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Berlin: The Hidden Champion goes global

01.11.2013

 

„Berlin – the Hidden Champion goes global“

Nach langen Jahren waren die Berliner Wirtschaftsgespräche am 17. Oktober 2013 wieder einmal beim DIN Deutsches Institut für Normung e.V. zu Gast. Stellvertretend für den in Washington weilenden Vorstandssprecher Dr.-Ing. Bahke begrüßte der Leiter Finanzen und Controlling des DIN, Herr Daniel Schmidt, die Teilnehmer.

Das DIN organisiert Standardisierungsprozesse als gemeinnütziger e.V. im Auftrag des deutschen Staates. Dabei moderiert sie 70 Normungsausschüsse mit 60-80.000 Besuchern aus 2000 Mitgliedsfirmen und insgesamt 33.000 Experten. Diese produzierten allein 2012 33.000 Normen, um wirtschaftliche Abläufe und Produkte zu vereinfachen und nachhaltig zu standardisieren.

Das Podium (v.l.): Dr. Constantin Terton (IHK), Robert Maier (VisualMeta), Christian Nagel (Earlybird), Marianne Kleppeck (KWWM), Ulrich Drechsler (Collonil) und Fee Beyer (hub:raum)

Wie steht Berlin im Vergleich zu anderen Gründerzentren da?

Die Eingangsfrage des Moderators Moritz Döbler, Mitglied der Chefredaktion des Tagesspiegels, lautete, wie Berlin im Vergleich zu den anderen Startup-Hochburgen dastehe. Frau Beyer von hub:raum, dem Seed-Stage-Inkubator der Telekom, bescheinigte Berlin ein sehr großes Potenzial, wohingegen London bereits sehr etabliert und Tel Aviv sehr technologiegetrieben sei.

Christian Nagel, Mitgründer und Partner der VC-Gesellschaft Earlybird, betonte, dass das Silicon Valley einen jahrzehntelangen Vorsprung als Startup-Schmiede vor Berlin habe, aber wegen Überfüllung langsam nach San Franzisco expandiere, und dass New York die interessanteste Entwicklung im Moment aufweise, weil dort sehr viel sozial und vernetzend orientierte Startups sehr schnell entstünden. Daher sei Berlin etwas mit New York vergleichbar, weil auch Berlin aus seiner Sicht das Potenzial habe, London bald zu überholen. Ähnlich wie Berlin sei das New Yorker Ecosystem ohne Zutun der Politik und ungesteuert von großen Geldflüssen wie im Valley oder in Tel Aviv entstanden. Dass in Europa ein Faktor 10 weniger Wagniskapital als in den USA fließt, ist bekannt. Daher müssten sich die größeren Finanzierungsrunden auch bei Geldgebern aus Schweden und den USA umsehen (ResearchGate, Zalando, Wooga, SoundCloud).

Robert Maier, der sein Unternehmen 2008 gründete und es 2011 an Axel Springer veräußerte, fand ebenfalls, dass das Ecosystem Berlin noch auszubauen sei, dass aber die Samwers (Jamba, Zalando) viele Anstöße dazu gegeben hätten. Daher sei auch er jetzt als Business Angel und im Bundesverband Deutscher Startups aktiv, um Startups weiter zu unterstützen, trotz des hohen Risikos bei jeder Investition in sie. Er bedauerte auch, dass es für die 2. Finanzierungsrunden zwischen 2 und 5 Mio. EUR noch immer zu wenig Player in Deutschland gebe.

Dr. Terton von der IHK sah seit 2005 einen Gründungsaufschwung in Berlin, in das mittlerweile 50% aller VC-Startup-Investitionen in Deutschland flössen. Besonders viele Neuberliner hätten hier einen Mentalitätswandel gebracht, weg von der Westberliner Subventionsmentalität der Vor-Wende-Zeit.

Diese Zeit wurde auch von der Steuerberaterin Marianne Kleppeck als Unternemertum-behindernd beschrieben. In den 1990ern war der schnelle Entzug aller Subventionen eine wirtschaftliche Katastrophe für Berlin, weil der Standort Berlin für viele Konzerne nicht mehr wirtschaftlich interessant war. Jetzt erst wieder hätten wir die Abwanderungen gestoppt, da Berlin wieder viel Anziehungskraft gewonnen hat.

