Berliner Wirtschafts- und Arbeitsmarktbericht 2008/2009
09.07.2009
Berliner Wirtschafts- und Arbeitsmarktbericht 2008/2009: Nach gutem 2008 sinkt Wirtschaftskraft 2009
Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen und
die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales teilen mit:
Noch im Jahr 2008 war die Berliner Wirtschaft trotz einsetzender
Konjunkturkrise das vierte Jahr in Folge gewachsen. Das reale
Bruttoinlandsprodukt stieg um 1,6% gegenüber deutschlandweit 1,3%. Im
Jahr 2009 wird die Wirtschaftsleistung spürbar sinken.
Wirtschaftssenator Harald Wolf: „Berlin kann sich der
internationalen Konjunktur- und Finanzkrise nicht entziehen. In
besonders betroffenen Industriebranchen wie dem Metall und Fahrzeugbau
sinken die Umsätze zweistellig. Die Wirtschaftsleistung könnte deshalb
im Jahr 2009 in Berlin um bis zu 4 Prozent abnehmen, während der Bund
ein Minus von 6% erwartet. Berlin verfügt über eine breit
diversifizierte Unternehmenslandschaft mit einem hohen
Dienstleistungsanteil. Industriezweige wie Pharma und Ernährung haben
sich bislang als konjunkturell stabil erwiesen und die Industrieumsätze
in den ersten vier Monaten 2009 leicht unter Vorjahresniveau gehalten.
Allerdings stehen der Wirtschaft noch schwierige Monate bevor."
Der Abschwung wird den Aufwärtstrend auf dem Arbeitsmarkt seit 2004
bremsen. Im Jahr 2008 war die Erwerbstätigenzahl noch um mehr als
34.000 bzw. 2,1 % auf knapp 1,64 Mio. gestiegen. Bundesweit hatte es
nur ein Plus von 1,4 % gegeben. Durch den Beschäftigungsanstieg, der
vor allem auf einem Zuwachs der sozialversicherungspflichtigen
Arbeitsverhältnisse basierte, ist die Arbeitslosenquote in der
Hauptstadt zwischen 2007 und 2008 von 15,5 % auf 13,9 % gesunken.
Senator Wolf verweist aber auch auf die problematische Zunahme von
prekärer Beschäftigung, etwa die in den letzten Jahren gewachsene Zahl
an Minijobs und die Leiharbeit, für die der Grundsatz „Gleicher Lohn
für gleiche Arbeit" in Zukunft unbedingt eingehalten werden müsse.
Die durchschnittliche Zahl der Arbeitslosen lag in Berlin auch im Jahr
2008 auf einem sehr hohen Niveau (rd. 234.000 Arbeitslose); im
Vergleich zum Jahr 2007 (rd. 261.000 Arbeitslose) war die
Arbeitslosenzahl aber deutlich rückläufig. Angesichts der
wirtschaftlichen Entwicklung ist 2009 eher mit einer Zunahme von
Arbeitslosigkeit zu rechnen.
Arbeitssenatorin Heidi Knake-Werner: „Aufgrund eines
vergleichsweise geringen Anteils exportorientierter Betriebe und einer
hohen Dienstleistungsdichte ist der Berliner Arbeitsmarkt bislang nur
leicht von der aktuellen Wirtschaftskrise berührt. Gleichwohl ist zu
befürchten, dass sich Türen zum Arbeitsmarkt, die sich im Zuge der
konjunkturellen Erholung in den letzten Jahren auch für
Langzeitarbeitslose öffneten, nun wieder schließen."
Insbesondere gering qualifizierte Arbeitsuchende haben es bei
schlechter Wirtschaftslage schwer, ihren Arbeitsplatz zu halten bzw.
einen zu finden. Im Juni 2009 verfügten rund 50 Prozent der
Arbeitslosen in Berlin nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung.
Knake-Werner betont vor diesem Hintergrund, dass das Land Berlin
deshalb auch weiterhin Schwerpunkte im Bereich der Aus- und
Weiterbildung setze und zusätzlich weiter in Beschäftigung schaffende
Maßnahmen für Langzeitarbeitslose investieren werde.
Vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Wirtschafts- und Finanzkrise
bedarf es einer Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik, die gleichzeitig
das Wachstum neuer, zukunftsweisender Strukturen unterstützt.
Wolf: „Die zahlreichen Ansiedlungserfolge der
vergangenen Jahre bestätigen die richtige strategische Entscheidung aus
dem Jahr 2003 - die Bündelung von Standortmarketing,
Außenwirtschaftsförderung und Unternehmensansiedlung bei Berlin
Partner. Mit Aufbau eines Unternehmensservices für die in Berlin
bereits ansässigen Unternehmen bei Berlin Partner setzen wir diesen
Erfolgskurs konsequent fort."
In enger Kooperation mit den Bezirken und der Zentralen Anlauf- und
Koordinierungsstelle in der Senatsverwaltung für Wirtschaft,
Technologie und Frauen wird Berlin Partner etwa 400 nach einem
abgestimmten Bewertungsraster identifizierte Berliner Unternehmen
systematisch unterstützen. Gleichzeitig wird durch Berlin Partner die
bezirkliche Wirtschaftsförderung gestärkt, um den Betrieben vor Ort den
Zugang zum Unternehmensservice zu erleichtern und die dezentrale
Betreuung und Unterstützung zu verbessern.
Eine weitere, die Struktur des Wirtschaftstandorts stabilisierende und
weiterentwickelnde Initiative im laufenden und im kommenden Jahr wird
die Erstellung eines Masterplans Industrie sein.
