Wowereit: Jobcenter dürfen nicht zerschlagen werden
30.01.2010
Senatskanzlei
Wowereit: Jobcenter dürfen nicht zerschlagen werden/Votum für Grundgesetzänderung/Regierender Bürgermeister spricht bei der Bezirkskonferenz des DGB in Potsdam
Das Presse- und Informationsamt des Landes Berlin teilt mit:
Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit kritisiert die von der
Bundesregierung geplante Zerschlagung der Jobcenter. Wowereit sagte vor
Beginn der DGB-Bezirkskonferenz in Potsdam, auf der er im Laufe des
Vormittags ein Grußwort halten wird:
„Die Bundesregierung verabschiedet sich gerade vom Ziel einer wirksamen
Förderung von Arbeitsuchenden. Ihre Konzepte gehen an den realen
Problemen vorbei und verschärfen sie noch. Gegründet wurden die
Jobcenter, um Arbeitsuchende aus einer Hand zu fördern - als
Sprungbrett in neue Jobs und damit als Hilfe zum Aufstieg."
Wowereit sieht die bisherige Praxis der Jobcenter als
verbesserungsbedürftig, sieht in einer Trennung zwischen Bundes- und
kommunalen Aufgaben aber keine Lösung: „Man kann und muss an der Praxis
in den Jobcentern vieles kritisieren. Die Flut der vor den
Sozialgerichten anhängigen Klagen zeigt, dass hier vieles im Argen
liegt. Aber der Grundansatz einer Förderung aus einer Hand bleibt
richtig. Ziel einer Neuordnung der Jobcenter sollte daher sein, dass
die Jobcenter endlich fit gemacht werden, um ihre Ziele zu erfüllen.
Statt die Probleme entschlossen anzugehen, verliert sich die
Bundesregierung jedoch im Kleinklein. Statt Bürokratie abzubauen werden
die mühsam zusammengeführten Aufgaben wieder getrennt. So entsteht
wieder mehr Bürokratie. Und so wird es noch mehr Klagen und
Widerspruchsverfahren geben."
Zum Hintergrund: Das Bundesverfassungsgericht hatte im Dezember 2007
die gemeinsame Aufgabenwahrnehmung von Kommunen und Bundesagentur für
Arbeit in den Jobcentern für verfassungswidrig erklärt. Bis Ende 2010
muss der Gesetzgeber eine verfassungskonforme Organisationsform für die
Betreuung und Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen schaffen. Der
frühere Arbeitsminister Scholz hatte einen Vorschlag entwickelt, der
von allen Ländern mitgetragen wurde. Dieser sah vor, das Grundgesetz
dahingehend zu ändern, dass gemeinsame Einrichtungen zur Erfüllung von
Aufgaben auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende
geschaffen werden können („Zentren für Arbeit und Grundsicherung"). Die
Einleitung des Gesetzgebungsverfahrens war an der CDU-/CSU-Fraktion im
Bundestag gescheitert.
Wowereit dazu: „Immer mehr zeigt sich, dass es ein Fehler der Union
war, diese sinnvolle und pragmatische Lösung zu blockieren. Ich fordere
die Bundesregierung dazu auf, nicht die Länder rauszukicken und den
Druck auf die Arbeitslosen zu verschärfen, sondern zuerst einmal die
Probleme in den Jobcentern zu lösen. Um eine verfassungskonforme Lösung
zu schaffen, hat Berlin im Dezember gemeinsam mit anderen Ländern eine
Initiative in den Bundesrat eingebracht, die aktuell den Ausschüssen
zur Beratung vorliegt."
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