50 Jahre Laser: Vom Exoten zum Revoluzzer
12.03.2010
50 Jahre Laser
Vom Exoten zum Revoluzzer - Laser treiben neue Technologien im Zeitalter des Lichts
Interview mit Professor Dr. Thomas Elsässer, Direktor am
Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie und Chairman
des Kongresses "Optische Technologien für Messtechnik und Produktion"
der Laser Optics Berlin (22.-24. März 2010)
Wir feiern 2010 fünfzig Jahre Laser als physikalisches Gerät. Wo steht
die Lasertechnologie heute?
Als der Laser erfunden wurde - übrigens hat sich schon Einstein mit seinen
Grundlagen beschäftigt - haben viele gespottet, der Laser sei die Lösung für
ein Problem, das nicht existiere. Er hat eine Entwicklung genommen, die damals
selbst zukunftsorientierte Wissenschaftler nicht ahnten. Der Laser ist aus
unserem täglichen Leben heute nicht mehr wegzudenken. Immer wenn wir eine CD
oder eine DVD abspielen und im Festnetz über Glasfaserkabel telefonieren, haben
wir es mit Licht aus Lasern zu tun. Laser spielen inzwischen auch in der
Materialbearbeitung, zum Beispiel in der Autoindustrie, eine wichtige Rolle.
Welche Rolle wird die Lasertechnologie in Zukunft spielen?
Die Lasertechnologie ist eine wesentliche Voraussetzung für das
Informationszeitalter, wie wir es jetzt erleben und wie es sich weiter
entwickeln wird. Die optische Speicherung und optische Übertragung von
Informationen ist eine Technik, auf die wir nicht verzichten können. Da sind
Laser die zentrale Lichtquelle, die für die verschiedenen Anwendungen gebraucht
wird. Insofern hat der Laser eine ähnliche Bedeutung für lichtbasierte
Technologien wie der Transistor für elektronische Technologien.
Wo steht Deutschland im internationalen Forschungsvergleich?
Deutschland ist in der Forschung an Lasern und mit Lasern eine der führenden
Nationen. Deutschland profitiert dabei von der starken Tradition in der Optik.
Und welches Land ist führend? Sind es die USA?
Es gibt Bereiche, da hat Europa die USA abgehängt. Aber die USA sind sicherlich
einer der Hauptkonkurrenten. Man darf jedoch Japan, andere europäische Länder
und zunehmend China nicht unterschätzen.
Was sind die Stärken Deutschlands?
Zu den Stärken gehören das sehr leistungsfähige Forschungssystem und dass wir
hier - bei aller Kritik - auf eine sehr differenzierte öffentliche Förderung
zurückgreifen können, die sich auch auf industrierelevante Entwicklungen
erstreckt. Eine weitere Stärke ist der hohe Qualifikationsgrad der Mitarbeiter
und nicht zuletzt auch die häufig enge Zusammenarbeit zwischen Forschung und
Industrie. Der Status ist nicht so schlecht, wie er häufig dargestellt wird.
Und die Schwächen?
Wenn es darum geht, hochqualifizierte Mitarbeiter aus der ganzen Welt
anzuwerben, sehen wir im Vergleich zu anderen Industrienationen, insbesondere
zu den USA, nicht besonders gut aus.
Kämpfen Sie denn auch mit der Elitenabwanderung aus Deutschland?
Das ist durchaus ein Problem. Ein Hauptkanal führt dabei in die USA, weil die
Leute dort oft bessere Arbeitsbedingungen vorfinden: weniger Reglementierungen,
weniger einschränkende Bürokratie und auch eine bessere Nachwuchsförderung. Und
leider kehrt eine hohe Anzahl von Akademikern nicht mehr nach Deutschland
zurück.
Kann man den volkswirtschaftlichen Gewinn durch Lasertechnologien
quantifizieren?
Das ist weltweit ein Multimilliardengeschäft und auch in Deutschland ein
wichtiger Bereich der technischen Wertschöpfung.
Viele denken bei Lasern an Laserpointer, die Piloten blenden, an
Baumarkt-Geräte oder an Waffen. Hat man bei der Image-Bildung etwas versäumt?
Es gibt in Deutschland eine gewisse unselige Tradition, jede Hochtechnologie
zunächst einmal pauschal zu verurteilen. Das ist in anderen Ländern, besonders
in den USA, nicht der Fall. Dort konzentriert man sich auf die neuen
Möglichkeiten. Dass die Lasertechnologie dieser Wahrnehmung unterliegt, liegt
nicht an der Lasertechnologie an sich. Zum militärischen: Es ist richtig, dass
Laser eine Rolle spielen. Sie haben aber viele Hoffnungen, die die Militärs
hegten, nicht erfüllt. Denken Sie an das „Star Wars"- Programm von Ronald
Reagan. Dafür sind die Laser wegen ihres sehr geringen Wirkungsgrades nicht
geeignet.
Wie steht es um das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Laseranwendung?
