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Rohstoffproduktivität und Kreislaufwirtschaft

16.07.2010


1.3.3 Rohstoffproduktivität und Kreislaufwirtschaft

 

Der Leitmarkt Rohstoffproduktivität/Kreislaufwirtschaft ist nicht nur vor dem Hintergrund der umwelt- und klimaschonenden Verwertung von Stoffen bedeutend. Auch die langfristige Sicherung der Rohstoffversorgung wird in den kommenden Jahrzehnten eine immer wichtigere Rolle spielen. Angesichts der wachsenden Nachfrage in den Entwicklungs- und Schwellenländern ist auch hier mit einem erneuten Anstieg der Preise in den nächsten Jahren zu rechnen13.

 

Bundesweit erwirtschaften die Unternehmen der Abfallwirtschaft je nach Studie und Erhebungsmethode einen Umsatz von ca. 37,5 bis 50 Milliarden Euro und beschäftigen zwischen 157.000 und 250.000 Mitarbeiter.( BMU (2009): Umweltwirtschaftsbericht. | GIB/ARGUS (2009): Die wirtschaftliche Bedeutung der Recycling- und Entsorgungsbranche in Deutschland. Stand, Hemmnisse, Herausforderungen)

 

 Das Verhältnis Umsatz/Beschäftigung bewegt sich jedoch unabhängig von der Eingrenzung der Branche in einem Bereich von 200.000 bis 238.000 Euro pro Beschäftigten. Der Leitmarkt Kreislaufwirtschaft trägt erheblich zum Beschäftigungszuwachs in der Umweltbranche bei, was insbesondere für die Firmen aus dem Bereich der Produktion gilt (Mitarbeiterzuwachs um 24 Prozent pro Jahr). Die deutschen Unternehmen aus dem Bereich Kreislaufwirtschaft/Recycling halten einen Weltmarktanteil von 25 Prozent und nehmen in Europa eine Vorreiterrolle ein. Bei der automatischen Stofftrennung beträgt er sogar 64 Prozent. Gerade dieser Bereich wird in den nächsten Jahren besonders stark wachsen. Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung verfolgt ebenso wie die EU-Abfallrahmenrichtlinie das Ziel, Deutschland (bzw. Europa) zu einer „Recyclinggesellschaft" zu entwickeln. Aus diesem Grund ist auch die flächendeckende Einführung einer Wertstofftonne in Deutschland Gegenstand der Beratungen um das novellierte Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz.

 

Kreislaufwirtschaft in Berlin

 

Berliner Unternehmen sind in den Bereichen mechanische, biologische, chemisch-physikalische sowie thermische Behandlung vertreten. Eine Betrachtung der in der IHK-Umweltfirmendatenbank UMFIS geführten Unternehmen des Bereichs Kreislaufwirtschaft unterstreicht, dass neben diesen klassischen Abfallunternehmen weitere Akteure eine wichtige Rolle spielen. Demzufolge sind 70 Prozent der registrierten Firmen auf dem Gebiet der Beratung tätig, 37 Prozent als Ausführende Dienstleister und 35Prozent als Hersteller und Händler (Mehrfachzuordnungen sind möglich).

Häufig wird die Beratungstätigkeit dabei allerdings zusätzlich zu den Tätigkeiten in den beiden anderen Bereichen angeboten - so sind 66 Prozent der Hersteller und Händler auf dem Beratungsmarkt tätig. Bei den Ausführenden Dienstleistern sind dies 39 Prozent.

Insgesamt reduzierte sich das Siedlungsabfallaufkommen in Berlin von 1996 von 2.122.000 Tonnen auf 1.540.000 Tonnen in 2008. ( Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz (2009) Abfallbilanz des Landes Berlin 2008. Teil 1 (Entwurf) )

 

54 Prozent der Siedlungsabfälle zur Beseitigung in Berlin werden in der MVA Ruhleben von der BSR thermisch behandelt, 46 Prozent durch private Unternehmen entsorgt. (Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz (2009): Abfallwirtschaftskonzept für Siedlungs- und Bauabfälle sowie Klärschlämme Planungszeitraum bis 2020. )

