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Neue Stiftungsprofessur für optische Technologien

27.02.2009

 Birgit Kanngießer forscht an der TU Berlin mit dem Schwerpunkt Röntgenspektroskopie und Röntgenanalytik 

 

 

Am 23. Januar 2009 hielt Prof. Dr. Birgit Kanngießer ihre Antrittsvorlesung  zu dem Thema „Was Herr Röntgen heute sehen könnte: X-Strahlen als Sonde für die Untersuchung kondensierter Materie“.

 

Seit Wilhelm Conrad Röntgen im Jahr 1895 die „X-Strahlen“ entdeckte, sind Röntgenstrahlen zu einer unverzichtbaren Sonde für die Untersuchung der Struktur kondensierter Materie und ihrer elektronischen Eigenschaften geworden. Basierend auf den grundlegenden Wechselwirkungsarten von Röntgenstrahlen mit Materie existiert heutzutage eine Vielzahl von Röntgenmethoden. Sie bilden das optische Werkzeug für so unterschiedliche Bereiche wie die Mikro- und Nanotechnologien, die biologische Struktur- und Wirkstoffforschung sowie die Stoff- und Prozessanalytik. Beispiele dieser großen Bandbreite sind die tomographische Bildgebung der Bestandteile einer einzelnen Zelle, die Untersuchung vergrabener Nanoschichten, die Bestimmung der Elementverteilung in historischen Pergamenten und die zeitliche Abbildung der Schwingungen von Nanoschichten.

 

Ein wesentlicher Teil dieser Forschung lässt sich in Berlin und Brandenburg finden. Durch die neuartige Stiftungsprofessur soll die Forschung in der Region maßgeblich gestärkt werden.

„Die Einrichtung einer Stiftungsprofessur im Bereich optische Technologien mit dem Schwerpunkt Röntgenspektroskopie und Röntgenanalytik stärkt die Alleinstellung der TU Berlin auf diesem Gebiet innerhalb der Berliner Universitäten und verdeutlicht darüber hinaus den hohen Vernetzungsgrad mit der hochrangigen nationalen und internationalen Forschungs- und Unternehmerlandschaft auf diesem Sektor“, sagte Prof. Dr. Christian Thomsen, Dekan der Fakultät II Mathematik und Naturwissenschaften, an der die Stiftungsprofessur angesiedelt ist.

 

Diese Stiftungsprofessur stellt in der Wissenschaftslandschaft etwas Besonderes dar. „Der Technologiestiftung Berlin ist es gelungen, eine bisher neuartige Konstruktion für eine solche Stiftungsprofessur zu entwickeln und sie als gemeinnützige Stiftung anerkennen zu lassen“, erklärte Dr. Bruno Broich, Hauptamtlicher Vorstand der TSB Technologiestiftung Berlin. Normalerweise fungiert ein Großunternehmen als Stifter. Diesmal aber haben sich 13 in- und ausländische Firmen*, unter denen auch kleine und mittelständische regionale Unternehmen sind, zusammengeschlossen und eine gemeinnnützige Stiftung gegründet, die von der TSB treuhänderisch verwaltet wird.

 

„Ziel der Stifter ist es, sowohl die anwendungsnahe Forschung auf dem Gebiet der analytischen Röntgenphysik zu sichern und nachhaltig auszubauen, als auch eine fundierte Ausbildung der Studierenden an der TU Berlin für Röntgentechnologien und deren Anwendungen in der Mikro- und Nanotechnologie zu gewährleisten“, betonte Dr. Michael Haschke, Vertreter der Stiftung „Analytische Röntgenphysik“.

Die Stiftung ist mit 650 000 Euro ausgestattet. Von 2009 bis 2011 wird die Professur über den Masterplan „Wissen schafft Zukunft“ des Berliner Senats finanziert. Die TSB Technologiestiftung Berlin wird sich von 2012 bis 2016 mit einer Zuwendung engagieren. Ab 2017 soll dann die Stiftungsprofessur in eine Regelprofessur umgewandelt werden. Das haben die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur und die TU Berlin vereinbart.

Die 13 Stifter sind: Axo Dresden GmbH; Bruker AXS GmbH (Karlsruhe); Bruker AXS Microanalysis GmbH (Berlin); GE Inspection Technologies (Ahrensburg); Helmut-Fischer-Stiftung (Sindelfingen-Maichingen); IFG - Institute for Scientific Instruments GmbH (Berlin); Incoatec GmbH (Geesthacht); Prof. Dr. N. Langhoff (Berlin); Optigraph GmbH (Berlin); Panalytical BV (Almelo, Niederlande); Panalytical Research Centre, University of Sussex (England); rtw Röntgen-Technik Dr. Warrikhoff GmbH & Co. KG (Neuenhagen); Spectro Analytical Instruments GmbH & Co. KG (Kleve).

Quelle TU Berlin

 

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  Beachten Sie auch dieses Interview in TU-intern:

Ein großer Wurf

Montag, 09. Februar 2009

Die neue Stiftungsprofessur "Analytische Röntgenphysik" ist in der deutschen Hochschullandschaft etwas Besonderes

 Interview mit Dr. Bruno Broich, Hauptamtlicher Vorstand der TSB Technologiestiftung Berlin und mit Dr. Michael Haschke, Sprecher des Stiftungsrates und Global Product Manager der Bruker AXS Microanalysis GmbH, Berlin

Herr Dr. Broich, Herr Dr. Haschke, eine Stiftungsprofessur ist in der Wissenschaftslandschaft nichts Außergewöhnliches mehr. Die Stiftungsprofessur, die nun an der TU Berlin auf dem Gebiet der Röntgenanalytik eingerichtet wird, ist es aber schon. Was unterscheidet sie von anderen Stiftungsprofessuren?

