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Empfang für Neustifter

21.05.2014

Empfang für Neustifter

Berlin hat jetzt 824 Stiftungen, davon 37 ganz junge

Die Beauftragte für Bürgerschaftliches Engagement, Staatssekretärin Hella Dunger-Löper, begrüßte im Namen des Regierenden Bürgermeisters am Dienstag, 20. Mai 2014, um 17 Uhr die Berliner Neustifterinnen und Neustifter auf dem traditionellen Empfang im Roten Rathaus. Fünf neue Stiftungen stellten sich selbst kurz vor: Westerwelle Foundation, Bürgerstiftung Treptow-Köpenick, Kaspar Hauser-Stiftung, Heinz und Heide Dürr-Stiftung, Brungs-Stiftung. Die Festrede hielt Peter Ackermann von der Kreuzberger Kinderstiftung.

Dunger-Löper sagte: "Ich freue mich über das große bürgerschaftliche Engagement der Stifterinnen und Stifter in unserer Stadt. Sie übernehmen Verantwortung und leisten einen wichtigen Beitrag zur Stärkung unserer Zivilgesellschaft. Dabei setzen sie sich mit viel Kreativität und Gestaltungskraft für das Gemeinwohl ein. Dafür gebührt ihnen unser Dank." (Quelle: Senatsmitteilung)

Berlin zählt einschließlich der Neustiftungen 824 Stiftungen mit einem Vermögen von rd. 3,8 Mrd. €. In den vergangenen zwölf Monaten wurden 37 Stiftungen gegründet, darunter die fünfte Bürgerstiftung Berlins. Bürgerstiftungen sind unabhängige gemeinnützige Stiftungen von Bürgern für Bürger mit breitem Stiftungszweck in einem begrenzten Gebiet. (1)

Die Staatssekretärin begründete, warum sich der Senat seit einigen Jahren verstärkt beim Thema "Bürgerschaftliches Engagement" selbst engagiere: Das Engagement der Bürger in ihrem unmittelbaren Umfeld sei für das Funktionieren von Gesellschaft unverzichtbar. Inzwischen gebe es im Berliner Abgeordnetenhaus einen eigenen Ausschuss zum Thema. Dunger-Löper verwies weiter darauf, dass bürgerschaftliches Engagement im Zuge des demographischen Wandels in den nächsten Jahren "außerordentlich an Bedeutung gewinnen" werde. (Hinweis auf die Veranstaltung am 23.6.)

Eine wichtige Säule des bürgerschaftlichen Engagements und Mäzenatentums verkörperten die Stiftungen. Eine Reihe von Berliner Stiftungen stammten noch aus dem 19. Jahrhundert. Mit dem Nationalsozialismus 1933 sei diese Entwicklung abgebrochen worden, auch nach 1945 habe das Berliner Stiftungswesen nicht mehr Anschluss an frühere Zustände finden können. Doch in den letzten zehn Jahren sei es zu einer "explosionsartigen Entwicklung" gekommen. Waren 2004 noch 471 Stiftungen in Berlin registriert, hatte sich deren Zahl bis 2011 auf 725 erhöht. In 2014 noch einmal 100 mehr: 824, mit einem gesamten Stiftungskapital von 3,8 Mrd Euro. An neuen Trends führte die StS an, dass zuletzt zwar zahlenmäßig weniger Stiftungen in Berlin gegründet wurden, dafür sei deren Stiftungskapital größer als früher. Eine erfreuliche Tendenz sei auch, dass einige große Stiftungen, die bisher nicht in Berlin ansässig waren, ihren Sitz in die Hauptstadt verlegt hätten. In zunehmenden Maße würden auch Bürgerstiftungen gegründet, inzwischen die fünfte.

 Wie man Freunde gewinnt

 Peter Ackermann führte in den Neustiftern am Beispiel seiner Kreuzberger Stiftung in amüsanter Weise vor Augen, was auf sie zukommt. "Wer eine Stiftung gründet, stellt überrascht fest, wie viele Freunde er hat." Von allen Seiten strömten dann Consultants, Juristen, Finanzberater, die vor Risiken schützen oder erklären wollten, wie man Steinen Gold machen könne. Neueren Zuschnitts seien Fundraiser oder Netzwerker. Letztere bemessen ihren Erfolg, so Ackermann in seinem kurzweiligen und erfahrungsgesättigten Vortrag, "im Nettogewicht der von ihnen gesammelten Visitenkarten". Die Kreuzberger Kinderstiftung war am 24. Juni 2005 mit einem ähnlichen Event gegründet worden. Zu den "unangenehmen wie unausweichlichen Tatsachen", denen sich die Gründer stellen müssten, gehöre es, dass die Stiftungen für die Ewigkeit gemacht seien, die Stifter aber mitnichten, weshalb frühzeitig an Nachfolgelösungen im Stiftungsvorstand gedacht werden sollte.

