Zum Seitenanfang Druckversion  

Wege aus dem Wachstumsdilemma

02.11.2015

Wege aus dem Wachstumsdilemma

Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) feiert 30 Jahre

Die Alternativbewegung der 70er Jahre hat viele Blüten getrieben, aus denen mitunter ansehnliche Gewächse geworden sind. Ein Spätentwickler in dieser Transformationsszene machte sich 1985 in einem wirtschaftlichen Spezialgebiet - der ökonomischen Forschung - auf den Weg und kann in dieser Woche einen runden Geburtstag feiern. Das in Berlin gegründete Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) begeht am 3. November mit der Konferenz "Kern-Geschäfte: Wie Unternehmen sozial-ökologischen Wandel gestalten können" seine 30 Jahre.

"1985 waren die bestehenden Ökoinstitute in Deutschland eher naturwissenschaftlich-technisch ausgerichtet", erinnert sich Reinhard Pfriem, der damals den Anstoß gab. "Ein Institut für ökologische Wirtschaftsforschung zu gründen, war ein Schritt ins Ungewisse. Und es war kein leichter Schritt", sagt Pfriem, der heute Professor für Unternehmensführung und betriebliche Umweltpolitik an der Universität Oldenburg ist.

An staatliche Grundfinanzierung war nicht zu denken. Den Start des IÖW ermöglichen damals 12 private Gesellschafter; Pfriem wird erster Geschäftsführer und richtet das Büro in seiner Wohnung in der Berliner Niebuhrstraße ein. Die IÖW-Eröffnungstagung 1985 hat den Titel "Wege aus dem industriellen Wachstumsdilemma". An diesem Brett wird auch noch eine Generation später gebohrt.

Erfolgreicher ist das IÖW auf der Energiestrecke. Das erste große Gutachten über "Wirkungen eines Ausstiegs aus der Kernenergie" wird 1986 vom Bundeswirtschaftsministerium bestellt. "Die Thesen des IÖW sind dem Auftraggeber allerdings zu forsch", notiert die Instituts-Chronik. "Im Gegensatz zu einer Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung zum gleichen Thema beachtete das Ministerium das IÖW-Papier kaum". Die Energiewende hat auch in der Forschung das Blatt gewendet.

Seitdem ist das IÖW auf 45 Mitarbeiter angewachsen. Das Budget beläuft sich in 2015 auf rund drei Millionen Euro, die sämtlich über externe Forschungsaufträge hereinkommen, davon in starkem Maße von den Bundesministerien für Forschung und Umwelt und dem Amt für Naturschutz. "Wir erhalten nach wie vor keine öffentlichen Grundmittel", unterstreicht der heutige IÖW-Geschäftsführer Thomas Korbun.

Die größten Wirkungserfolge sieht Korbun vor allem im BWL-Teil der Wirtschaftswissenschaft, der ökologischen Umsteuerung auf betriebwirtschaftlicher Ebene. "Hier hat das IÖW mit seinen Beiträgen zum betrieblichen Umweltmanagement und der Ökobilanz Meilensteine gesetzt", erklärt Korbun. Die Ökobilanz ist sogar in das Regelwerk der technischen DIN-Normen übernommen worden. Eine Innovation aus der Nische hat die volle Wirtschaftsbreite erreicht.

Trotzdem: Ökologisches Wirtschaften liegt zwar im Trend, ist aber noch kein Mainstream - schon gar nicht in der Wissenschaft. "Die Wirtschaftsforschung ist Deutschland ist immer noch sehr uniform", stellt Korbun fest. "Vor allen bei der Lehre in den Hochschulen wäre mehr Vielfalt dringend angesagt".

Welches seine Zukunfts-Themen sind, wird das IÖW auf seiner Berliner Tagung mit 180 Teilnehmern diskutieren. Auf dem Programm steht die Transformation von kompletten Märkten ("Wie neue Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle Branchen nachhaltig verändern"), nachhaltige Lieferketten im globalen Maßstabe und die einen "neue Kooperationskultur" der sozial-ökologischen Unternehmen untereinander und mit ihren Kunden. Und natürlich, wie schon am Anfang: das Wachstumsthema. "Wirken ohne zu wachsen? Wie Unternehmen neue Ziele verfolgen", ist das Thema eines Workshops zum "Postwachstum".

Manfred Ronzheimer

http://www.ioew.de

http://www.ideen-die-fruchten.net/

IÖW, 14. Oktober 2015: Thomas Korbun in Bundestagsfachgespräch: „Wir brauchen ein neues Verständnis von Wissenschaftskommunikation"

 

ZN12271

Zum Seitenanfang Druckversion   Zum Seitenanfang  Zum Seitenanfang 
oben