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Bürgerschaftliche Stadtkultur

23.02.2015

Bürgerschaftliche Stadtkultur

Sonntagsvorlesung von Humboldt-Uni und Helmholtz-Gemeinschaft zur Zukunftsstadt

Der Senatssaal der Humboldt-Uni war am Sonntag (22. Februar) bis auf den letzten Sitzplatz gefüllt, viele mußten sogar stehen, so groß war das bürgerschaftliche Interessean an der ersten von drei Helmholtz-Humboldt-Sonntagsvorlesungen zum Thema "Zukunftsstadt" im Rahmen des Wissenschaftsjahres. Unter dem Motto "Die Stadt der Zukunft liegt in unserer Hand" lag der Schwerpunkt auf Formen der Bürgerbeteiligung sowohl an den kommunalen Verfahren der Stadtgestaltung wie auch ungesteuerten Prozessen der Entwicklung von urbaner Kultur (1). Referenten waren Alexandra Quint, Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse am Karlsruher Institut für Technologie, Helmholtz-Gemeinschaft, und Wolfgang Kaschuba, Institut für Europäische Ethnologie an der Humboldt-Universität zu Berlin.

 

Alexandra Quint ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am zur Helmholtz-Gemeinschaft gehörenden Karlsruher Institut für Technologie. Dort arbeitet sie an dem Forschungs- und Entwicklungsprojekt "Quartier Zukunft - Labor Stadt" - ein bestehendes Karlsruher Stadtquartier, das in den kommenden Jahren von Bürgerinnen und Bürgern nach ihren Vorstellungen verändert und mitgestaltet wird (5). Im Fokus ihrer Vorlesung steht die Frage: Wie willst Du in Zukunft leben? Quint ist Expertin in der Stadt- und Metropolenforschung und leidenschaftliche Urbanistin. "Nachhaltige Stadtentwicklung geht jeden etwas an", sagt sie. "Daher ist es wichtig, dass die Menschen ihren Lebensraum, in dem sie leben wollen, ein großes Stück weit selbst gestalten." Die Wissenschaftlerin möchte Stadtentwicklung für jeden greifbar, verständlich und erfahrbar machen. Besonders wichtig sei ihr der Brückenschlag zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen aus der Stadtforschung und der Praxis. Das Projekt Quartier Zukunft sieht Alexandra Quint als Experimentierraum. "Wenn wir damit erfolgreich sind, kann das Modell vielleicht auch in anderen Metropolen zum Einsatz kommen." (1a)

Ihr Debattenbeitrag wurde in der Einladung so angekündigt: "Die These: Stadtneugründungen und massive Stadterweiterungen sind in vielen Teilen der Welt noch immer von Bedeutung. Im stark urbanisierten Europa hingegen geht es eher um behutsame Eingriffe in bestehende Stadtstrukturen, um Verdichten, Umgestalten, Weiterdenken. Der Wunsch der Zivilgesellschaft, Stadt mitzugestalten, ist dabei vielerorts unübersehbar. Bürgerinnen und Bürger wollen mitentscheiden, wenn es um ihre Stadt geht. Sie nehmen die Dinge selbst in die Hand. Eine kooperativ und partizipativ ausgerichtete Stadtentwicklung, wie sie das Forschungs- und Entwicklungsprojekt "Quartier Zukunft - Labor Stadt" betreibt, kann dazu beitragen, Antworten auf drängende Herausforderungen zu finden, unsere Städte wirkungsvoll und zukunftsgerichtet zu entwickeln. Alexandra Quint berichtet aus der Praxis und gibt Einblicke in das Projekt.(1) - In der "Berliner Zeitung" erschien vor der Veranstaltung ein Interview mit Frau Quint: "Urbane Visionen; Die Stadt der Zukunft kann man schon heute gestalten" (2) - Die Ankündigung auf der Facebook-Seite des ITAS - Institute for Technology Assessment and Systems Analysis (3)

