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Potenzielle Wirtschaftspolitik

19.12.2013

 

Potenzielle Wirtschaftspolitik

 

IHK/DIW-Studie „Wirtschaftsentwicklung in Berlin: Szenario 2030"

 

 Potenzialentfaltung ist das Wort des Jahres im Bildungsbereich. Es meint: Die Kinder nicht nur nach bestimmten Curricula zu schulen und zu erziehen, sondern das in ihnen steckende Potenzial zur Entfaltung zu bringen. Jetzt ist der Begriff auch in der Wirtschaftspolitik angekommen. Gestern stellte die Berliner IHK eine von ihr gemeinsam mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) erarbeitete Studie vor, nach der sich der Wirtschaftsstandort Berlin in den kommenden Jahren überdurchschnittlich gut entwickeln könnte - „wenn die existierenden Potenziale ausgeschöpft werden".

 

 

Vorgestellt wurde die „Studie" - ein 32-Seiten-Papier mit dem Titel „Wirtschaftsentwicklung in Berlin: Szenario 2030" - von IHK-Vize Christian Wiesenhütter und dem DIW-Forscher Martin Gornig. Fachkommentare kamen vom DGB und der IBB. Auffallend war, dass kein unmittelbarer Vertreter der Berliner Wirtschaftspolitik, eine Senatorin oder ein Staatssekretär, die Expertise in Empfang nahm. Eine Vorläuferstudie zur perspektivischen Wirtschaftsentwicklung aus der gewerkschaftsnahen Böckler-Stiftung - von Wiesenhütter als die „rote Bibel" bezeichnet - war 2009 noch im Berliner Rathaus mit der Politikspitze vorgestellt worden.

 

Die IHK/DIW-Studie nimmt eine Analyse des Berliner Wirtschaftsaufschwungs der letzten Jahre vor, identifiziert die dafür ursächlichen Potenziale und macht daraus Ableitungen für die nächsten 15 Jahre. Wenn alles gut läuft - so ein zentrales Ergebnis - könnte sich Berlin bis 2030 wirtschaftspotenziell so entwickelt haben, dass im nationalen Rahmen ein Status erreicht wird, wie ihn heute die Hauptstadt Rom innerhalb der Wirtschaft Italiens einnimmt. Das BIP je Einwohner läge dann, 2030, in Berlin „gut 10 Prozent über dem Bundesdurchschnitt", extrapoliert die Studie.

 

Zwei Faktoren sind für die zukünftige Berliner Wirtschaftsentwicklung entscheidend: Das FuE-Potenzial und das Kulturpotenzial. Diese Faktoren wurden dann aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet: werden sie konsequent ausgeschöpft und aktiv ausgebaut oder werden sie strukturell zu wenig genutzt und lediglich passiv begleitet? Das führte zu vier Entwicklungs-Szenarien mit den Schlagworten: Kreativmetropole, Wirtschaftsmetropole, Wohnstadt und Gründermetropole.

Das positivste Szenario firmiert unter „Wirtschaftsmetropole", weil hier die optimale Ausschöpfung des FuE-Potenzials mit einer aktiven Förderung des Kulturpotenzials einhergeht. „Berlin würde sich in diesem Fall als überdurchschnittlich wachsende Metropole mit innovativen Gütern und Dienstleistungen sowie hoher kultureller Strahlkraft etablieren".

Die negative Gegen-Variante wäre die „Wohnstadt", als die Berlin zwar ein Ort guten Wohnens und Lebens bleibt, aber seine wirtschaftlichen Möglichkeiten nicht ausschöpft und kein dauerhaft überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum realisieren kann.

 

Für den Zeitraum nach 2020 bewegen sich die Abschätzungen ziemlich im Nebel. Fest steht, dass der demographische Wandel das kinderlose Deutschland in ein Schrumpfland verwandelt haben wird, in dem nur ganz wenige Hotspots - nämlich die größten Städte - Zuwanderungsgewinne verbuchen können. Wie groß der für Berlin sein wird, ist umstritten. Die IHK/DIW-Studie legt für ihre Szenarien ein Bevölkerungsplus von 100.000 Einwohner bis 2030 zugrunde. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hielt kürzlich im Rahmen ihres StEK 2030 eine Zunahme um das Vierfache, um 400.000 mehr Menschen, für möglich.

Spannend wird die Zukunft der Arbeit. „Die Erwerbstätigkeit dürfte gegenüber 2020 nur noch wenig zulegen", erwartet die IHK/DIW-Studie. Bis dahin - Zeitraum 2012 bis 2020 - wären aber zusätzliche Jobs für „gut 110.000 Personen" drin. Das wären die goldenen Zehner Jahre für Berlin.

 

Manfred Ronzheimer für InnoMonitor Berlin-Brandenburg

 

Hier zum Download der Studie bei der IHK

 

 

 

 

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