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Atomenergie ist keine Zukunftsoption

20.12.2011

Tack zu polnischen Kernenergieplänen: Atomenergie keine Zukunftsoption ( 20.12.2011 )

Potsdam -  PE auch hier zu lesen

 Polen plant den Einstieg in die Kernenergienutzung. Brandenburgs Umweltministerin Anita Tack (Linke) hat zu den Umweltauswirkungen des polnischen Kernenergieprogrammentwurfs deutlich Stellung genommen. In einem Schreiben an das polnische Wirtschaftsministerium bringt Tack unmissverständlich ihre Sorge über die polnischen Pläne zur Kernenergienutzung zum Ausdruck. „Es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass unsere polnischen Nachbarn auch nach dem Desaster von Fukushima an ihren Plänen festhalten wollen", sagte Tack. Sie machte deutlich, dass mit einem Kernkraftwerk in Polen immer auch eine potentielle Gefährdung für die Brandenburger Bevölkerung besteht, unabhängig vom konkreten Standort der Anlage. Sie bittet daher eindringlich um eine Revision der polnischen Pläne zum Einstieg in die Atomenergie.

Die Republik Polen hatte der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der grenzüberschreitenden Umweltprüfung einen Kernenergieprogrammentwurf übermittelt. Im Rahmen eines Strategischen Umweltprüfungsverfahrens werden die von dem Programm ausgehenden Umweltauswirkungen ermittelt, beschrieben und bewertet. Dies geschieht unter Beteiligung von Behörden sowie einer breiten Öffentlichkeit. EU-Recht ermöglicht bei diesem Verfahren auch eine grenzüberschreitende Beteiligung. Seit Oktober 2011 stehen sowohl der Kernenergieprogrammentwurf wie auch der Umweltbericht (Kurzfassung) in deutscher Sprache im Internet.

Die Unterlagen liegen auch an verschiedenen Stellen im Land Brandenburg zur Einsicht aus. Für alle Bürgerinnen und Bürger besteht noch bis 4. Januar 2012 die Gelegenheit, sich durch entsprechende Eingaben an das polnische Wirtschaftsministerium zu beteiligen.
Der Kernenergieprogrammentwurf beschreibt die näheren Voraussetzungen für den Einstieg in die kommerzielle Kernenergienutzung Polens. Vorgesehen ist danach die Errichtung von zwei Kernkraftwerken. Eines davon soll bereits bis zum Jahr 2020 errichtet sein. Dafür werden 28 potentielle Standorte genannt, die in drei verschiedene Kategorien eingeteilt sind: Empfohlene Standorte, Reservestandorte und sonstige Vorschläge.

Umweltministerin Tack verdeutlicht in ihrer Stellungnahme, dass eine solche energiepolitische Entscheidung - wie der Einstieg in die Kernenergienutzung - in erster Linie eine innerstaatliche Angelegenheit sei. Daneben sei eine solche Entscheidung aber auch grenzüberschreitend von fundamentaler Bedeutung. Das gelte auch für die Folgekosten: Erst im Frühjahr 2011 sei die internationale Gemeinschaft mit über 500 Millionen Euro am neuen Sarkopharg des havarierten Tschernobylreaktors beteiligt worden.

Habe man nach dem Reaktorunglück von Tschernobyl noch Technologiemängel und fehlendes Sicherheitsbewusstsein in der damaligen Sowjetunion als maßgebliche Unfallursachen vermuten können, so habe spätestens das Desaster von Fukushima seit dem 11. März 2011 in erschreckender Weise dokumentiert, dass selbst ein Hochtechnologieland wie Japan nicht vor einem solchen Unfall bewahrt bleibt. Mit ihrer Stellungnahme setzt Tack auch entsprechende Beschlüsse des Landtags Brandenburg um, der die Exekutive mehrmals darum gebeten hat, die ablehnende Haltung zum strategischen Einstieg in diese Hochrisikotechnologie in der Stellungnahme zur Strategischen Umweltprüfung (SUP) des Nuklearprogramms Polens zu verankern (DS 5/4207-B).