Ulrich Drechsler, der Collonil-Forschungsleiter mit Fraunhofer-Vergangenheit, lobte die Vernetzung der Wirtschaft mit den Forschungsinstituten und Unis, die es ja reichlich in Berlin gebe, wodurch sich immer wieder neue Anwendungsgebiete auftäten. Collonil exportiert mittlerweile in über 100 Länder.

Was müssen Berliner Unternehmen nun tun, um global zu werden?

Dr. Terton sagte, die Berliner Verwaltungen sollten sich mehr als Dienstleister der Wirtschaft begreifen mit schlanken, zügigen Prozessen. Er habe oft den Eindruck, dass die Politik dem Startupboom oft nicht gewachsen sei. Auch die 2stufige Verwaltungsstruktur mit Bezirken mit teils inkompatiblen Abläufen einerseits und dem Land andererseits sei oft hinderlich. Er forderte bessere Rahmenbedingungen z.B. zur Erleichterung von Exporten oder dem Einstellen von Personal aus Nicht-EU-Ländern.

Robert Maier wies auf die Initiative des Landes Hessen zur Abschaffung der Streubesitzdividende für ausländische Investoren hin, der sich Berlin allerdings anschloss. Problematisch sei nach wie vor die Einstellung von Nichtdeutschen: auf den Ämtern werde Berlinerisch und kein Englisch gesprochen, die für die Blue Card vorgeschriebenen Mindestgehälter seien nach wie vor zu hoch für Startups und selbst nach 4 Jahren erfolgreichem Studium in Deutschland bekämen z.B. Inder keine Arbeitserlaubnis. Bei VisualMeta arbeiten sie mittlerweile in 15 Länderteams mit Muttersprachlern.

Brauchen wir einen neuen Neuen Markt?

Christian Nagel antwortete sehr klar, dass die VCs noch immer die Erinnerung an die geplatzte Blase des ersten Neuen Marktes belaste und sie die alten Fonds teilweise noch in den Büchern hätten - ein solcher Name würde daher alle verschrecken. Es müsse mehr Leuchttürme mit Milliardenumsätzen geben, die ihre Gründer noch an Bord hätten und die nicht bei 50 Mio. EUR nach wenigen Jahren schwach würden. Zalando habe hier (noch) durchgehalten, auch weil mittlerweile von Amerikanern vor dem Suchmaschinenmarketing Zalandos  der Hut gezogen wird. London habe da einige Milliarden Vorsprung.

Statt eines neuen Neuen Marktes schlug Nagel vor, die Börsenzulassung zu erleichtern für die Unternehmen, aber zu verhindern, dass zu viele unerfahrene Anleger zu viel Geld verlieren.

Fee Beyer brach eine Lanze für kollaborativ angelegte Büroflächen, worin in Berlin noch ein klarer Mangel besteht trotz Factory, hub:raum, Beta-Haus etc., wie auch McKinsey in seiner jüngsten Gründerhauptstadt-Studie feststellte. Sie leisten Zugang zu Wissen durch Peers und Mentoren und sind sogar für DAX-Unternehmen zum beliebten Ausflugsziel geworden.

Marianne Kleppeck verwies auf den benötigten Mentalitätswechsel in Öffentlichkeit und Verwaltungen, um Mentorenprogramme und Investitionen in Gang zu setzen. Allerdings habe es Co-Working-Spaces schon immer gegeben: sie brachte das Beispiel der Weiberwirtschaft, die schon 1991 gegründet wurde.

Ulrich Drechsler kritisierte, dass zu viele Gründungen im Bereich Medien, IT und Dienstleistungen stattfänden, aber zu wenige naturwissenschaftlich fokussiert seien - mit Ausnahme der Medizintechnik, während andere Regionen groß in der Nanotechnologie seien.

Aus dem Publikum wurde dagegen gehalten, dass es 3000 Technologiefirmen in Berlin gebe, die aber größtenteils sehr klein seien und daher auch keine Lobby hätten. Trotz der hohen Dichte an Wissenschaftseinrichtungen werde mit den Forschungsergebnissen nicht genug gemacht, z.B. ein Startup gegründet oder wenigstens ein Team gesucht, das diese umsetzen möchte. Viele Gründungen seien noch von Betriebswirten, während Forscher davor regelrecht Angst hätten und ihre Ergebnisse lieber archivierten. Dies äußert sich auch in der Anzahl von Gründungen pro Professor: diese liegt bei 3 pro 100 Studenten in Berlin - in Stanford bei 60!