 

 

Zahlen und Fakten für Berlin

 

- Mehr als 300 Unternehmen im Kern der Berliner Abfallwirtschaft (Sammlung, Behandlung, Entsorgung und Verwertung von Abfällen)

-  Ca. 20 Prozent in der Abfallsammlung nicht gefährlicher Abfälle, 17 Prozent in der Schrottsammlung, 7 Prozent in der Behandlung und Beseitigung gefährlicher Abfälle und knapp 30 Prozent der Unternehmen im Abfallrecycling

-  Reduzierung des Siedlungsabfallaufkommens von 1996 bis 2008 um 582.000 Tonnen

-  Anstieg der Menge verwerteter Siedlungsabfälle von 445.000 Tonnen (1996) auf 626.000 Tonnen (2008)

-  Anstieg der Verwertungsquote von rund 20,9 Prozent (1996) auf 40,4 Prozent (2008) - trotz gemindertem Gesamtabfallaufkommen

 

 

Potenziale in der Berliner Kreislaufwirtschaft

 Neben dem obersten Ziel der Abfallpolitik - Abfälle zu vermeiden - steigen die Anforderungen an die Wiederverwendung und -verwertung von Stoffen als Markt für Sekundärrohstoffe. Ähnlich wie in der Wasserwirtschaft wird das wirtschaftliche Wachstum in den Entwicklungs- und Schwellenländern auch Anforderungen an eine globale Verbreitung innovativer Abfalltechniken stellen. Dieser Herausforderung tragen auch die in Deutschland und der EU kontinuierlich steigenden Vorgaben für Mindestrecyclingquoten von Abfällen Rechnung.

 

Das Potenzial für Innovationen im Bereich Kreislaufwirtschaft in Berlin ist weiterhin hoch: Die beseitigte (und damit nicht recycelte) Hausmüllmenge setzt sich zu 41,9 Prozent aus Organik, zu 11,4 Prozent aus Papier/Pappe/Kartonagen, zu 6,8 Prozent aus Glas, zu 6,6 Prozent aus Kunstoffen, zu 9,1 Prozent aus Verbunden und zu 24,2 Prozent aus Stoffgruppen mit geringen Anteilen recycelbarer Stoffe zusammen. Ziel muss es sein, durch weitere Innovationen im Prozessbereich und bei der Organisation der Berliner Abfallwirtschaft die Verwertungsquote auch in diesen Bereichen weiter zu erhöhen.

 

Die Wechselwirkungen des Leitmarktes Kreislaufwirtschaft mit anderen umweltpolitischen Schwerpunkten sowie die Innovationsfähigkeit des Berliner Abfallmarktes zeigen sich unter anderem bei der Sammlung von Wertstoffen. So konnten durch das modellhaft in Berlin gestartete System der Gelben Tonne Plus im Jahr 2008 mehr als 4.000 Tonnen stoffgleiche Nichtverpackungen, Holz- und Elektrokleingeräte zusätzlich getrennt erfasst und verwertet werden. Bessere Verwertungsmöglichkeiten sind jedoch nur ein Erfolg der gemeinsamen Erfassung. Zusätzlich liegen in verbesserten Recyclingmöglichkeiten auch erhebliche Potenziale beim Klimaschutz. Laut Angaben der Betreiber der Gelben Tonne Plus ist die Klimaentlastung durch die getrennte Erfassung um bis zu 30 Prozent höher als die klassische Gelbe Tonne, im Vergleich zur thermischen Behandlung in der MVA Ruhleben erhöht sich der klimaentlastende Effekt um den Faktor 6. Die Anzahl der an die Gelbe Tonne Plus angeschlossenen Anwohner in Berlin kann im Zeitraum bis 2015 auf 1,7 Millionen erhöht werden.17 Bei einer angenommenen durchschnittlichen Einsparung von 6 kg CO2 pro Einwohner würde dies zu einer Gesamtreduzierung der CO2-Emissionen von 10.200 Tonnen jährlich führen.



