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Eine gemeinsame Transfer-GmbH der Hochschulen

28.09.2011

  Eine gemeinsame Transfer-GmbH der Hochschulen

Diskussion über den Wissen- und Personaltransfer zwischen Industrie und Wissenschaft  in Berlin

In seiner jüngsten Kooperationsveranstaltung befaßte sich das Innovationsnetzwerk der Berliner Metall- und Elektroindustrie mit dem Stand der Transferbeziehungen zwischen den Hochschulen und Industrieunternehmen in Berlin. Aktuelle Projekte wurden von sechs Firmen vorgestellt. Abschließend unterzeichneten die Netzwerkakteure eine Kooperationserklärung, die vor allem auf Regulierungen zur Vertragsgestaltung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft.

Zu Beginn der Veranstaltung in den Räumen des Spreespeichers an der Oberbaumbrücke skizzierte Netzwerkmanager Andreas Buchwald  die in den letzten Jahren erzielten Erfolge in der Kooperation, so in Gestalt des Steuerungskreises Industriepolitik oder den Projekten des Masterplans Industrie. „Es gibt viel Engagement und viel ist erreicht", sagte Buchwald. Anders als noch vor sechs Jahren gebe es heute in Berlin Konsens darüber , dass die „Berliner Industrie große Potentiale birgt, die gehoben werden können".  Mehr Wirtschaftswachstums und mehr Beschäftigungseffekte ließen sich  durch eine intensivere Kooperation zwischen Unternehmen und Wissenschaftlern erreichen.

In den letzten Jahren wurden die Transferprozesse zwischen den Unternehmen des Netzwerks und den Hochschulen (TU, HTW, Beuth) ausgeweitet. Im ersten Teil der Veranstaltung stellten sechs Unternehmen dar, wie sich Kooperationsbeziehungen konkret entwickelt haben. Es präsentierten Vertreter von BSH, Schleicher electronic, Alstom Power Service, Stadler Pankow, Pepperl+Fuchs sowie MAN Turbo.

Im zweiten Teil der Veranstaltung wurden die Beispiele in einer Diskussionsrunde, an der auch Wissenschaftssenator Zöllner teilnahm, bewertet.  Eine Frage, die aus unterschiedlichen Blickwinkeln gestellt wurde, war, wie sich die begonnen Beziehungen weiter vertiefen und nachhaltig gestalten lassen.  Ziel sei es, so Moderator Buchwald, „die Zwänge aller Kooperationspartner lösungsorientiert zu beleuchten, um in der Perspektive Win-Win-Situationen zu ermöglichen".

In der Diskussion wurde darauf verwiesen, dass es in Berlin bereits infrastrukturelle Lösungen zur Verbesserung des Transfers gebe. Als Beispiele wurden die Patentagentur ipal, das Institut für angewandte Forschung der Berliner Fachhochschulen IFAF (das am 15.11. sein zweijähriges Bestehen mit einer Veranstaltung feiert, Hinweis) oder die Transferallianz genannt. Andererseits wurde ebenso häufig der Bedarf an neuen oder verbesserten Infrastrukturen angesprochen.

Aus der Wissenschaft (Thümer, Zöllner) kam die Anregung, in Berlin zu einer neuen außer-hochschulischen Transfer-GmbH nach dem Muster der Fraunhofer-Gesellschaft zu kommen.  Diese Einrichtung könnte als Wirtschaftsunternehmen agieren,  mit dem ausdrücklichen Ziel der Gewinnerzielung, und unterläge nicht den Bedingungen des Hochschulrechts und des akademischen Gremienwesens.  Nach Zöllners Vorstellung könnte diese GmbH eine privatrechtliche Tochter der Berliner Hochschulen sein. Seiner Kenntnis nach gebe es noch nichts Vergleichbares in Deutschland. Mit dem Vorschlag sei er bereits an TU-Präsident Steinbach herangetreten.

„Ein objektives Dilemma in Berlin ist die Intransparenz des Transferangebots", stellte HTW-Präsident Heine fest. Es sei für die mittelständische Wirtschaft nicht zu überblicken, was die vier Universitäten und acht Fachhochschulen der Stadt an konkreten Innovationen für sie bereit hielten.  Seine Hochschule, die HTW, habe in Reaktion darauf das Referat „Contact" gegründet, das Anfragen  aus der Wirtschaft zentral aufnimmt und dann hinter den Kulissen nach dem richtigen Wissenschafts-Ansprechpartner sucht und dies dem Anfrager rückmeldet.  

Aus Sicht der konkreten Kooperationspraxis wandte TU-Professor Thamsen (dessen Hydraulik-Institut wesentlich an der Waschmaschinen-FuE mit BSH beteiligt ist) ein, dass nicht alles reguliert werden müsse, um zur Zusammenarbeit zu kommen. Er persönlich mache sogar einen Bogen um Patentanmeldungen, da auf diese Weise die Konkurrenz auf technische Neuentwicklungen geradezu aufmerksam gemacht werde.  Die rund 250 FuE-Aufträge, die sein Institut pro Jahr für Unternehmen ausführe, seien mit normalen Dienstleistungsverträgen unter Berücksichtigung der Trennungsrechnung abzuwickeln. Viel wichtiger als juristische Bedingungen sei die mental-kreative Zusammenarbeit, wie sie Thamsen am Beispiel  eines Unternehmens schilderte, mit dem sein Institut bereits seit sieben Jahren kooperiert.  In dieser Zeit seien 30 bis 40 Themenstellungen bearbeitet worden - „ergebnisoffen:  das heißt,  wir wissen am Anfang nicht, was am Ende herauskommt ".  Die Hochschule profitiere  nicht nur finanziell, sondern auch in ihrer Funktion als Qualifikationsstätte:  aus der Kooperation ist auch eine Promotion hervorgegangen.

Arno Hager von der IG Metall brach indes eine Lanze für eine institutionelle Verbesserungslösung. Man müsse sich ständig vor Augen, so der Gewerkschafter, welchen industriellen Aufholprozess Berlin trotz einiger Erfolge im Vergleich mit westdeutschen Ballungszentren noch vor sich habe.  In  den Transfer, so Hager, „muss mehr Power rein". Die Transferlandschaft müsse vereinfacht und effizienter gestaltet werden. Das gehe letztlich nur mit mehr Geld  und Personal.  Dieser Realität müsse man sich stellen.  So müsse zum Beispiel Berlin seinen Vorteil einer hohen Zahl von Hochschul-Absolventen mehr für die eigene Ökonomie nutzbar machen.

Angeschnitten wurde auch das Thema der „Dualen Promotion", allerdings stellte sich in der Diskussion heraus, dass hiermit vor allem die Kooperation von Universitäten und Fachhochschulen (noch ohne Promotionsrecht) angesprochen ist,  und weniger die Wirtschaft.

 

Manfred Ronzheimer für InnoMonitor Berlin-Brandenburg

 

Weitere Informationen:

www.innonetz-berlin.de

 

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