Wolfgang Kaschuba ist Geschäftsführender Direktor des Instituts für Europäische Ethnologie an der Humboldt-Universität zu Berlin und leitet die Abteilung "Integration, soziale Netzwerke und kulturelle Lebensstile" am Berliner Institut für Migrationsforschung. Er engagiert sich vor allem in der Stadt- und Metropolenforschung und interessiert sich für Alltag und Kultur urbaner Gruppen. Kaschuba ist Berlin-Kenner. Immer wieder richtet er seinen Blick auf einzelne Bezirke, analysiert das Zusammenwachsen der Berliner 25 Jahre nach dem Mauerfall und setzt sich kritisch mit dem Thema Zuwanderung auseinander. Berlin ist für ihn aber auch ein Ort des internationalen Tourismus mit einem überwältigenden Kulturangebot, einer enormen gesellschaftlichen, sprachlichen und stilistischen Vielfalt. "Diese Weltstadt ist für mich eine Marke - sie ist offen, tolerant, charmant. Jeder kann sich hier frei entfalten, was aufgrund der vielen unabhängigen Köpfe und Initiativen aber auch ein gewisses Konfliktpotenzial birgt", sagt er. Letztes Jahr wagte der Ethnologe ein Experiment: Er schickte seine Studenten in die Feldforschung mit dem Auftrag, das Tempelhofer Feld zu beobachten und die dortigen "Raumpolitiken der Nutzer" zu analysieren. Über wichtige Erkenntnisse spricht er in der Helmholtz-Humboldt-Sonntagsvorlesung. (1a)

In der Pressemitteilung zur Veranstaltung wurde Kaschuba so angekündigt: "Der andere Blick: Nicht erst seit 1989, aber seitdem in ganz besonderem Maße und Tempo, ist Berlin wieder Weltstadt geworden. Ein Ort des internationalen Tourismus mit einem überwältigenden Kulturangebot, einer enormen gesellschaftlichen, sprachlichen wie stilistischen Vielfalt und vor allem mit der besonderen Atmosphäre einer offenen, toleranten und freien Gesellschaft. All das macht den Charme der "Marke Berlin" aus. Dies ist vor allem der Vielzahl unabhängiger Köpfe, Initiativen und Szenegruppierungen zu verdanken, die sich um Politik und Planung, um Ökonomie und Ökologie, um Arme und Fremde, um Kieze und Stadtstrände kümmern und die damit die "Kulturalisierung" der Stadtlandschaft vorangetrieben haben. Nun aber droht dort vielfach eine Gentrifizierung, die das Stadtleben teurer, exklusiver und eintöniger macht. Wolfgang Kaschuba sagt, dass dagegen zukünftig nur noch mehr Stadtpolitik aus und in Bürgerhand hilft." (1)

Die nächsten Helmholtz-Humboldt-Sonntagsvorlesungen 2015:
15. März 2015, 11 bis 13 Uhr
VERKEHR: Schneller, sicherer, individueller - So geht Fortbewegung morgen.
Martin Kagerbauer, Institut für Verkehrswesen am Karlsruher Institut für Technologie, Helmholtz-Gemeinschaft
Carmen Appenzeller, Juristische Fakultät an der Humboldt-Universität zu Berlin

26. April 2015, 11 bis 13 Uhr
STADT-UMLAND: In die Stadt oder aufs Land - Wo leben wir besser?
Sigrun Kabisch, Department für Stadt- und Umweltsoziologie am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ
Leonore Scholze-Irrlitz, Landesstelle für Berlin-Brandenburgische Volkskunde am Institut für Europäische Ethnologie, Humboldt-Universität zu Berlin

(1) http://www.helmholtz.de/presse_medien/veranstaltungen/sonntagsvorlesungen_2015/wie_leben_wir_morgen_die_stadt_der_zukunft_liegt_in_unserer_hand/
(1a) http://www.idw-online.de/de/news625142
(2) http://www.berliner-zeitung.de/wissen/urbane-visionen-die-stadt-der-zukunft-kann-man-schon-heute-gestalten,10808894,29905144.html
(3) https://www.facebook.com/InstitutITAS/posts/773239989433262
(4) https://www.facebook.com/humboldtuni
(5) https://www.facebook.com/quartierzukunft
(6) http://www.helmholtz.de/socialmedia

 

 ZN10630c / ZN10630h

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