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Schwimmen und ertrinken im Müll

07.11.2013

Schwimmen und ertrinken im Müll

 

Neue Urania-Reihe mit Naturkundemuseum und Ecologic Institut

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  Andreas Kraemer will schocken, aber er ist so fair, sein Urania-Publikum vorher zu warnen. „Wenn die Bilder zu schlimm sind, machen Sie die Augen zu", empfiehlt der Chef  des Berliner Umwelt-Thinktanks Ecologic. Dann folgt ein Videofilm, der auf  das Vogelparadies der Midway-Inseln entführt, verloren in den Weiten des Pazifik. Kolonien von Albatrossen kümmern sich um ihre Brut, kein Mensch stört sie. Aber für viele Vögel geht es mit dem Leben bald wieder zu Ende, sie sterben vor der Zeit. Als Vogelschützer sie sezieren, zeigt sich die Todesursache: die Mägen der Tiere sind voller Plastikteile, Flaschenkapseln, Spielzeugtrümmer, sogar Einweg-Feuerzeuge. Von den Albatrossen werden sie, auf den Wellen schwimmend, irrtümlich als Nahrung identifiziert und verschluckt, aber ihr Organismus kann die Kunststoffe weder verdauen noch wieder ausscheiden. Zivilisations-Müll, den es bis ans Ende der Welt gespült hat, vernichtet unberührte Natur. Unberührte Natur, die es im Anthropozän nicht mehr gibt.  

 

 

 

So begann am Montagabend in der Urania die Eröffnungsveranstaltung der Reihe „Biodiversität - lokal/global", die von der Urania, dem Museum für Naturkunde und dem Ecologic Institut gemeinsam durchgeführt wird. Bis zum Juni nächsten Jahres stehen neun Einzel-Veranstaltungen zu allen Aspekten der Biodiversität auf dem Programm. 

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Prof. Johannes Vogel, als Chef des Naturkundemuseums Hüter von 30 Millionen gesammelten Objekten aus Fauna, Flora und der unbelebten Natur, freut sich, erstmals in der Urania zu sein. Zwei ehrwürdige Wissens-Institutionen (1810, 1888) haben sich gefunden. Für seinen Bereich der Biodiversität sei Berlin eine der weltweit führenden Forschungsstandorte, schwärmt der von der Themse an die Spree gewechselte Museums-Mann mit dem Museum-Schnurrbart. Im Rockströmschen Ranking der planetaren Grenzen steht  die Biodiversität an Nummer eins der am meisten gefährdeten Öko-Bereich. Dabei haben die Wissenschaftler die Bestandsaufnahme der Arten noch immer nicht abgeschlossen: 1,5 Millionen Spezies sind wissenschaftlich erfasst (mit 15 Millionen Namen). Aber ob es real 8 oder 80 oder 800 Millionen Arten gibt - niemand weiß es. Vogel. „Es gibt noch ganz viel zu tun". Auf der anderen Seite geht das Artensterben rasant voran ebenso wie eine Schrumpfung in der Nutzung. Heute stammen 90 Prozent der Nahrung, die der Mensch zu sich nimmt, von lediglich 16 Arten von Ernährungspflanzen und Tieren.  

Im weiteren Teil ging Vogel auf Fragen der Kommunikation ein, des Verständlichmachens von Wissenschaft und der gesellschaftlichen Bewusstseinsbildung für den Schutz der Umwelt. 

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Abschied von der Fleeze-Jacke

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Prof. R. Andreas Kraemer, Gründer und Direktor des Ecologic Instituts, gab anschließend einen Überblick über die  globale Verschmutzung der Meere und die Auswirkungen auf das vielfältige Leben im Wasser. Zentrales Problem der Kunststoff-Produkte ist ihre Unverrottbarkeit. Eine Plastikflasche kann 450 Jahre halten, das schafft kein Staat, er Vatikan ausgenommen. Größtes Problem ist die weltweite Verbreitung des Plastikmülls und seine Miniaturisierung in kleine Partikel („Plastik-Suppe"), die von der Tierwelt aufgenommen wurde. Kraemer empfahl ein unappetitliches Gourmet-Experiment mit Austern. An erster Stelle sah der Ecologic-Chef die Politik in der Pflicht, gesetzliche Mauern gegen die Plastikflut zu errichten. Auch die Forschung sei gefragt, nach ihren Erfolgen bei unkaputtbaren Polymeren nun einer grünen Chemie zum Durchbruch zu verhelfen, die sich in natürliche Kreisläufe wieder einfügen könne. Und die Verbraucher? Auf jeden Fall die Fleeze-Jacke entsorgen, empfahl Kraemer.   

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Manfred Ronzheimer für InnoMonitor Berlin-Brandenburg  Mehr hier:

 

 

 

http://www.ecologic.eu/de/10003

Veranstaltungsflyer [pdf, 1.2 MB]

http://www.ecologic.eu/files/events/2013/Biologische_Vielfalt_2013-2014.pdf

Ankündigung der Urania Veranstaltung:

http://www.urania.de/programm/2013/s113/

 

UN4549

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