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Aktuelle Entwicklungen der in vitro-Diagnostik

07.07.2011

3. Berlin-Brandenburger Technologieforum

BioTOP 06. Juli 2011 - auch hier zu lesen  

Eine möglichst frühzeitige, spezifische und vor allem verlässliche Diagnostik erlangt angesichts wachsender ökonomischer und medizinischer Herausforderungen im Gesundheitssystem eine stetig wachsende Bedeutung. Dies wurde auf dem 3. Berlin-Brandenburger Technologieforum klar, das Anfang Juni in der IHK Potsdam stattfand. Etwa 130 Teilnehmer konnten die Organisatoren rund um Günter Peine vom Zentrum für Molekulare Diagnostik und Bioanalytik (ZMDB) in der brandenburgischen Landeshauptstadt begrüßen. Weitere Kooperationspartner waren BioTOP und das Netzwerk Diagnostik Berlin-Brandenburg e.V.

Kai-Uwe Bindseil legte die Latte hoch: „Es ist keine Frage, dass die Bedeutung der Diagnostik in der Medizin zunehmen wird. Allerdings steigt damit auch der Wettbewerb. Es wird nur derjenige erfolgreich sein, der technologisch vorne liegt", so der Geschäftsführer des Berliner Aktionszentrum  BioTOP. Der Vertreter  des Ministeriums für Wirtschaft und Europaangelegenheiten des Landes Brandenburg Carsten Enneper  bescheinigte dem Standort gemeinsam mit der Region München in Deutschland, aber auch in Europa eine führende Stellung: „3.500 Beschäftigte und Umsätze von 450 Mio. Euro sprechen hier eine deutliche Sprache."

Rund 15 Sprecher waren eingeladen, ihre Sicht auf die aktuelle Entwicklung der in vitro-Diagnostik zu teilen. Dabei ging es sowohl um die Technologieentwicklung, Biomarker in der klinischen Forschung sowie industrielle Entwicklungen und medizinische Anwendungen. Den Impulsvortrag hielt Oliver Pötz vom Naturwissenschaftlichen und Medizinischen Institut der Universität Tübingen. „In der Zukunft könnte es durchaus möglich sein, dass wir morgens unseren Finger auf einen Teststreifen legen und augenblicklich unseren Gesundheitsstatus angezeigt bekommen." Wann das so weit sein wird, darauf mochte er sich nicht festlegen. „2020 wird es aller Wahrscheinlichkeit noch nicht so sein", so Pötz. In den vergangenen 50 Jahren habe die Proteinanalytik jedoch einen rasanten Aufschwung erlebt - vom ersten Radioimmunoassay, entwickelt 1960, über den ersten Sandwich-Proteinarray, der 1989 bei Boehringer Mannheim erfunden wurde, bis hin zu den komplexen Assays, die heute zum Standard gehören. Die Entwicklung der vergangenen Jahre habe vor allem sensitivere und kleinere Tests hervorgebracht. Das Miniaturisierungspotential sieht Pötz jedoch weitgehend ausgereizt. „Wenn die Probenkammern noch kleiner werden, reicht das Volumen nicht mehr aus, um ausreichend Analyten in der Probe zu haben." Heute gibt es zahlreiche Technologieplattformen und Auslesesysteme auf dem Markt. Dies erfolgt über ELISA, Protein-Arrays oder Massenspektrometrie. Deren Problem ist jedoch die Sensitivität: „MS-basierte Methoden brauchen eine rund 1.000fach höhere Konzentration als Arrays. Daher wird vor der Detektion ein Anreicherungsschritt benötigt", so Pötz. „Ihr Vorteil aber ist, dass tatsächlich nur das gemessen wird, was in der Probe ist. Falsch-Positive gibt es nicht." Auf der Assay-Seite gibt es derzeit Antigen- oder Antikörper-basierte Tests sowie Multiplex-Assays. Sie ermöglichen heute, bis zu 400 verschiedene Plasmaproteine gleichzeitig in einer Patientenprobe zu detektieren. Das ist etwa für Biomarker-Panels wichtig, denen Pötz zufolge die Zukunft der Diagnostik gehört. Diese Multiplex-Tests sind jedoch noch recht neu. Erfahrungswerte fehlen. „Wenn ich gleichzeitig 40 Messungen durchführe, davon 39 positiv sind, aber eine Messung nicht stimmt, muss ich dann die gesamte Messung verwerfen oder sind die anderen Werte verlässlich?", fragte der Baden-Württemberger in das Publikum. Entscheidend für die Qualität der Messungen seien einwandfreie Antikörper: „Die Formel ist einfach: Gute Antikörper ermöglichen gute Tests."

