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Mehr Bewegung in der Bewegung

14.09.2015

Mehr Bewegung in der Bewegung

Der Solikon-Kongress diskutierte in Berlin Wege zur solidarischen Wirtschaft

Die zivilgesellschaftlichen Bewegungen für ein alternatives Wirtschaften und soziale Transformation wachsen zusammen. „Konvergenz" war das zentrale Stichwort auf dem Kongress „Solidarische Ökonomie" (Solikon) (1) , der am Wochenende in der Technischen Universität Berlin stattfand. Rund 1000 Teilnehmer aus mehr als zwei Dutzend sozialen Bewegungen aus Deutschland und dem Ausland diskutierten in mehr als 100 Podien und Workshops über Fragen der Gemeinwohl-Ökonomie, Commons, fairer Handel, Transition Towns und feministische Ansätze. Die Berliner Solikon war das größte Treffen der Alternativökonomie seit der „Degrowth"-Konferenz in Leipzig 2014.

(Foto: Abschlussplenum am Sonntag, 13.9.)

„Für mich wurde in Berlin deutlich, dass der Konvergenzprozess vorankommt", sagte Christian Felber, österreichischer Gründer der „Gemeinwohlökonomie". Die Bewegungen arbeiteten auf verschiedenen Ebenen mit dem gleichen Ziel grundsätzlicher Änderungen. Für den weiteren Prozess sei es von Bedeutung, diese „Vielfalt zu respektieren", aber zugleich gemeinsame Perspektiven zu entwickeln, etwa in Richtung direkter Demokratie mit mehr Volksabstimmungen. Auch Silke Helfrich, Vordenkerin der Gemeingüter-Bewegung, sah eine Dynamik, über stärkere Vernetzung der transformativen Szene einem künftigen „Konvergenzforum gemeinsamen Raum zu verschaffen". Bestimmte Diskussionslinien in Berlin, wie etwa zur weiteren Entwicklung der Sharing Economy, seien vor drei Jahren noch nicht möglich gewesen. Helfrich: „Es ist jetzt mehr Bewegung in der Bewegung". Als nächstes „politisches Datum" gilt die Großdemonstration gegen das Handelsabkommen TTIP am 10. Oktober.

Eine andere Wirtschaft, solidarisch und nachhaltig

Veranstaltet wurde der Solikon-Kogress vom Netzwerk Solidarische Ökonomie, dem europäischen Wirtschafts-Netzwerk Ripess und dem Zentrum Technik und Gesellschaft der TU Berlin. Viele ausländische Teilnehmer brachten internationale Erfahrungen ein. Der Staatssekretär für solidarische Ökonomie in der brasilianischen Regierung, Paul Singer, berichtete, wie die Verstärkung des Genossenschaftswesen sein Land in den 90er Jahren aus der Öl- und Wirtschaftskrise und der Arbeitslosigkeit geführt habe. (2) Der britische Wirtschaftsjournalist und Kapitalismuskritiker Paul Mason, dessen aktuelles Buch „Postcapitalism" nächstes Jahr in Deutsch erscheint, hob in seiner Eröffnungsrede des Kongresses hervor, dass die heutige Wirtschaftweise, beruhend auf der Ausbeutung von Natur und Menschen, keine Zukunft habe. „Die Transformation ist möglich", sagte Mason. „Sie hat sogar schon begonnen". (3)

Dem Kongress vorgeschaltet war eine „Wandelwoche" (4), in der 36 Projekte alternativen Wirtschaftens und kommunitären Zusammenlebens in Berlin und Brandenburg besucht werden konnten. Auch die taz hatte den Solikon-Kongress mit einer Sonderausgabe (taz.zum wandel) am 5.9. unterstützt. Nach Aussage von Solikon-Organisator Andreas Teuchert hat der Kongress zwei größere Vernetzungs-Aktionen der Solidarwirtschaft in der Region angestoßen. So soll über den Einsatz von Lastenfahrrädern in der Stadt und Elektro-Lieferautos auf dem Land eine „andere Logistik" etabliert werden. Vernetzt würden auf diese Weise Höfe der solidarischen Landwirtschaft und neue Dorfläden in der Fläche. Ebenfalls in Brandenburg sollen in einem „Allmende-Projekt" Bürger kleine Landparzellen (2000 qm) kaufen und sie Jungbauern für eine ökologische Landwirtschaft zur Verfügung stellen. Damit soll dem fortschreitenden „Landgrabbing" durch Agro-Konzerne Einhalt geboten werden. Über die konkrete Realisierung will ein Treffen Ende November in Berlin beraten.

Manfred Ronzheimer

(1) http://solikon2015.org/
(2) Paul Singer, Wandeltaz
(3) Palu Mason, Keynote speech: Solikon, Berlin
(4) InnoMonitor, 06.09.2015
Expeditionen in eine solidarische Wirtschaft - Die Touren der "Wandelwoche" in Berlin und Brandenburg - ZN10768e - mehr hier

ZN10768j

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