Dr. Bruno Broich: Das Besondere dieser Stiftungsprofessur ist, dass sie von einer Vielzahl von Stiftern aus dem In- und Ausland getragen wird, von denen die meisten zu den sogenannten kleinen und mittelständischen Unternehmen zählen. Normalerweise gibt es einen Stifter, und meistens ist es ein Großunternehmen. Diese Stiftungsprofessur aber wird von 13 kleinen und mittelständischen Unternehmen, von denen einige hier in der Region Berlin/Brandenburg ansässig sind, finanziert. Da es zu den Kernaufgaben der Technologiestiftung Berlin gehört, die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft in Berlin und den Technologietransfer zwischen diesen beiden Bereichen zu organisieren und Innovationen anzubahnen, ist den Akteuren - also den Stiftern, der TU Berlin und der TSB - ein großer Wurf gelungen. Schließlich wird durch dieses Modell der vielen Stifter der Technologietransfer viel breiter gestreut.

  Dr. Michael Haschke: Für mich ist das Herausragende, dass 13 Firmen, die alle untereinander im Wettbewerb stehen, sich einigen konnten, Geld in die Forschung auf dem Gebiet der analytischen Röntgenphysik zu investieren mit dem Ziel, sowohl Fragen der Grundlagen- als auch der angewandten Forschung zu bearbeiten. Enorm wichtig ist den Firmen aber auch, mit dieser Professur die Lehre auf diesem Gebiet voranzutreiben, um hervorragend ausgebildete Fachkräfte zu haben.

  Von wem ist die Initiative für diese Stiftungsprofessur ausgegangen?

Dr. Haschke: … im Wesentlichen von den Unternehmen.

  Und was war hier das entscheidende Motiv?

Dr. Haschke: Die 13 Stifter stehen vor neuen und komplexen Fragen, die ihre eigenen Forschungskapazitäten sprengen. Die zu lösenden Probleme machen so tief gehende Forschungen notwendig, wie sie nun einmal nur an Forschungseinrichtungen wie der TU Berlin möglich sind.

  Wenn das Markenzeichen dieser Stiftungsprofessur die kleinen und mittelständischen Unternehmen sind, die als Stifter fungieren, welches Signal soll dann von dieser Professur ausgehen?

  Dr. Broich: Dass große Konzerne mit technischen Universitäten kooperieren, ist bekannt. Dass jedoch kleine und mittelständische Unternehmen aus eigener Initiative auf Universitäten zugehen und eine langjährige Forschungspartnerschaft anbieten - das ist neu. Die Signalwirkung, die wir uns erhoffen, ist, dass kleine und mittelständische Unternehmen auch auf anderen Gebieten diesem Modell einer nicht rechtsfähigen Stiftung unter dem Dach der Technologiestiftung folgen und in Zukunft mit der TU Berlin verstärkt zusammenarbeiten. Die Unternehmen zeigen mit diesem Engagement, dass sie ihren Beitrag leisten wollen, damit an den Universitäten bestimmte Wissenschaftsdisziplinen weiterentwickelt werden. Insofern ist diese Stiftungsprofessur für die Technologiestiftung Berlin das zukünftige Modell einer engen Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft hier in der Region Berlin/Brandenburg.

  Die unabhängige Expertenkommission Forschung und Innovation EFI, die die Bundesregierung auf diesen Gebieten berät, machte im vergangenen Jahr darauf aufmerksam, dass die Forschung und Entwicklung in den kleinen und mittelständischen Unternehmen besorgniserregend rückläufig sei. Inwiefern kann durch eine solche Initiative dieser Trend umgekehrt werden?

Dr. Broich: In der Hauptstadtregion gibt es etwa 3000 kleine und mittelständische Unternehmen, die ausgesprochen technologie- und innovationsorientiert sind. Ihr Forschungsbedarf ist enorm hoch, die eigenen Ressourcen dafür sind jedoch sehr knapp. Mit dieser Art der Kooperation kann garantiert werden, dass ihre Forschungs- und Entwicklungstätigkeit erhalten bleibt. Außerdem können sie sich auf diesem Wege eine gewisse Art der Grundlagenforschung leisten, da es ihnen ermöglicht wird, die Forschungsressourcen einer so großen Wissenschaftseinrichtung wie der TU Berlin zu nutzen.

 

Dr. Haschke: Die Unternehmen werden die Einrichtung des "Berlin Laboratory for Innovative X-Ray-Technologies" an der TU Berlin unterstützen. Dort werden sie Gerätetechnik bereitstellen, die genutzt werden kann, um Ideen auszuprobieren, Tests auszuführen und grundsätzliche Entwicklungen anzuschieben. Das alles verdeutlicht, wie wichtig diesen Firmen Forschung und Innovation sind. Denn sie wissen, dass sie nur auf diesem Wege wettbewerbsfähig bleiben.

 Das Gespräch führte Sybille Nitsche / Quelle: "TU intern", 2/2009 

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