„Brandenburg hat sich von Anfang an gegen die Nutzung der Atomkraft gewandt. Seit 1990 ist das Kernkraftwerk Rheinsberg abgeschaltet und dessen Rückbau weit fortgeschritten", erklärte Tack. Sie verweist auf die Sitzung des deutsch-polnischen Umweltrates im April dieses Jahres, auf der Bundesumweltminister Röttgen auf die Risiken der Kernenergie zur Stromerzeugung hingewiesen und Polen Unterstützung beim Ausbau erneuerbarer Energien angeboten hatte. Spätestens seit Fukushima habe sich bundesweit ein grundlegender Umdenkprozess in Richtung eines vollständigen Atomausstiegs durchgesetzt. Seit März 2011 sind die ältesten Kernkraftwerke dauerhaft abgeschaltet worden und im Sommer das Ende der Laufzeit für die weiteren Reaktoren für 2022 beschlossen und gesetzlich festgelegt.

Tack verweist darauf, dass neben den Risiken der Kernenergienutzung auch die Endlagerung der radioaktiven Abfälle ein weltweit ungelöstes Problem darstellt. Deshalb erscheine es vordringlich, neben konsequenter Energieeinsparung weitere Effizienzpotenziale auszuschöpfen und vor allem die Nutzung erneuerbarer Energien voran zu treiben. Tack bietet an, die vorhandenen Erkenntnisse und Erfahrungen zur Förderung erneuerbarer Energien auch an Polen weiterzugeben, um den Prozess der Suche nach Alternativen zur Kernenergie zu unterstützen.

Die Stellungnahme mit allen dazugehörigen Dokumenten (einschließlich der gutachterlichen Analyse der Unterlagen) kann auf der Internetseite des Brandenburgischen Umweltministeriums eingesehen werden. Dort wird auch über die weiterhin bis 4. Januar 2012 bestehenden Möglichkeiten der Öffentlichkeitsbeteiligungen informiert.

Weitere Informationen:
weitere Informationen Grenzüberschreitende SUP zum Entwurf des polnischen Kernenergieprogramms

 

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Berliner Senat unterstützt Brandenburgs Position zu polnischen Atomplänen


22.12.11 - PE auch hier zu lesen


Müller: „Mögliche Folgen der Kernenergienutzung enden nicht an Landesgrenzen“

Die von Brandenburgs Umweltministerin Anita Tack in einem Schreiben an das polnische Wirtschaftsministerium geäußerten Bedenken gegenüber den polnischen Atomplänen teilt der Berliner Bürgermeister und Senator für Stadtentwicklung und Umwelt, Michael Müller.
Berlin war in die Erarbeitung der Stellungnahme eingebunden, die jetzt durch die Umweltministerin an die polnische Regierung übermittelt worden ist.

Müller: „Entscheidungen zur Nutzung von Kernenergie sind vor dem Hintergrund der Katastrophen von Tschernobyl und Fukushima nicht mehr nur eine energiepolitische Angelegenheit. So wie ich die Europäische Union verstehe, ist sie ein gemeinsamer politischer Raum, in dem darauf geachtet wird, welche Wirkungen und Folgen nationale politische Entscheidungen auf alle Bürgerinnen und Bürger haben. Vor diesem Hintergrund fordere ich die polnische Regierung auf, die Bedenken der angrenzenden Staaten ernst zu nehmen und das Risiko noch einmal neu abzuwägen.“

Der Bürgermeister und Senator wies darauf hin, dass selbst die atomfreundliche unionsgeführte Bundesregierung nach der Katastrophe in Japan einen Kurswechsel möglich gemacht hat, der inhaltlich zu begrüßen sei.

Müller weiter: „Selbstverständlich gehört zu dieser Diskussion aber auch die Verantwortung, Polen in der Frage der Energieversorgung nicht alleine zu lassen. Wir haben die Aufgabe und Pflicht im europäischen Rahmen über gemeinsame Projekte zur zukunftsfähigen und ressourcenschonenden Energieversorgung über Grenzsteine hinweg nachzudenken, denn mögliche Folgen der Kernenergienutzung enden nicht an Landesgrenzen.“

Von der Bundesregierung erwartet Müller eine stärkere Initiative, sich für einen Kernenergieverzicht auf europäischer Ebene einzusetzen und mit den Staaten der Union ein gemeinsames Energiekonzept zu erarbeiten.
         
  

 
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