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Kommunikation auf dem Holzweg

02.12.2015

Kommunikation auf dem Holzweg

Das zweite Dialogforum der Waldstrategie betrachtete den Forst als Ressource für die Wirtschaft

Wenn deutsche Leser in diesen Monaten ein Sachbuch kaufen, dann wird am häufigsten zum Thema "Wald" gegriffen. Der "Baumflüsterer" Wohlleben führt seit Wochen die Bestsellerliste an. (3) Wie anders wird dagegen die Lage bei den Profis gesehen, für die der Wald in erster Linie Holzlieferant ist. Das gesellschaftliche Interesse am Wald sei viel zu gering; man stehe kommunikativ im Abseits; Änderung sei dringend geboten! So der Tenor des zweiten Dialogforums der Waldstrategie des Bundeslandwirtschaftsministeriums, das Anfang der Woche unter dem Titel "Holz - Rohstoff der Zukunft" in Berlin stattfand. (1)

(Foto:  Michael Suda, TUM, beim Vortrag auf dem Dialogforum, MR)

Die gesamte Veranstaltung war von einer durchlaufenden Klage über die Zersplitterung und Uneinigkeit der "Branche" (Cluster Forst und Holz = die Baumheger und die Baumnutzer) gekennzeichnet. Mit verheerenden Folgen in vielen Schnittstellen-Bereichen: zur Politik, zur Forschung, zu den Verbraucher und der Wirtschaft, etc. Prof. Michael Suda, der an der TU München den Lehrstuhl für Wald- und Umweltpolitik bekleidet, ging detailliert auf die Schnittstelle zur Gesellschaft und den dort anzutreffenden kommunikativen Defiziten ein. (4)

Obwohl der Wirtschaftszweig rund um den Baum in Deutschland mit 1,3 Mio Beschäftigten in 185.000 Unternehmen und einem Umsatz von 180 Mrd Euro ein realökonomischer Koloss ist, kommt er in der Öffentlichkeit nur randständig vor. Das liege zwar zum einen daran, so Suda, dass der Wald heute - im Unterschied zu früheren Zeiten - "für die Bevölkerung keine große Rolle mehr spielt". Zum anderen gebe es aber auch gesellschaftliche "Diskurskoalitionen", die sich weigerten, neue Verhältnisse anzuerkennen. "Die Leute sitzen ums Lagerfeuer und erzählen sich immer die gleichen Geschichten". Die Förster die eine, die Sägewerker die andere, und die Möbelhändler und Häuslebauer dito. Schließlich die Naturschützer, die den Zugriff auf den Wald auf ein Mindestmaß reduzieren wollen. Und nicht zu vergessen die Presse, die den Wald meist nur dann zur Schlagzeile macht, wenn sich daraus eine Bedrohung inszenieren lässt. Sudas zentrale Aussage: "Es fehlt eine kommunikative Institution, die die unterschiedlichen Anforderungen an den Wald artikuliert und in der Lage ist, Kompromisse zu formulieren".

Insbesondere die Forstwirtschaft stecke in einem kommunikativen "Polylemma". So erfülle der Wald die von der Gesellschaft an ihn herangetragenen Ansprüche der "Erholung, Wasser, Schutz und Artenvielfalt". Aber: "Die Rolle einer Forstwirtschaft, die versucht, diese widersprüchlichen Ansprüchen mit integrativen Nutzungskonzepten auszugleichen, verschwindet". Sudas Warnung: "Diese Lücke füllen andere Akteure in der politischen Arena, und die Forstwirtschaft läuft Gefahr, zum Holzlieferanten reduziert zu werden".

 

Zu Beginn der Konferenz hatte MdB Peter Bleser, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, die Diskussionsziele wie folgt umrissen (aus der Programmbroschüre): (2a)

"Im "Dialogforum Holz" fragen wir unter anderem, wie eine nachhaltige Waldbewirtschaftung und eine intelligente Holzverwendung diese Potenziale schonend und so effizient wie möglich ausschöpfen können. Ansätze dafür sind die Kaskadennutzung und eine steigende Rohstoffeffizienz. Doch wie steht es aktuell um diese Konzepte? Und wie entwickeln sich Forstwirtschaften und Holzbestände in anderen Ländern, welche Möglichkeiten bietet der internationale Handel? Diesen Fragen geht das Dialogforum ebenso nach wie der Bedeutung von Holz im Baubereich, als dem wichtigsten stofflichen Verwendungsbereich.
Der moderne Holzbau ist heute so kosteneffizient, dass niedrige, unter Umständen sogar negative CO2-Vermeidungskosten anfallen. Holzbau ist damit auch ein volkswirtschaftlich sinnvolles Klimaschutzkonzept. Gleichzeitig befindet er sich momentan vor allem im urbanen Raum im Aufwärtstrend. Doch wie fest ist dieser Trend, gegen welche traditionellen Denkmuster und Einstellungen muss er sich behaupten?
Zudem fragt der Sektor bislang vor allem Nadelholz nach - wo stehen wir bei der Entwicklung von Laubholz-Alternativen für diesen und andere Bereiche? Und welchen Stellenwert wird Holz schließlich in der Bioökonomie einnehmen, die bis zum Ende des Jahrhunderts die fossilbasierte Wirtschaft weitgehend ablösen soll? Auch diesen Fragen wollen wir im Dialogforum auf den Grund gehen."
(2)

(Wird noch um einen Absatz zu den Forschungsdefiziten ergänzt, sowie den Ausblick auf den "Deutschen Wald-Tag" im Oktober 2016)

Manfred Ronzheimer für InnoMonitor

(1) https://waldstrategie2020.info/programm-dialogforum-holz/
(2) http://waldstrategie2020.info/grusswort/
(2a) https://twitter.com/FNR_de/status/671313135106711552/photo/1
(3) http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/im-wald-mit-bestsellerautor-peter-wohlleben-13936077.html#GEPC;s6
(4) https://www.wup.wi.tum.de/index.php?id=14

 

UN5520

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