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Vereine als Rückgrat der Zivilgesellschaft

09.04.2014

Vereine als Rückgrat der Zivilgesellschaft

 

Konferenz über die Rolle der Kommunen im Rahmen der Berliner Stiftungswoche

Die Vereine sind in Deutschland nach wie vor und ganz überwiegend die organisatorischen Träger des zivilgesellschaftlichen Engagements. Dies betonte Holger Krimmer vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft am Dienstag in der Veranstaltung "Zivilgesellschaft und Kommunen", die im Rahmen der 5. Berliner Stiftungswoche in der NRW-Landesvertretung stattfand. Veranstalter der ganztägigen Konferenz waren die Forschungsstelle Zivilgesellschaft in Zahlen (ZiviZ) des Stifterverbandes, die Bertelsmann Stiftung und die Fritz Thyssen Stiftung, die Landesregierung Nordrhein-Westfalen und die Herbert Quandt-Stiftung.

 

Krimmer stellte die Ergebnisse des "ZiviZ-Survey 2012" vor, die der Stifterverband erstmals Ende November 2013 vorgelegt hatte. Nach dieser Erhebung besteht der "dritte Sektor" in Deutschland, sofern er eine juristische Form gefunden hat, aus 610.000 Organisationen, wie die ZiviZ-Forscher bei Durchforstung der entsprechenden amtsgerichtlichen Registermeldungen herausfanden. Davon ist der übergroße Anteil, nämlich 580.000, ein eingetragener Verein (e.V.). Weiter gibt es an Organisationen mit Gemeinwohl-Charakter rund 17.000 Stiftungen, 10.000 gemeinnützige GmbHs und 8500 Genossenschaften. "Was wir nicht beziffern können", relativierte Krimmer, "sind die informellen Strukturen der Zivilgesellschaft, wie etwa Nachbarschafts-Netzwerke".

In diesen vier erfassten Organisationsformen sind rund 17,5 Millionen Menschen aktiv, davon 97 Prozent in Vereinen. (Der Engagement-Bericht der Bundesregierung geht von 23 Millionen Aktiven aus). Es werde zwar viel über neue Organisationsformen, wie etwa Genossenschaften, gesprochen. Dennoch, so Krimmer, "dominiert die traditionelle Organisationsform des Vereins weiterhin". Das Wachstum über längere Frist ist gigantisch. 1960 waren 86.000 Vereine in Deutschland registriert, 2005 waren es knapp 600.000 (594.000). Die letzte verfügbare Zahl von 580.000 könnte als Rückgang gedeutet werden, aber Statistikforscher Krimmer verwies darauf, dass in diesem Zeitraum der Übergang von der analogen zur digitalen Registratur eingesetzt habe, der mit der Beseitigung von einigen "Karteileichen" (nicht mehr aktiven, aber nicht abgemeldeten Vereinen) verbunden gewesen sei.

Drei Viertel der Organisationsarbeit wird ehrenamtlich geleistet, also freiwillig. "Eine Krise des Ehrenamtes können wir nicht erkennen", stellte der ZiviZ-Forscher fest. "Wir sehen vielmehr eine positive Entwicklung". Zwar gebe es bei traditionellen Vereinen, die dem Sport und der Freizeit gewidmet seien, einen Mitglieder-Rückgang. Dafür steige in anderen Themenbereichen das Engagement deutlich an: In den Vereinen im Bereich sozialer Dienste seit 2007 um 33 Prozent, im Umwelt- und Naturschutz um 26 Prozent, bei Bildung und Erziehung um 21 Prozent.

Der wichtigste Unterstützer für die Vereine sind die Kommunen - weniger über direkte finanzielle Förderung, sondern durch indirekte Unterstützung, indem Veranstaltungsräume oder Sportplätze unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. Weitere interessante Detailergebnisse der Studie (www.ziviz.info): In größeren Kommunen ist auch das Engagement der Vereine größer, was mit dem höheren Anteil an professioneller Betreuung durch Hauptamtliche zu tun hat. Und ein beachtlicher "Engagement-Treiber" sind die "jungen Alten" der 65- bis 74-jährigen, die nach dem Berufsende mehr Zeit für andere, zivilgesellschaftliche Tätigkeiten haben.

Weitere Themenpunkte der Veranstaltung sind in der Pressemitteilung unten aufgeführt.

