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Die Entwicklung der Biotechnologie-Region Berlin-Brandenburg 2009

05.01.2010

 

Die Entwicklung der Biotechnologie-Region Berlin-Brandenburg 2009

 Interview mit Dr. Kai Uwe Bindseil, Leiter des Aktionszentrums BioTOP Berlin-Brandenburg

 

Wie hat sich die Biotechnologie der Region Berlin-Brandenburg im zurückliegenden Jahr 2009 entwickelt?

 Bindseil: Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise bildete weiterhin ein schwieriges Umfeld, dem sich auch die Firmen unserer Region nicht entziehen konnten. Dennoch lässt sich feststellen, dass die gesundheitsbezogenen Branchen nicht so sehr in eine Abwärtsspirale geraten sind wie andere Wirtschaftszweige. Vor allem solche  Biotechnologie-Unternehmen, die Dienstleistungen anbieten, wurden bislang von der Krise wenig tangiert. Einige konnten sogar in diesem Jahr ein zweistelliges Wachstum realisieren.

 Das hat vorwiegend damit zu tun, dass die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen für den Gesundheitsmarkt permanent befriedigt werden muss und dadurch die Branche weniger schwankungsabhängig ist als etwa Branchen im Konsum- und  Investitionsgüterbereich. Auch biotechnologische anwendungen für Klimaschutz und Energie haben Konjunktur.

 Ich möchte aber noch bemerken, dass dies nicht unsere erste Krisenerfahrung ist. Bereits die Biotech-Krise von 2002/2003 hat gezeigt, dass die Biotechnologiebranche in der Region mit exzellenter Wissenschaft, starkem Management und flexiblen Geschäftsmodellen über die Ressourcen für weiteres Wachstum verfügt.

 

 Wie drückt sich die Entwicklung in Zahlen aus?

 Bindseil: Wir hatten das Jahr 2009 mit 194 klein- und mittelgroße Biotechnologie-Unternehmen mit  3.700 Beschäftigten in der Region begonnen. Berlin-Brandenburg verfügt damit über die höchste Dichte an Biotech-Unternehmen in Deutschland. Hinzu kommen für das gesamte Technologiefeld rund 5.000 Beschäftigte in der Wissenschaft und mehr als 10.000 in der Pharmaindustrie. Aller Voraussicht nach  werden wir zum Jahresende in einer gleichen Größenordnung liegen. Insgesamt bin ich angesichts der schwierigen Umstände durchaus zufrieden mit der Entwicklung, um nicht zu sagen sogar überrascht darüber, wie wenig unsere Biotechnologieregion davon betroffen wurde.

 

Was gab es 2009 an herausragenden Ereignissen ?

 Bindseil: So wie im Vorjahr mit dem Verkauf des Berliner Biotechnologie-Unternehmens Jerini an den britischen Pharma-Hersteller Shire, so gab es auch in 2009 eine spektakuläre internationale Beteiligung: Das US-amerikanische Medizin-Unternehmen Thermo Fisher Scientific übernimmt für 330 Mio Euro den Henningsdorfer Diagnostik-Spezialisten Brahms und will auch  seine Forschung in Brandenburg konzentrieren. Ich rechne damit, dass es auch in Zukunft zu solchen Übernahmen kommt, die zugleich auch die Internationalität unserer Region weiter stärken. Die großen Pharmaunternehmen sind dabei, ihr Engagement in Berlin  kontinuierlich zu verstärken, wie das Beispiel Pfizer zeigt. Die Region wird vor allem von amerikanischen Investoren mehr und mehr als Life Science Standort anerkannt.

 

Wie gestaltet sich die weitere Verknüpfung von Wissenschaft und Wirtschaft?

 Bindseil: Hier haben wir mit der Etablierung des "Zentrums für molekulare Diagnostik und Bioanalytik" (ZMDB) eine neue Form der Kooperation beschritten. Das ZMDB ist ein virtuelles Zentrum, das in der Federführung von Fraunhofer Institut für Biomedizinische Technik in Potsdam-Golm und Charité und in enger Kooperation mit den regionalen Unternehmensnetzwerken ein komplexes Spektrum an Technologie- und Produktentwicklungen bearbeitet. Die Entwicklung innovativer Diagnostika ist ein besondere Schwerpunkt unseres Masterplans Biotechnologie.  Berlin-Brandenburg verfügt auf dem Gebiet "Bioanalytik und In Vitro-Diagnostik" über eine außerordentlich breitgefächerte Expertise in einer Vielzahl sehr leistungsfähiger Firmen und Forschungseinrichtungen.

 Ziel des ZMDB ist es, die regionale Expertise in der Grundlagenforschung, der Technologieentwicklung, der klinischen Forschung und im Bereich der Industriekooperationen zu bündeln und im Rahmen von Verbundprojekten die Entwicklung von In vitro Diagnostika "made in Berlin-Brandenburg" zu forcieren. Wie wollen dadurch schneller mit Ergebnissen in den Markt kommen. Und Marktvorsprünge bedeuten Arbeitsplätze.

 Gut angelaufen ist auch TOP 50, das neue Technologietransfer-Projekt von Charité - Universitätsmedizin Berlin, Freier Universität Berlin, Universität Potsdam und BioTOP in Kooperation mit den Patentverwertungsagenturen ipal und Brainshell.  Ziel ist es, in den nächsten Jahren aussichtsreiche Projekte aus der akademischen Forschung im Bereich der Lebenswissenschaften in die wirtschaftliche Anwendung zu überführen.

 TOP 50 will  Lücke zwischen grundlagenorientierter und angewandter, kommerziell orientierter F&E schließen. Bislang wurden mehr als 30 Projekte aus der Wissenschaft identifiziert und evaluiert. Davon werden aktuell 20 Projekte mit konkreten Umsetzungsmaßnahmen unterstützt. Die Projekte sind von einer Vielfalt verschiedener Ausgangssituationen und Herausforderungen geprägt. Stets geht es darum, einen wichtigen Entwicklungsschritt zu gehen, um das Projekt auf eine höhere Ebene zu heben.

 Ein weiteres Merkmal unserer Region ist auch die gute Ausstattung mit insgesamt  sechs Biotechnologieparks. Diese räumliche Konzentration von spezifischen Biotech-Parks ist in Deutschland und vermutlich in ganz Europa einmalig. Die Parks unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Angebote und strategischer Ausrichtung und bieten damit ideale Bedingungen für Ansiedlungen. Mehr als die Hälfte unserer Unternehmen nutzen bislang die Infrastruktur in einem der öffentlich oder privat geführten Parks.

 

 http://www.biotop.de/

http://www.biotop.de/about/team/

http://www.biotop.de/biocapital/

 

 

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