Mittelstand stärkt die Demokratie

Hans-Jürgen Beerfeltz, der seit vier Wochen die Westerwelle Foundation leitet, bezeichnete den Neustifterempfang im Rathaus als einen "würdigen Rahmen". Der USP seiner Stiftung sei es, die internationale Verständigung speziell an die mittelständische Wirtschaft heranzutragen. Mit anderen Worten: Die KMU in den Kontext der Entwicklungshilfe einzubinden. Zentrales Ziel sei es, auf diese Weise die Demokratie in den Entwicklungsländern zu stärken. "Unser Credo: Überall auf der Welt, wo es einen stabilen Mittelstand gibt, hat auch die Demokratie die besten Entfaltungsmöglichkeiten". Konkret geschehe dies, indem die Stiftung junge Talente aus den Entwicklungsländern nach Berlin bringe. Ein Jahr Duales Studium wird finanziert, das im Praxisteil in Berliner mittelständischen Betrieben stattfindet. Außerdem fördere die Stiftung Startup-Firmen in Entwicklungsländern mit einem Betrag von rund 100.000 Euro. Auch institutionelle Kooperationen werden unterstützt, wie die Hilfe von Volker Schlöndorff vom Studio Babelsberg beim Aufbau einer Filmhochschule in Ruanda. Beerfeltz kündigte an, dass im Juli ein großer Kongress der Stiftung stattfinden werde, in Kooperation mit der Bertelsmann-Stiftung und dem Aspen-Institut.

Bürgerstiftung unterstützt Kinder- und Jugendarbeit im Bezirk

Klaus Ulbricht, ehemaliger Bürgermeister von Treptow-Köpenick, schilderte die Entstehung der Bürgerstiftung in seinem Bezirk. Hierbei dankte er besonders der Stiftungsaufsicht, die wichtige Hilfestellung gegeben habe. Die Bürgerstiftung Treptow-Köpenich wurde am 22.10.2013 von 15 Privatpersonen und acht Unternehmen gegründet. Das Stiftungskapital betrug damals 93.000 Euro, ist inzwischen auf etwas über 100.000 Euro angewachsen; hinzu kamen Spenden in Höhe von 130.000 Euro, sowie der letzte Wille eines Erblassers, der der Stiftung ein Haus und ein Grundstück vermachte. Am 9.12.2013 wurde die Anerkennungsurkunde überreicht, seitdem ist die Stiftung rechtskräftige. Der Vorstand besteht aus sechs, der Stiftungsbeirat aus zehn Mitgliedern. Schwerpunkt der geförderten Projekte ist die Kinder- und Jugendarbeit im Bezirk, etwa ein Fußball-Sommercamp in den Ferien, oder die Finanzierung eines feuerfesten Vorhangs für das Figurentheater "Grashüpfer". Ein ökologisches Projekt ("Faszinosum Boden") ermöglicht Schülern eigene Forschung im lebendigen Erdreich.

Frühe Exzellenz fördern

Die Heinz und Heide Dürr-Stiftung ist zwar keine Neugründung, sie wirkt sein 15 Jahren, doch bisher in der Rechtsform einer gGmbH, und wurde nun in einen Stiftung umgewandelt, erklärte Geschäftsführerin Isa Baumgarten. Die thematisch breit aufgestellte Stiftung fördert neben Wissenschaft und Forschung (Alzheimerforschung, Institut für Energieeffizienz) auch die Kultur, wie Projekte des deutschsprachigen Theaters. Der größte Bereich ist die Bildungsförderung, insbesondere die frühkindliche Bildung. Das Projekt "Early Excellence" geht davon aus, dass jeder Mensch über Begabungen verfügt, die zur Exzellenz ausgebildet werden können, wenn das entsprechende Bildungsumfeld gegeben ist. Hier setze das Projekt bei Kindern in sozialen Brennpunkten an und sei dort "auf einem guten Weg", sagte Frau Baumgarten. Der Ansatz beruht auf Erfahrungen aus Kanada. Gefördert wird von der Dürr-Stiftung auch der Aufbau von Familienzentren.

Bei einem anschließenden Empfang war Gelegenheit zum fachlichen Austausch, auch für mögliche Neustifter im nächsten Jahr. Hingewiesen wurde auf die "Ehrenamtskarte" (www.ehrenamtskarte.berlin.de) und den Versicherungsschutz für bürgerschaftliches Engagement (Senatskanzlei/Ecclesia, Detmold). Angekündigt wurde die Auftaktkonferenz ZEIT FÜR NEUES Berlin am 23.06.2014 des STERNENFISCHER Freiwilligenzentrum in Kooperation mit dem Generali Zukunftsfonds und der Senatskanzlei Berlin im Roten Rathaus (2, mehr hier) (2) sowie den nächsten Berliner Stiftungstag am 14. November 2014.

Manfred Ronzheimer für InnoMonitor Berlin-Brandenburg

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http://www.westerwelle-foundation.com/
http://www.buergerstiftung-treptow-koepenick.de/
http://www.kh-stiftung.de
http://www.heinzundheideduerrstiftung.de
http://www.stiftung.brungs-web.eu/

Beachten Sie auch:

StiftungsMonitor Nr. 1
Berichte und Termine zu Stiftungen in Berlin
(27.05.2014)
http://www.innomonitor.de/index.php?id=132&be=3735

 

17.05.2014
Initialzündung für eine neue Agenda-Bewegung - Stiftung Entwicklung und Frieden diskutierte im Berliner Rathaus
http://www.innomonitor.de/index.php?id=132&be=3733

30.04.2014
Vom Schweigen in der Stadt - Kommentar: Das doppelte Kommunikationsdesaster der Berliner Stiftungswoche
http://www.innomonitor.de/index.php?id=132&be=3722

 

ZN10135

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