Alle, die in der Wirtschaft Lasertechnik anwenden, profitieren auf der
finanziellen Seite davon. Laserschweißen, um nur ein Beispiel zu nennen, ist
heute in der Automobilindustrie eine Standardtechnik, die sich sehr gut in
Roboter integrieren lässt. Genauso ist es mit der Bearbeitung von Werkstücken
im Flugzeugbau mit numerisch gesteuerten Lasermaschinen. Die Qualität ist
besser und preisgünstiger als mit traditionellen Methoden. Und die moderne
Kommunikationstechnik ist ohne Laser nicht denkbar.
Wer oder was treibt die Entwicklung voran?
Die Entwicklung ist hoch spezialisiert auf verschiedenste Bereiche. Man hat ein
bestimmtes Anwendungsfeld und entwickelt dafür eine technisch optimierte Lichtquelle.
Es gibt nicht den Universallaser. Um ein Beispiel zu nennen: Die CD-/
DVD-Entwicklung hat begonnen mit Halbleiterlasern im Bereich des nahen
Infrarot. Wenn Sie heute in die Supermärkte gehen, lesen Sie „Blue Ray"-Disc.
Das sind Discs, die haben feinere Strukturen, um höhere Informationsdichten zu
ermöglichen und das erfordert nun Halbleiterlaser mit kurzen Wellenlängen.
Dahinter steckt eine ungeheure Entwicklung in der Materialforschung und dann in
der Nutzbarmachung dieser Materialien für Halbleiterlaser.
Und noch eine Bemerkung: Eine optische Entwicklung treibt die nächste voran.
Denken Sie an Digitalkameras, die Bilder mit zehn Megapixel Auflösung
aufnehmen. Wenn Sie diese Bilder über das Internet verschicken wollen, haben
Sie Dateien mit vielen Megabytes in einer vertretbaren Übertragungszeit zu
versenden. Das heißt, die Bildübertragung erfordert eine entsprechende
Geschwindigkeit, wozu neue Lichtquellen und Komponenten gebraucht werden. Und
es gibt ja auch in der Medizin heute Operationen, an denen räumlich voneinander
getrennte Ärzte beteiligt sind - verbunden über eine Bildstrecke. Auch da
braucht man hohe Übertragungsraten. Das geht nur optisch.
Haben Sie einen Traum, wohin uns die Lasertechnologie führen könnte?
Ein Thema, das mich speziell sehr interessiert, ist die Aufklärung von
transienten Strukturen. Das heißt, wir möchten in der Grundlagenforschung dabei
zusehen, wie sich Strukturen in chemischen Prozessen oder Phasenübergängen, zum
Beispiel in Schmelzprozessen, verändern oder wie sich in Festkörpern Elektronen
bewegen. Daraus können wir lernen, was diese Prozesse auf atomarer Ebene
treibt.
Können Sie einem Laien erklären, wie man transiente Strukturen sichtbar
macht?
Wir möchten nicht nur wissen, wie die veränderte Struktur am Ende im
Gleichgewicht aussieht, sondern wir möchten verstehen, wie sie gebildet wird.
Wenn wir zusehen können, wie sich die Atome in dieser neuen Geometrie bewegen,
dann haben wir eine Chance, diese Prozesse durch Licht zu beeinflussen. Stellen
Sie sich vor: Sie haben einen Ausgangsstoff, und Sie haben zwei verschiedene
Möglichkeiten von neuen Produkten, die daraus entstehen. Sie bevorzugen die
eine, weil die zum Beispiel eine günstige medizinische Wirkung hat, dann müssen
Sie in den Prozess, wie diese Strukturen entstehen, gezielt eingreifen können.
Sie organisieren als Chairman den internationalen wissenschaftlichen
Kongress der Fachmesse Laser Optics Berlin, der eine imposante Rednerliste
vorweist. War es eine große Herausforderung, Koryphäen wie auch Pioniere der
Lasertechnologie zu überzeugen zu Ihrem Kongress in die deutsche Hauptstadt zu
kommen?
Natürlich gab es terminliche Hürden, aber die beteiligten Spitzenforscher waren
schnell davon begeistert, hier in Berlin das 50jährige Laser-Jubiläum vom 22.
bis 24. März zu feiern.
Über die Laser Optics Berlin
Die Laser Optics Berlin - Internationale Fachmesse und Kongress für optische
Technologien und Lasertechnik - findet alle zwei Jahre statt. Über 130
nationale und ausländische Aussteller präsentierten im Jahr 2008 ihre
innovativen Produkte und Dienstleistungen auf dem Messegelände am Funkturm.
Rund 90 Prozent der 2.650 Besucher waren Fachbesucher. Veranstaltet wird die
Laser Optics Berlin von der Messe Berlin in Zusammenarbeit mit der TSB Innovationsagentur
Berlin GmbH, den Partnern Max-Born Institut, OpTecBB, der Adlershof Projekt
GmbH und dem Laserverbund Berlin-Brandenburg e.V. Weitere Informationen unter
www.laser-optics-berlin.de.