Wolf: „Industrie und Innovation bedingen sich
gegenseitig: Ohne eine solide Basis an Industrieunternehmen fehlt es
der Innovationspolitik an technologischen Entwicklungsträgern; ohne
Innovationen kann es der Industrie nicht gelingen, im internationalen
Wettbewerb Schritt zu halten."
Genauso wichtig wie Maßnahmen, die zur Aufrechterhaltung und
Stabilisierung der durch die Krise angeschlagenen Strukturen des
Wirtschaftssystems beitragen, sind Maßnahmen, die die individuellen
Folgen der Krise möglichst gering halten.
Knake-Werner: „Durch die Förderung von Kurzarbeit
werden Arbeitnehmerinnen vor Arbeitslosigkeit geschützt und den
Unternehmen wird ihr eingearbeitetes und qualifiziertes Personal
gesichert. Deshalb ist es zu begrüßen, wenn die Betriebe die
Kurzarbeitförderung der Bundesagentur für Arbeit nutzen. Kurzarbeit
darf aber nicht zum Stillstand bzw. zum Abwarten in den Unternehmen
führen. Phasen der Kurzarbeit sind unbedingt für Qualifizierungen und
für die Weiterentwicklung von Verfahren und Produkten zur Verbesserung
der Wettbewerbsfähigkeit zu nutzen. Da passiert in Berlin derzeit noch
zu wenig. Nur 278 Personen befanden sich bis Ende Juni in
Qualifizierung während Kurzarbeit. Diese Zurückhaltung hat sicherlich
auch mit der Struktur der Betriebe zu tun, denn in über der Hälfte der
Berliner Betriebe arbeiten weniger als fünf Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter. Häufig fehlt es an Informationen über
Qualifizierungsmöglichkeiten. Wir werden deshalb Mitte Juni unter dem
Titel „Krisenzeit ist Lernzeit" ein Projekt starten, dass
Qualifizierungsberatung direkt in den Betrieben anbietet.
Um ihren zukünftigen Fachkräftebedarf zu sichern, dürfen die Berliner
Unternehmen auch in ihrem Ausbildungsengagement nicht nachlassen. Diese
Zusage haben die Verbände im Rahmen der Sonderkommission
Ausbildungsplätze im Mai gemacht, und ich bin zuversichtlich, dass wir
auch in diesem Jahr - zumindest rechnerisch - jedem Jugendlichen ein
Ausbildungs- oder Qualifizierungsangebot machen können. Der Senat wird
zusätzlich in das Ausbildungsprogramm Ost investieren und hier trotz
nachlassendem Engagement des Bundes 2.500 Ausbildungsangebote
finanzieren."
Um auch für Personen mit mittelfristig geringen Chancen auf dem
Arbeitsmarkt berufliche Perspektiven zu schaffen, wird im Rahmen der
Berliner Arbeitsmarktpolitik weiter der Weg eines öffentlich
geförderten Beschäftigungssektor (ÖBS) verfolgt.
Knake-Werner: „Es ist weder gegenüber der Gesellschaft
noch gegenüber den Betroffenen zu verantworten, wenn brachliegende
Potenziale nicht genutzt werden. Im öffentlich geförderten
Beschäftigungssektor werden sinnvolle und gesellschaftlich nützliche
Leistungen erbracht. Damit zeigen wir auch, dass Behauptungen, dass
Arbeitslose wegen mangelnder Leistungsfähigkeit keine Arbeit finden,
schlicht falsch sind. Woran es wirklich fehlt, sind wirtschaftliche und
gesellschaftliche Strukturen, die allen Erwerbsfähigen eine Tätigkeit
ermöglichen, mit der sie die eigene Existenz sichern können. Derzeit
arbeiten bereits rund 6.500 Personen im ÖBS, und wir werden diese Zahl
bis zum Ende des Jahres auf etwa 8.500 steigern können. Gestern haben
wir im Senat im Rahmen der Haushaltsberatungen beschlossen, dass wir
dieses Niveau auch in den kommenden Jahren halten wollen. Das ist eine
gute Nachricht für die Langzeitarbeitslosen in Berlin."
Wirtschafts- und Arbeitsmarktbericht im Internet »
Rückfragen: Stephan Schulz
Telefon: 9013-7418
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Berlin: Krise belastet den Arbeitsmarkt
Berliner Morgenpost, 9.7.2009
Arbeit in Berlin
Berliner Morgenpost, 9.7.2009
http://www.morgenpost.de/printarchiv/wirtschaft/article1128764/Arbeit_in_Berlin.html
Aufträge für 370 Millionen Euro hat der Senat bereits vergeben - Konjunkturmittel fließen in Sanierung von Kitas, Schulen, Bädern und Kliniken Berlins Wirtschaft schrumpft in diesem Jahr dennoch um vier Prozent
Der Tagesspiegel, 9.7.2009
http://www.tagesspiegel.de/berlin/Konjunkturpaket-Wirtschaftskrise;art270,2843206
Jetzt kommt die Krise auch nach Berlin - Wirtschaftssenator warnt vor steigender Arbeitslosigkeit - und "problematischen" Minijobs
Berliner Zeitung, 9.7.2009
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2009/0709/berlin/0036/index.html
BERLINER ARBEITSMARKT - Oben und unten
Berliner Zeitung, 9.7.2009
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2009/0709/berlin/0061/index.html
Arm trotz Arbeit - Großer Niedriglohnsektor: Viele Berliner arbeiten für sehr wenig Geld
Berliner Zeitung, 9.7.2009
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2009/0709/berlin/0134/index.html