2.2 Rohstoff- und Materialeffizienz - ungehobene Schätze

 

 

Neben dem dominierenden Thema Energieeffizienz ist auch das Thema Materialeffizienz alleine aus Kostengründen nicht mehr aus der Diskussion um nachhaltige Unternehmensführung wegzudenken. In der Kostenstruktur des Verarbeitenden Gewerbes stellen Materialkosten bereits heute mit rund 40 Prozent den weitaus größten Kostenblock, weit vor Personal oder Energie. Für die nächsten fünfzehn Jahre wird eine Verdoppelung bis Verdreifachung der Rohstoffnachfrage zu weiteren Kostensteigerungen führen.

Vor diesem Hintergrund ist die hohe Rohstoffproduktivität der Berliner Wirtschaft ein Standortvorteil. Im Vergleich der Bundesländer ist Berlin mit Abstand der rohstoffproduktivste Standort, das heißt, dass pro Einheit des BIP die geringste Menge an Rohstoffen eingesetzt wird. Obwohl bei der Rohstoffproduktivität keine sektorspezifischen Daten vorliegen, ist die höhere Produktivität analog zur Analyse der Energieeffizienz nicht allein durch den geringeren Industrieanteil in Berlin zu erklären. Dies zeigt auch die deutlich höhere Rohstoffproduktivität im Vergleich mit den Stadtstaaten und anderen Bundesländern, die ebenfalls nur über eine geringe Industriedichte verfügen. Hinzu kommt, dass der Produktivitätsvorsprung Berlins deutlich größer ist, als es der reine Vergleich der Industrieanteile an der Bruttowertschöpfung vermuten ließe.

 

 

Rohstoffproduktivität im Bundesländervergleich (2007)

 

 Dennoch hat das Thema Materialeffizienz gerade in Deutschland bis vor einigen Jahren nur eine untergeordnete Rolle in der öffentlichen Diskussion gespielt. Entsprechend sind auch die Produktivitätsentwicklungen in anderen Bereichen signifikanter ausgefallen als bei der Ressourceneffizienz. Mit einem Anstieg der Rohstoffproduktivität von 75 Prozent im langjährigen Mittel liegt die Entwicklung der Ressourceneffizienz weit hinter anderen Bereichen zurück, so zum Beispiel der Entwicklung der Arbeitsproduktivität, die seit 1990 um 270 Prozent gestiegen ist. Dies überrascht, da nicht nur die Materialkostenanteile, sondern auch die Kostensenkungspotenziale höher sind als zum Beispiel im Bereich der Energieeffizienz. Durch die Aktivitäten der Deutschen Materialeffizienzagentur insbesondere im Förderbereich oder die Gründung eines „Netzwerkes Ressourceneffizienz" hat das Thema zuletzt an Aufmerksamkeit gewonnen.

 Verschiedene Studien gehen davon aus, dass in Deutschland etwa 20 Prozent der in der Produktion verbrauchten Rohstoffe eingespart werden könnten. Damit wäre eine Senkung der Materialkosten allein für kleine und mittelständische Betriebe zwischen 6,4 und 13 Milliarden Euro pro Jahr möglich. Überträgt man die Anteile der einzelnen Kostenarten an der Bruttowertschöpfung auf die Kennzahlen der Berliner Industrie, lässt sich alleine für diesen Wirtschaftszweig ein ungefähres Kostensenkungspotenzial von 3,5 Milliarden Euro schätzen.

 

 

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ENERGIETECHNIK

Energietechnik und Energieeffizienz - Green Economy in Berlin (2): Aus dem Positionspapier der IHK Berlin  - 15.07.2010

http://www.innomonitor.de/index.php?id=132&be=1734

 

13.07.2010
Auf dem Weg zur Hauptstadt der Green Economy
32 Maßnahmenvorschläge der IHK Berlin zur Weiterentwicklung der Umweltwirtschaft und der Nachhaltigkeitsaktivitäten in der Berliner Wirtschaft

http://www.innomonitor.de/index.php?id=132&be=1723

 

 

14.07.2010
Green Economy in Berlin (1)
Positionspapier der IHK Berlin: Zusammenfassung der Kernaussagen

http://www.innomonitor.de/index.php?id=132&be=1725

 

 

 

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