Synthetische Biologie will Zellen gentechnisch so verändern, dass sie industriell nutzbar werden. Neue Medikamente und neue Energiequellen lauten zwei der Forschungsversprechen. Die Sorge der Wissenschaftler: Die Gesellschaft lässt sich vom Nutzen der Synthetischen Biologie nicht überzeugen und schaltet auf Abwehrmodus wie seinerzeit bei der Grünen Gentechnik, die jedenfalls mit Freilandforschungen aus Deutschland verschwunden ist.

Um dem vorzubeugen, gab die Leopoldina eine empirische Untersuchung über  „die synthetische Biologie in der öffentlichen Meinungsbildung" beim Institut für Demoskopie Allensbach (IfD) in Auftrag. Die 100.000 Euro teure Studie wurde zu 80 Prozent vom Bundesforschungsministerium bezahlt. Befragt wurden 2013 in zwei Wellen 562 Wissenschaftler und Wissenschaftsjournalisten sowie 2356 Bürger in einer für die gesamte Bundesrepublik repräsentativen Auswahl. Die Antwort geben  tiefe Einblicke in das Verhältnis der Bevölkerung zur Wissenschaft und der Rolle der Medien als Vermittler.

Erster Befund: Synthetische Biologie ist für die Deutschen ein Buch mit sieben Siegeln, eher mehr. 82 Prozent geben an, über dieses Gebiet kaum etwas zu wissen, lediglich zwei Prozent antworten: „Ich kenne mich ganz gut aus".  Zum Vergleich: Bei der Nanotechnologie ist es auch nicht viel besser (77:3). Erstaunlicherweise ist der Wissensstand  bei der Grünen Gentechnik (56:7) leicht höher als bei der akzeptierten „roten", medizinischen Gentechnik (65:5). Beste Werte erreichten in diesem Fragensample die Entwicklung von Elektroautos (44:10) und die Klimaforschung (37:10).

Aber auch wer wenig zu einem Thema weiß, leistet sich eine Meinung dazu. Die wurde von den Allensbacher Demoskopen als „spontane emotionale Reaktion auf Schlüsselbegriffe" erfragt. Das Ergebnis muss synthetische Biologen alarmieren. Während oben auf der Skala „Made in Germany" mit einem Sympathie-Wert von 93 Prozent rangiert und nur drei Prozent den Begriff auf Anhieb „unsympathisch" finden - und auch „Forschung" (88:6), „Wissenschaft" (84:7) und „Innovation" (68:16) positive Werte erreichen - steht am Ende der Tabelle die „Synthetische Biologie" mit 13:60 auf einem Verliererplatz. Nur die Gentechnologie ist den Bürgern noch unsympathischer: 77 Prozent antworten so (bei 12 Prozent Sympathisanten).

Wie wird man sympathischer? Die Demoskopen bohrten nach und fanden heraus: „Konkrete Nutzanwendungen verändern die Grundhaltung gravierend". Zwar verbanden die Bürger mit Synthetischer Biologie als Forschungsrichtung zur „künstlichen Herstellung von Zellen und Organismen" zu 57 Prozent „Sorgen"  und nur zu 27 Prozent „Hoffnungen". Das Verhältnis drehte sind allerdings bei Konkretisierung. Die „Schaffung künstlicher Zellen, die man zur Bekämpfung von  Krankheiten in  den Körper einsetzt" finden nämlich 59 Prozent der Befragten positiv, auch bei der „Herstellung von Treibstoffen mit Hilfe künstlicher Bakterien" überwiegen mit 48 Prozent die Befürworter, bei Organismen zum Abbau vom Umwelt-Schadstoffen steht es 41:41 pari. „Konkrete Anwendungsbeispiele können das Meinungsbild erheblich verändern", stellt die Studie fest.

Mit einer Medien-Kanonade an Positivmeldungen aus der Synthetischen Biologie wird es aber auch nicht getan sein. Denn eine Vertrauen weckende Wissenschaftskommunikation,  so weist die Studie ebenfalls nach, kommt nur zustande, wenn zugleich die Risiken mit thematisiert werden.  An anderer Stelle wurde schon damit begonnen. In dem Hauptdokument des jüngsten Weltwirtschaftsforum WEF vorige Woche in Davos, dem „Weltrisikobericht", sind drei Seiten den Sicherheitsrisiken der Synthetischen Biologie gewidmet.

Manfred Ronzheimer

 

Zum Download der Studie 

 

ZN10568

 

 

 

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