 

Manfred Ronzheimer für InnoMonitor Berlin-Brandenburg

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8. Apr | 10.30 - 16 Uhr
Herbert Quandt -Stiftung
Zivilgesellschaft und Kommunen: Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis
Bürgerschaftliches Engagement stellt das Rückgrat unserer Zivilgesellschaft dar, lässt das "Wir-Gefühl" in Kommunen wachsen. Welche Faktoren begünstigen und welche hemmen freiwilliges Engagement? Wie stark engagieren sich die Menschen in den Bundesländern? Die Konferenz will den Austausch von Wissenschaftlern und Praktikern fördern, Impulse für die Arbeit vor Ort geben. In Kooperation mit der Landesvertretung und dem Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport Nordrhein-Westfalen und Zivilgesellschaft in Zahlen.
Wo ? Landesvertretung Nordrhein-Westfalens beim Bund | Hiroshimastraße 12 - 16 | 10785 Berlin

 

Pressemitteilung des Stifterverbandes : - hier

 

Wie kann die Zusammenarbeit zwischen Kommunen und Zivilgesellschaft weiterentwickelt werden? Was können neue Erkenntnisse aus der Wissenschaft und gesammelte Erfahrungen in Modellprojekten für die Entwicklung einer Kultur des Miteinanders beitragen? Das sind die zentralen Fragen, die auf der Fachtagung "Zivilgesellschaft und Kommunen" diskutiert werden. Lebendige Kommunen sind auf eine aktive Zivilgesellschaft angewiesen. Der größte Teil bürgerschaftlichen Engagements und zivilgesellschaftlicher Aktivitäten findet auf lokaler Ebene statt. Freiwillige Feuerwehren, gemeinnützige Kinderhorte, Bürgerstiftungen - in Vereinen, Stiftungen und anderen gemeinnützigen Einrichtungen wird das aktive Miteinander organisiert und sozialer Zusammenhalt erneuert. Doch da wo Zivilgesellschaft und Politik aufeinander stoßen, besteht oft ein mangelndes Verständnis für die andere Seite. Statt eines Miteinanders gibt es in vielen Kommunen eher ein Aneinander-vorbei. Die Forschungsstelle Zivilgesellschaft in Zahlen (ZiviZ) des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft, die Bertelsmann Stiftung und die Fritz Thyssen Stiftung, die Landesregierung Nordrhein-Westfalen und die Herbert Quandt-Stiftung laden mit der Tagung "Zivilgesellschaft und Kommunen" zum Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis ein.

Aus dem Programm:

Begrüßung, Volker Meier, Leiter der Landesvertretung NRW in Berlin
Zivilgesellschaft im Spiegel der Wissenschaft - Ergebnisse des ZiviZ-Survey 2012 - Dr. Holger Krimmer, Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft
Auf der Suche nach dem Wir-Gefühl - Eine Studie zu fördernden und hemmenden Faktoren für bürgerschaftliches Engagement in Mecklenburg-Vorpommern - Uwe Meergans, infratest dimap
Engagementförderung des Landes NRW - Kommunen im Fokus - Andrea Hankeln, Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW

Diskussionsrunde:
Dr. Christof Eichert, Herbert Quandt-Stiftung
Dr. Holger Krimmer, Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft,
Andrea Hankeln, Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW
Franz-Reinhard Habbel, Pressesprecher des Deutschen Städte- und Gemeindebundes
Moderation: Susanne Führer, DeutschlandRadioKultur

13:30 WORKSHOPS
- Zukunftsfaktor Bürgerengagement. Entwicklungswerkstatt für kommunale Engagementstrategien
- Stadtentwicklungspolitik und lokale Zivilgesellschaften: Aneinander vorbei oder auf gleichem Kurs?
- Vereine und Kommunen für junge Engagierte
- Förderung von Engagement im ländlichen Raum am Beispiel des Programms "Bürger.Innen.Land"
15:45 ERGEBNISSE AUS DEN WORKSHOPS

Fishbowl-Diskussion
Dr. Christof Eichert, Herbert Quandt-Stiftung und
Franz-Reinhard Habbel, Pressesprecher des Deutschen Städte- und Gemeindebundes

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Beachten Sie auch diese Berichte über die Stiftungswoche: 

 

 07.04.2014
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06.04.2014
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Stiftungswoche: Die Heinrich Böll-Stiftung suchte nach der "grünen Erzählung" 

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 05.04.2014
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03.04.2014
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http://www.innomonitor.de/index.php?id=132&be=3708

04.04.2014
Aktion direkt: Neuer Trend im Bürgerengagement
DIFU-Expertenrunde im Rahmen der Berliner Stiftungswoche
http://www.innomonitor.de/index.php?id=132&be=3709

 

 

ZN10063

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