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China: Im Land der Superlative

17.06.2010

Im Land der Superlative

China ist einer der spannendsten Märkte weltweit. Auch für hiesige Unternehmen bieten sich gute Chancen. Das Handelsvolumen der Berliner Wirtschaft mit China hat sich seit dem Jahr 2000 fast vervierfacht.

Berlin blickt in die Zukunft
Kräftiger Zuwachs im China-Handel
Turbo-Wachstum seit 1978

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Shanghai
Blick aufs moderne Shanghai. Allein im Ballungsraum einer der größten Städte Chinas leben 18 Millionen Menschen, darunter 8000 Deutsche. Seit Anfang Mai ist Shanghai Gastgeber der Weltausstellung Expo und schlägt mit einem Gesamtetat von drei Mrd. Euro auch da alle Rekorde | Foto: PA/Image Source

Die Dachterrasse des Luxushotels Hyatt in Shanghai ist ein beliebter Ort zur Präsentation neuester Bademoden. Eigentlich. Zur Expo allerdings gilt das Interesse anderen Dingen, und die Gäste, die auf den kreisrund angeordneten Matratzenlagern Champagner, Wein und Cocktails genießen, sind vor allem gefangen von der grandiosen Aussicht auf die Stadt.

Unter ihnen - 33 Stockwerke tiefer - teilt der mächtige Huangpu-Fluss Chinas modernste Metropole in zwei große Stadtteile. Rechts in Puxi, das alte Shanghai, in nostalgisch-gelbes Licht getaucht die weltberühmte Uferpromenade „Bund" mit ihren neoklassizistischen Bauten. Links in Pudong, das neue Shanghai, funkelnde und blinkende Lichter an gigantischen Werbetafeln vor einer imposanten Hochhaus-Kulisse. Innerhalb der vergangenen 20 Jahre ist auf dieser Seite des Flusses aus morastigem Ackerland das größte Finanz- und Geschäftszentrum des Landes entstanden. Nur Hongkong kann sich mit ihm messen. Shanghais Skyline mit ihrem markanten Fernsehturm zählt wohl zu den meist fotografierten Stadtansichten weltweit.

An beiden Ufern erstreckt sich die größte Weltausstellung aller Zeiten. China, führende Exportnation, seitdem sie Deutschland vergangenes Jahr überholt hat, meldet sich vorzugsweise mit Superlativen auf der Weltbühne zurück. Auf 5,3 Quadratkilometern Fläche präsentieren sich 240 Nationen und internationale Organisationen. Der geschätzte Gesamtetat der Expo von drei Mrd. Euro übertrifft selbst den der Olympischen Spiele in Peking. 70 Millionen Menschen sollen die Wirtschaftsschau vom 1. Mai bis 31. Oktober nach dem Willen der Planer besuchen. Das sind fast viermal so viele wie vor zehn Jahren in Hannover.

100 Pavillons zum Expo-Thema „Bessere Stadt, besseres Leben" sind entstanden. Den größten Pavillon - „die Krone des Ostens" - hat natürlich der Gastgeber errichtet. Deutschland wollte offensichtlich nicht nachstehen. Die führende Industrienation Europas präsentiert sich mit dem größten Pavillon, mit dem sie jemals auf einer Weltausstellung vertreten war. Die Bundesländer finden hier Gelegenheit, ihre besten Seiten für jeweils eine Woche dem Publikum vorzustellen.

Berlin hatte seinen Auftritt gerade in der ersten Juni-Woche. Eine von der IHK Berlin und dem Internationalen Design Zentrum Berlin organisierte Unternehmerreise führte rund 30 Berliner Firmenvertreter in Begleitung von Wirtschaftssenator Harald Wolf nach China. Auf dem Programm standen individuelle Termine bei potenziellen chinesischen Geschäftspartnern, die von der deutschen Auslandshandelskammer Shanghai vorbereitet worden waren. Außerdem gab es eine Investorenkonferenz von Berlin Partner in Shanghai und eine von der IHK Berlin organisierte Wirtschaftskonferenz in Shenzhen.

Berlin blickt in die Zukunft

Gleichzeitig wurden in den beiden Metropolen die Berlin Days der Hauptstadtkampagne be Berlin unter dem Motto: „The Future is Made in Berlin" ausgerichtet. Finanziell gefördert wurde die Delegationsreise aus Landesmitteln und mit Geldern aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung. Ein ausführlicher Bericht hierzu erscheint in der Juli/ August-Ausgabe der „Berliner Wirtschaft".

Ins Ausland führende Delegationsreisen mit Politikern und Wirtschaftsführern sind wichtige Maßnahmen zur Förderung des gegenseitigen Verständnisses, zur Anbahnung und Intensivierung von Geschäftskontakten, allgemein zum Ausbau der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen. Schon manche Absichtserklärung und auch bedeutende Verträge wurden, symbolträchtig und medienwirksam inszeniert, während einer Delegationsreise unterzeichnet.