Auch Skandinavien, wo in der Triple Helix Politik, Wirtschaft und Wissenschaft an einem Strang ziehen, wurde als Vorbild gelobt. In Deutschland bleibe das Denken oft nur auf die eigene Disziplin beschränkt, die Wissenschaft müsse aber unternehmerischer zu denken lernen, auch bei der Lehre.

Dr. Terton verwies auf den Trend, alles von der Politik einzufordern, was gerade nicht laufe, betonte aber auch, dass hier alle 3 genannten Bereiche intensiver zusammen arbeiten und mehr voneinander erfahren sollten, z.B. Naturwissenschaftler BWL-Wissen und mehr Unternehmenspatenschaften in Schulen.

Zur Finanzierungsfrage wurde mehr altes Geld für junge Startups gefordert, was aber oft an der Internetaversion z.B. vieler Family Offices scheitert. Otto, Tengelmann und einige Verlage sind hier die rühmlichen Ausnahmen. Denn Deutschland brauche einfach auch wieder High-Tech-Leuchttürme. Es gebe daher Programme für den Mittelstand, wo Firmennachfolger zu Business Angels ausgebildet werden, um dadurch affiner zu Investitionen in Startups zu werden.

Aus Startups sollten mehr sichtbare Unternehmen werden, damit eine weitere Veranstaltung zu diesem Thema womöglich lauten kann „The Champion goes global", schlug Moritz Döbler vor.

Thomas Andersen für InnoMonitor Berlin-Brandenburg

 BWG-Einladung zur Veranstaltung

 

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Innovative Unternehmen aktiver in der Normung

 

(2013-10-14 - Pressemitteilung DIN)

 Unternehmen, die sich durch anspruchsvolle eigene Innovationstätigkeit und Innovationserfolge auszeichnen, sind auch in der Normung aktiver als weniger innovative Unternehmen. Sie investieren deutlich mehr in Innovationen, kooperieren häufiger in FuE- und Innovationsprojekten, führen mehr innovative Produkte und Marktneuheiten ein und erzielen höhere Kostenreduktionen und Qualitätsverbesserungen durch Prozessinnovation. Dementsprechend ist auch der durchschnittliche Umsatzbeitrag von neuen oder merklich verbesserten Produkten bzw. Marktneuheiten wesentlich höher als bei Unternehmen, die sich nicht in der Normung engagieren.

Diese Erkenntnisse sind aus einem Abgleich der Datenbasis des DIN mit den Daten des Mannheimer Innovationspanels (MIP) gewonnen worden, der im Rahmen des Deutschen Normungspanels (DNP) durchgeführt wurde. Das DNP - eine jährlich wiederholte Erhebung - wird von Wissenschaftlern des Fachgebietes Innovationsökonomie der Technischen Universität (TU) Berlin unter Leitung von Professor Dr. Knut Blind organisiert. Die im MIP verfügbaren Daten zum Innovationsverhalten von über 6.000 deutschen Unternehmen werden jährlich durch das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim erhoben und bilden eine wichtige Grundlage zur Beurteilung der technologischen Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft.

Als mögliche Erklärung für diese ausgeprägte Korrelation zwischen den Innovations- und Normungsaktivitäten der Unternehmen nennt Professor Blind die Normung als attraktive Plattform, offen für alle interessierten Kreise: „In der Normung treffen sich die innovativen Unternehmen und suchen gemeinsame Lösungsansätze“. Der komplette Bericht des DNP über die Ergebnisse des Datenmatchings erscheint in der Dezember-Ausgabe der DIN-Mitteilungen.

Beauftragt wurde das DNP durch den Deutschen Förderverein zur Stärkung der Forschung zur Normung und Standardisierung e. V. (FNS), dessen Mitglieder u. a. DIN, die DKE Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik im DIN und VDE und die HARTING Technologiegruppe sind. Ziel des DNP, das langfristig vom FNS finanziert und inhaltlich begleitet wird, ist die Schaffung einer soliden Datengrundlage zur Beantwortung normungsrelevanter Fragestellungen, die Gewinnung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse zum Thema Normung und Normen sowie die Sensibilisierung und Motivation von Unternehmen und Forschungseinrichtungen für die Thematik der Normung.

 Quelle DIN

 

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