Die Entwicklung der Informations- und Kommunikationswirtschaft in Berlin
08.02.2010
Interview mit Ingrid Walther, Leitung des Referats Medien, IT- und Kommunikationswirtschaft bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen Landesinitiative Projekt Zukunft
Wie hat sich die Region im Bereich der IT- und Kommunikationswirtschaft entwickelt?
Die wirtschaftlichen Kennzahlen der Berliner Informations- und Kommunikationswirtschaft haben sich in den letzten Jahren entscheidend verbessert. Seit 2000 ist der Umsatz der Unternehmen um 40 Prozent auf 9 Mrd. Euro und die Zahl der Unternehmen um 54 Prozent auf 4.000 Unternehmen gestiegen. In den letzten drei Jahren hat sich das Umsatzwachstum in Berlin gegenüber anderen Regionen deutlich positiver entwickelt. Auch die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Kompetenzfeld konnte von 30.300 auf 36.800 gesteigert werden. Insgesamt ist die Anzahl derjenigen, die in diesem Kompetenzfeld als sozialversicherungspflichtig und geringfügig Beschäftigte, aber auch als freie Mitarbeiter und Selbständige tätig sind, erheblich größer: Insgesamt sind es nahezu 47.000 Menschen, die durch die Unternehmen in Berlin ihr Auskommen finden.
Die Landesinitiative „Projekt Zukunft" ist der zentrale Netzwerk-Koordinator für den IT-und Kreativ-Cluster in Berlin. Wie gehen Sie dabei vor?
Die politischen, administrativen und intermediären Akteure in Berlin arbeiten mittlerweile Hand in Hand. Die Entwicklung des Kompetenzfeldes folgt einer klaren Strategie, die regelmäßig mit Expertinnen und Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft abgestimmt wird. Masterpläne legen die Handlungsfelder und die Verantwortlichkeiten fest.
Der Einfluss der Informations- und Kommunikationstechnologie bei der Modernisierung Berlins steht im Vordergrund der Überlegungen. Berlin ist Pilotregion für viele innovative Vorhaben. Erinnert sei an die weltweit erstmalige Umstellung des analogen terrestrischen Fernsehens auf die digitale Verbreitung, auf MoBüd, das mittlerweile eingeführte Verfahren der mobilen Bürgerdienste, oder in jüngster Zeit die Ausstattung der Berliner Bibliotheken mit RFID im anspruchsvollen Hybridbetrieb.
Aktuell konzentrieren wir uns bei Projekt Zukunft auf sieben Handlungsfelder. Diese sind: IT-Anwendungen für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen, Kommunikation und Unternehmensentwicklung, RFID/ Near Field Communication, Open Standards/ Open Source, Kommunikationsnetze und -dienste, E-Government sowie Sicherheit mit IT. Dabei unterstützen wir auch Förderprojekte, wobei wir zwei Förderaspekte in den Vordergrund stellen: Hilft das Vorhaben, Wirtschaft und Wissenschaft stärker zu verzahnen? Und fördert es die wirtschaftliche Entwicklung Berlins?
Im Jahr 2008 wurden 12,8 Mio. Euro an Innovationsfördermitteln in diesen Handlungsfeldern vergeben. Im Jahr 2009 waren es bis zum September 11,6 Mio. Euro.
Einige unserer Projekte sind nicht so spektakulär, denn sie bereiten eher unsichtbar den „Weg in Informationsgesellschaft", so der ursprüngliche Name unserer Initiative. Dazu zähle ich die E-Government-Initiative „ServiceStadt Berlin" mit insgesamt über 100 Einzelprojekten, die dem Bürger unmittelbaren Nutzen im Kontakt mit den Behörden bringen sollen. Einzelbeispiele sind die die Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie, die Neugestaltung des Wirtschaftsportals im Rahmen
Unternehmensservice, das Projekt „E-Strasse", eine webbasierte Leitungsabfrage mit den Versorgern oder das Projekt „kfz-Online", einer kfz-Anmeldung per Internet.
Was sind die Besonderheiten unserer Region ?
Die große Dichte von Forschungseinrichtungen, Hochschulen und Universitäten begünstig die Innovationsfähigkeit der Unternehmen. Das macht auch ganz neue Kooperationsformen möglich, wie z.B. die Telekom-Labs in der Technischen Universität. Charakteristisch und vorteilhaft ist die enge Bindung zur Medienwirtschaft; so ist Berlin bereits jetzt einer der wichtigsten Standorte für mobile Inhalte und Spiele in Deutschland. Viele der kleinen und mittleren Unternehmen sind hoch spezialisiert. Die Palette reicht von Navigationslösungen (Gate 5) über IT-Sicherheit (Zertificon Solutions) und Bildbearbeitungssoftware (Magix) bis hin zu computergestützter Klangerzeugung (Native Instruments). Die Region ist zudem bemerkenswert erfolgreich bei der Beteiligung an nationalen wie an europäischen Forschungsprogrammen.
Wie gestaltet sich die Kooperation mit Brandenburg ?
Nach einer Phase relativer Distanz aufgrund unterschiedlicher wirtschaftlicher und administrativer Strukturen sind wir in den letzten Jahren im IT-Bereich enger zusammengerückt. Mit einigen gemeinsamen Projekten wie dem Wireless Transfer Center, dem Masterplan Sicherheit Berlin Brandenburg und der Untersuchung zum Aufbau eines deutschen Zentrums für mobile Kommunikation in Ballungsräumen sind erste Bausteine gelegt.
Wirtschaftliches Wachstum in den Handlungsfeldern kann nur gelingen, wenn die Hauptstadtregion für Referenzprojekte zur Verfügung steht. Im Handlungsfeld Sicherheit wird daran gearbeitet, für das Thema Urban Securities ein Referenzobjekt zur Verfügung zu stellen.
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Innovationsjahrbuch 2009 der TSB Gruppe erschienen -
Einblicke in die Arbeit der TSB und Stand der Innovationsstrategie -
InnoMonitor, 05.02.2010
http://www.innomonitor.de/index.php?id=132&be=1087
