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„Das ganz große Spiel"

30.09.2013

 „Das ganz große Spiel"

Springer-Chef Matthias Döpfner bei den Frühaufstehern  in der Berliner IHK

Frühstück ohne Zeitung. So war's heute morgen in der IHK.  Irgendwas hatte mit der Logistik nicht geklappt. Am Ende lagen dann doch alle Blätter aus. Zunächst gab es aber statt Zeitung den Zeitungschef selbst, mehr noch: Verlagschef, Konzernvorstand. Matthias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer AG war Gast bei der Frühaufsteher-Veranstaltung in im Ludwig Erhard Haus. Zum zweiten Mal übrigens, eine solche Ehrung wird nur wenigen zu Teil. Im Vorfeld einer medienpolitischen Analyse, die ich später bringe, hier einige erste kursorische Eindrücke von der Veranstaltung.

Döpfner war die Botschaft wichtig, dass sein Haus auch nach dem Verkauf  von Regional-, Frauen- und Programmtiteln (darunter die „Berliner Morgenpost") weiter ein Medienhaus bleiben will, das auf dem Produkt „Journalismus" basiert. Der Abschied vom Trägermedium Papier sei aber unvermeidlich. Der Printbereich verliere jedes Jahr 10 Prozent an Auflage. Die Digitalisierung des Geschäfts und der Inhalte folge dem traditionellen Ertragsmix der Pressehäuser: Im Informationsportal wird der Content, die journalistischen Artikel, dargeboten. Sie konstituieren den Kern der Marke. Daneben gibt es die Werbeeinnahmen, die mit passgenauen Online-Anzeigen generiert werden und den Sektor der digitalen Kleinanzeigen für Jobs, Immobilien und Autos. Der Verkauf an die Funke-Gruppe sei nötig gewesen, weil dem ASV vom Kartellamt der Zukauf weiterer Blätter untersagt worden war. Was Funke jetzt macht, die Bildung von Zeitungsketten, war Springer verboten. Die Transaktion wurde aber durch einen guten Preis versüßt. Üblicherweise wird beim Verkauf von Zeitungshäusern der dreifache Jahresumsatz kalkuliert, hier war es der Neunfache.

Zwei große mediale Gefechtslagen in der sich ungeplant vollziehenden Medienwende skizzierte Döpfner,  erst am Schluß und leider zu knapp. Das eine ist der Kampf der privaten Medienhäuser gegen die Öffentlich-Rechtlichen Fernsehanstalten, um zu verhindern, dass über den Umweg des Internet, in dem textliche Beschreibungen und Ergänzungen zu den Sendungen erhältlich sind, so etwas wie öffentlich-rechtliche Zeitungen (Döpfner: „Staatspresse") entstehen. Das andere ist das Wetterleuchten, das hinter dem Kauf  der Washington Post durch Amazon-Gründer Bezos steckt. „Das ist das ganz große Spiel", so der ASV-Chef. „Die Technik-Anbieter (wie Google, Apple, Amazon) wollen Verlage werden - und wir, die Verlage, wollen es bleiben".

Nichts von der Welt der heutigen digitalen Informationsgiganten war vor sechs Jahren zu erahnen, als Döpfner zuletzt in der Berliner IHK sprach. Und in den nächsten sechs Jahren, wer gewinnt? Technik oder Content? Der Springer-Chef faltete ein Blatt Papier und sprach davon, dass auch dies die Zeitung der Zukunft sein könne, als faltbare Plastik-Zeitung für die Hosentasche. Wird sie herausgezogen wegen stylischer Technik oder wegen der Inhalte, die man lesen will?

  Seine alarmierende Botschaft für den Berliner Zeitungsmarkt verpackte Döpfner nur für Insider wahrnehmbar in einer spitzen Bemerkung gegen den öffentlich-rechtlichen Journalismus, wonach es nur eine Frage der Zeit sei, wenn Zeitungshäuser nach fünf Jahren in den roten Zahlen beginnen würden, über öffentliche Stiftungsmodelle nachzudenken.

(Weiterer Bericht folgt)

Manfred Ronzheimer für den InnoMonitor Berlin-Brandenburg  

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http://www.ihk-berlin.de/

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