Sicherheitswirtschaft fordert Datenschutzgipfel
11.03.2010
Sicherheitswirtschaft zu Datenschutz-Urteilen:
Datenschutzgipfel gefordert
»Datenschutz gehört ganz oben auf die Tagesordnung der Landesregierung«
Zwei Gerichts-Urteile haben in den letzten Tagen deutlich gemacht, dass Datenschutz von staatlichen Stellen nicht mit der notwendigen Aufmerksamkeit und Sensibilität betrachtet wird: Vor einer Woche kassierte das Bundesverfassungsgericht mit sofortiger Wirkung das Bundesgesetz, nach dem eine flächendeckende Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten erfolgte, und stärkte damit das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Am Anfang dieser Woche urteilte der Europäische Gerichtshof, dass die staatlichen Datenschutzbeauftragten in Deutschland nicht über die nach europäischem Recht notwendige Unabhängigkeit verfügen und damit den unternehmerischen Datenschutz nicht länger überwachen dürfen (C-518/07).
Der Fachverband der Sicherheitswirtschaft der Hauptstadtregion, SesamBB e.V., hat wiederholt auf die gravierenden Probleme des Datenschutzes auch in Brandenburg hingewiesen. Im Zusammenhang mit der Zusammenlegung der Zuständigkeiten der Brandenburger Datenschutzbeauftragten hatte Stephan Goericke, stellv. Vorsitzender von SesamBB e.V., bereits deutlich mehr Anstrengungen von der Landesregierung gefordert. In dieser Forderung sieht sich Goericke angesichts der jüngsten Urteile bestätigt: „Es kann nicht sein, dass von Seiten der Politik angesichts schwarzer Schafe insbesondere bei großen Staatskonzernen permanent die Unternehmer angeprangert werden, der Staat aber seine Aufgaben nicht erfüllt und dafür richterliche Ohrfeigen kassiert. Für uns Unternehmer ist der Schutz der Daten unserer Kunden wie der unserer Mitarbeiter ein hohes Gut. Wenn die Landesregierung erkennt, dass hierbei Wirtschaft, Politik und unabhängige Datenschützer an einem Strang ziehen müssen und die Verantwortlichen an einen Tisch holt, können wir gemeinsam dafür sorgen, dass Brandenburg Vorreiter beim Datenschutz wird."
Goericke regte an, dass die Landesregierung schnellstmöglich in enger Zusammenarbeit mit Wirtschaft, Verwaltung und der Datenschutzbeauftragten des Landes zu einem Datenschutz - Gipfel einlädt, um dafür zu sorgen, dass Brandenburg Vorreiter einer zeitgemäßen und rechtskonformen Struktur des modernen Datenschutzes wird.
Rückblick Pressemitteilung SeSamBB vom 13. Januar 2010:
Der Fachverband der Sicherheitswirtschaft der Hauptstadtregion,
SesamBB e.V., hat den Beschluss der Koalitionsfraktionen zur Zusammenlegung des
privaten und öffentlichen Datenschutzes als »zu kurz gesprungen« kritisiert.
»Der Beschluss vermittelt den Eindruck, die drängendsten Probleme des
Datenschutzes in Brandenburg lägen im Bereich der privaten Wirtschaft. Das
entspricht jedoch nicht den Tatsachen. Sämtliche Pannen, die einem Missbrauch
von Bürgerdaten Tür und Tor öffneten, entsprangen in jüngster Zeit in
Brandenburg dem öffentlichen Bereich.« betont Stephan Goericke, stellv.
Vorsitzender von SesamBB. »Darüber hinaus ist der Bereich der
Datenschutzbeauftragten schon für den einen öffentlichen Bereich mangelhaft
ausgestattet. Es fehlen Personal, Equipment und finanzielle Mittel, um die
öffentliche Verwaltung für den digitalen Informationsfluss adäquat
vorzubereiten. Das Amt der Datenschutzbeauftragten ist wichtig und wer
wirksamen Datenschutz für die Bürger will, darf nicht nur Kompetenzen
verschieben."
Goericke sieht sich durch Untersuchungen in
der Praxis bestätigt: »Befragungen und Audits in
Verwaltungen in Brandenburg haben ergeben, dass das Thema Datenschutz und
Sicherheit in der Verwaltung in Brandenburg geradezu chaotisch ist. Niemand hat
einen Überblick über den tatsächlichen Zustand. In der Tat kann niemand für die
Sicherheit von Bürgerdaten in Brandenburg garantieren. Dies ist nicht das
Versäumnis der Mitarbeiter in der öffentlichen Verwaltung. Hier liegt das
Versagen bei der Politik.«
Entschieden wies Goericke indes Äußerungen des
innenpolitischen Sprechers der Linksfraktion, Jürgen
Scharfenberg, zurück, wonach es Gefahren vor allem durch Missbrauch in der
Privatwirtschaft gäbe. »Das ist schlicht Unsinn.« Hier
werde ein Klischee bedient, welches mit den
tatsächlichen Gegebenheiten in Brandenburg nichts zu tun hat. »Wir
bieten als gemeinnütziger Verband gern an, die politisch Verantwortlichen zu
informieren, bevor derartige Beschlüsse in die Welt gesetzt werden.«
Chronologie prominenter Pannen der öffentlichen Verwaltung:
Qualitätsmängel sind keineswegs nur ein Problem der Industrie, sondern auch der
öffentlichen Verwaltung: Im Sommer 2007 legte ein Softwarefehler weite Teile
des Zentralrechners der Landesregierung lahm; der sorglose Umgang mit
Software durch ungeschultes Personal des Einwohnermeldeamtes in
Brandenburg hatte im Juni 2008 zur
Veröffentlichung sensibler Bürgerdaten geführt;
die Veröffentlichung der Kommunalwahlergebnisse im September
2008 versackte im Chaos; Bundesweit erhielten Tausende von
ALGII-Empfängern im Juli 2008 aufgrund einer Panne im Rechenzentrum der
Bundesagentur für Arbeit kein Geld.
www.sesambb.de
Das Netzwerk SesamBB wird vom Ministerium für Wirtschaft und Europaangelegenheiten des Landes Brandenburg im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" (GRW) aus Mitteln des Bundes und des Landes Brandenburg gefördert.
SeSamBB e.V.
c/o iSQI GmbH
Jana Noack
David-Gilly-Str. 1
14469 Potsdam
Telefon: +49 331 231810-26
Mobil: +49 176 21752385
Telefax: +49 331 231810-10
Potsdam, 10. März 2010