Einer von mehreren Gründen, warum auch der Kreativ-Chef der Berliner Kommunikations- und Design-Agentur Triad, Lutz Engelke, an der Delegationsreise teilgenommen hat. Triad feiert auf der Expo einen riesigen Erfolg. In einem internationalen Wettbewerb hatte sich die Kreativschmiede gegen 150 Konkurrenten durchgesetzt und vom Expo-Organisationskomitee den Auftrag zur Gestaltung eines der zentralen Themenpavillons erhalten. (Siehe Interview)

Für den Berliner Animationsfilmproduzenten Thilo Graf Rothkirch erfüllt sich während der Expo ein langer Traum. Im Juli feiert die deutsch-chinesische Ko-Produktion „Lauras Stern und der Geheimnisvolle Drache Nian" in China Premiere. Der Streifen wird landesweit in Kinos laufen. Die Musik hat der chinesische Star-Pianist Lang Lang interpretiert. „Ich habe lange gebraucht, Vertrauen in China zu schaffen", sagt Rothkirch. Überhaupt einen Fuß in den chinesischen Markt zu bekommen, habe zweieinhalb Jahre gedauert, der Produktionsprozess noch mal so lange. Ohne politische Flankierung wäre ihm der Durchbruch in China nicht gelungen, ist der Chef von Cartoon-Film überzeugt. Vor allem durch Senator Wolf, den er auf einer Delegationsreise im Jahr 2008 nach China begleitete, habe er die Entscheidungsträger in den für sein Geschäft wichtigen Institutionen und Firmen kennengelernt. „Guanxi, darunter wird ein Netzwerk persönlicher Beziehungen verstanden", sagt Rothkirch, „ist in China der Schlüssel zum Erfolg."

Die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und China sind längst von überragender Bedeutung, allerdings auch stark ausbaufähig. Vor 20 Jahren war der Handel mit China marginal. Inzwischen ist das Reich der Mitte nach den USA immerhin zum zweitwichtigsten Handelspartner Deutschlands außerhalb der EU avanciert. Und im Krisenjahr 2009 stieg China vom elften auf den achten Rang der wichtigsten Abnehmerländer deutscher Produkte. Dennoch, der Anteil Chinas an den deutschen Gesamtexporten betrug im Vorjahr gerade einmal 4,5 Prozent.

deutscher Pavillon Opulentes Forum für die Bundesländer: Niemals zuvor war der deutsche Expo-Pavillon so groß wie in Shanghai | Foto: Yovohagrafie

Kräftiger Zuwachs im China-Handel

Die Berliner Ausfuhren nach China sind nach vorläufigen Angaben des Landesamtes für Statistik im Jahr 2009 gegenüber dem Vorjahr um 3,8 Prozent auf rund 495 Mio. Euro gestiegen. Die Einfuhren aus China dagegen legten im Vergleichszeitraum um zwei Drittel auf 649 Mio. Euro zu. Zwar ist der Anteil des Landes Berlin an den deutschen Exporten nach China aufgrund des im Bundesvergleich niedrigeren Industrialisierungsgrads der Hauptstadt gering. Aber immerhin habe sich das Handelsvolumen der Berliner Wirtschaft mit China seit 2000 fast vervierfacht, sagt Jan Eder, Hauptgeschäftsführer der Berliner IHK. „Als Absatzmarkt wird China damit in diesem Jahr für Berlin unter die Top fünf vorrücken und ist insofern von größter Bedeutung für unsere Stadt."

Angesichts der schieren Größe des chinesischen Marktes geraten Unternehmer aus dem Westen ins Schwärmen: mit 9,6 Mio. Quadratkilometern Fläche viertgrößtes Land der Erde; 1,3 Mrd. Einwohner, die Bevölkerung ist mit 92 Prozent Han-Chinesen weitgehend homogen; 160 Millionen-Städte, die meisten der Welt; drittgrößte Volkswirtschaft der Erde, nach Meinung vieler Experten auf dem Sprung, Japan dieses Jahr den zweiten Platz streitig zu machen. Doch trotz dieser Superlative ist China nach offizieller Darstellung ein Entwicklungsland.

Turbo-Wachstum seit 1978

Seit der Reformpolitik und der Öffnung des Landes durch den inzwischen verstorbenen Ministerpräsidenten Deng Xiaoping im Jahr 1978 hat sich das ehemals planwirtschaftlich gelenkte, vorwiegend landwirtschaftlich strukturierte kommunistische Riesenreich auf eine in der Weltgeschichte beispiellose wirtschaftliche Aufholfahrt begeben. Der Modernisierer Deng bescherte China seither ein Turbo-Wachstum von durchschnittlich mehr als neun Prozent. In den achtziger und neunziger Jahren wurden phasenweise zweistellige Zuwachsraten erzielt.

Zwar wurde auch China von der anhaltenden Finanz- und Wirtschaftskrise hart getroffen, doch es scheint die Verwerfungen vor allem durch das Ende 2008 verabschiedete massive Konjunkturprogramm von 486 Mrd. US-Dollar zur Stimulierung von Investitionen und des privaten Konsums nicht nur abzufedern, sondern abzuschütteln. Im Krisenjahr 2009 betrug das Wirtschaftswachstum 8,7 Prozent, für dieses Jahr wird mit einer weiteren Steigerung gerechnet.

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