Im ersten Plenum, das sich der Technologieentwicklung widmete, schilderte zunächst Christian Wenger von der IHP GmbH in Frankfurt/Oder, wie Mikroelektronik zusammen mit Telemedizin und Sensorik  neue Produkte hervorbringen kann. Eric Nebling vom Fraunhofer Institut für Siliziumtechnologie in Itzehoe stellte eine neue Chiptechnologie für die Diagnostik der Zukunft vor. Paul Dietrich von der Bundesanstalt für Materialforschung- und -prüfung erzählte von den Schwierigkeiten bei der Entwicklung eines Prüfstandards für Microarrays.

In der Mittagspause besuchten die Teilnehmer die begleitende Industrieausstellung, besetzt vor allem von regionalen Anbietern wie etwa Astra Biotech oder MEDIPAN. Im zweiten Teil des Programms widmete sich Michael Hummel von der Charité dem Thema Biobanken: „Sie sind eine wichtige Grundlage für die Entdeckung und Validierung neuer Biomarker." Pro Jahr werden an der Charité rund 150.000 Paraffinschnitte gesammelt, deren Wert allerdings durch den Abbau von Makromolekülen wie etwa Proteinen begrenzt ist. Das Ziel ist es daher, die Gewebeschnitte direkt einzufrieren. „Mittlerweile haben wir etwa 50.000 eingefrorene Gewebeproben eingelagert." Doch eine Biobank besteht aus mehr als nur eingelagerten Proben. Vor allem deren Charakterisierung bestimmt ihren Wert. Hier beginnt die datenschutzrechtlich sensible Zone. Hummel ist sich jedoch sicher: „Ein neues Biobankgesetz brauchen wir definitiv nicht." David Henderson von der Bayer AG berichtete, wie Biomarker in die Onkologieprogramme des deutschen Pharmakonzerns Eingang finden. Annika Fendler von der Charité beleuchtete schließlich die diagnostische und prognostische Bedeutung von miRNAs in urologischen Tumoren. Interessante Einblicke in die Erregerdiagnostik gewährte Martin Aepfelbacher vom Universitätsklinikum Eppendorf. Der Hamburger weist mit Hilfe massenspektrometrischer Methoden systematisch Erreger nach. Neuestes Projekt: Bakterien an ihrem Geruch erkennen. Das dritte Plenum begann mit einem Vortrag von Rainer Metternich vom Berliner Start-up caprotec Bioanalytics GmbH, das eine Proteomics-Plattform zur Identifizierung von Targets und zur Optimierung von Leitstrukturen und Medikamenten entwickelt. Ulf Reimer (JPT Peptide Technologies GmbH) präsentierte eine von seinem Unternehmen entwickelte Werkzeugbox, mit der Protein-Biomarker entdeckt werden können. Die Astra Biotech GmbH in Luckenwalde hat einen neuen Microarray für die Allergiediagnostik entwickelt, den  Anna Fot in Potsdam präsentierte. Stephan Robst von der AJ Innuscreen GmbH in Berlin gab schließlich einen Einblick in die mobile Erregerdiagnostik, der sich sein Unternehmen widmet. Die Bilanz der Teilnehmer und Organisatoren fiel daher auch positiv aus: „Das Berlin-Brandenburger Technologieforum hat sich als Schaufenster und Treffpunkt für die in vitro-Diagnostik-Szene in der Region erneut bewährt", so Günter Peine. 

Autor/Quelle | ZMDB - Quelle BioTOP - auch hier  zu lesen

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