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Die gesundheitlichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts

03.10.2009

World Health Summit 2009

Thilo Spahl im Gespräch mit Prof. Dr. Detlev Ganten, Präsident des World Health Summit 2009

Vom 15. bis 18. Oktober findet erstmals der World Health Summit statt. Rund 500 hochrangige Teilnehmer aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft werden über globale gesundheitliche Herausforderungen diskutieren. Was ist das Ziel dieses Gipfels?

Die Überlegungen gehen zurück auf die Vorbereitungen des G8 Gipfels, der 2007 in Heiligendamm stattfand. Damals hat die Bundesregierung versucht, das Thema Gesundheit dort einzubringen. Diese Initiative wurde von uns als Scientific Community dankbar aufgenommen, die Akademien haben das beratend unterstützt. Letztlich wurden Gesundheitsthemen dann aber in Heiligendamm nicht so intensiv behandelt, wie wir uns das gewünscht haben. Daraus ist die Idee für einen gesonderten Weltgesundheitsgipfel entstanden, der vor allem in der politischen Wahrnehmung diesem global außerordentlich wichtigen Thema das nötige Gewicht verleihen soll. Denn letztlich müssen die großen  Themen, wie etwa der Klimawandel oder die wirtschaftliche Entwicklung, immer auch unter dem Aspekt der Auswirkung auf das Wohlbefinden der einzelnen Menschen betrachtet werden. Strategische Entscheidungen an den Interessen der Einzelnen vorbei, insbesondere wenn die Gesundheit betroffen ist, sollten wir kritisch hinterfragen.  Hier sind wir als Mediziner gefordert.

Um das konkret anzugehen, hat die Charité mit Unterstützung der Bundesregierung und der Französischen Regierung und in enger Partnerschaft mit der Université Paris Descartes begonnen, in Anlehnung an die G8, die M8-Allianz aufzubauen. Das ist eine Gruppe von 8 führenden medizinisch-wissenschaftlichen Zentren aus Deutschland, Frankreich, den USA, Großbritannien, Russland, Japan, Australien und China sowie dem Inter Academy Medical Panel (IAMP), der 65 nationale Akademien repräsentiert, und der Association of Academic Health Centers (AAHC), deren Ziel es ist, das Thema Gesundheit auf die globale politische Agenda zu bringen.

Die zentrale Aktivität der M8 ist der von nun an jährlich stattfindende World Health Summit (WHS), der in 2009 gleichzeitig den Auftakt des Jubiläumsjahrs zum 300 jährigen Bestehen der Charité darstellt. Das passt natürlich wunderbar, denn der WHS folgt gewissermaßen dem Virchowschen Diktum „Die Medizin ist eine soziale Wissenschaft, und die Politik ist weiter nichts als Medizin im Großen." Diese umfassende Sicht von Medizin kann meiner Meinung nach am besten von Academic Health Centers wie der Charité getragen werden, die selbst alle Bereiche abdecken, in der Forschung ganz vorne dabei und gleichzeitig unabhängig von Lobbygruppen sind. An der großen Resonanz, die wir mit diesem Konzept bei Spitzenleuten ausgelöst haben, sehen wir, dass es für diesen Vorstoß einen llaren Bedarf gibt.

Wo liegen die inhaltlichen Schwerpunkte des Gipfels?

Die drei Tage haben jeweils einen spezifischen Schwerpunkt. Am ersten Tag geht es um „Global Visions", also Fragen des globalen Gesundheitsmanagements und der Gesundheitssysteme. Das wird eingeleitet mit Vorträgen von Kanzleramtschef Thomas de Maiziere und dem französischen Außenminister Bernard Kouchner. Am zweiten Tag werden wir uns mit personalisierter Medizin und am dritten mit „Emerging Medical Challenges" befassen.

An allen Tagen wird es politische Statements der Minister, Keynote Lectures, Working Sessions mit wissenschaftlichen Vorträgen und eine Podiumsdiskussion geben, auf der die Ergebnisse des Tages in Form von "Calls to Action" zusammengefasst werden.

Am Nachmittag des dritten Tags werden wir den Summit für die Allgemeinheit öffnen. Da haben wir eine Reihe besonders prominenter Redner, die ausgewählte Inhalte des Gipfels präsentieren werden.

Das Motto des diesjährigen Gipfels lautet „Evolution of Medicine"? Worauf zielt es?

Nun, wir befinden uns im Darwinjahr. Und ein ganz wichtiger Trend in der Medizin ist es, die Erkenntnisse der Evolutionstheorie als wichtige Grundlagenwissenschaft stärker in Forschung und Praxis zu berücksichtigen. Unser Körper ist das Ergebnis von 3,5 Milliarden Jahren Evolution, und wenn wir seine Vergangenheit erforschen, können wir viel darüber lernen, wie sich Krankheiten heute vermeiden lassen.

Gleichzeitig heißt Evolution auch, dass sich Strukturen in Anpassung an die sich verändernde Welt weiter entwickeln müssen. Und das gilt eben auch für die Gesundheitssysteme, die offen für Veränderung sein müssen. So brauchen wir heute etwa bessere Strukturen für die Prävention und bessere Strukturen für die personalisierte Medizin. Und damit meine ich nicht nur die Entwicklung von zielgerichteten Therapien für definierte Patientengruppen sondern auch die Übernahme von mehr persönlicher Verantwortung des Einzelnen für die eigene Gesundheit.

Auf welche Sessions freuen Sie persönlich sich am meisten?

Das ist schwer zu sagen, da wir wirklich eine Vielzahl von hervorragenden Sprechern haben. Von meinem wissenschaftlichen Hintergrund her, den Herzkreislauf-Erkrankungen , ist für mich die personalisierte Medizin das interessanteste Gebiet. Drängende und wichtige Fragen sind aber auch die Infektionskrankheiten in den armen Ländern, Ernährung, Wasser und vieles mehr. Hier gilt es nicht, eigene Hobbys zu pflegen, sondern für die Not in der Welt sensibel zu sein. Ich freue mich auch auf die Life-Schaltung zur International Space Station, weil sie deutlich macht, dass es nicht nur darum geht, die aktuellen  Probleme zu bearbeiten, sondern 40 Jahre nach der ersten Mondlandung zu zeigen, dass die Menschheit auch in Hinblick auf die Gesundheit Weitsicht braucht und noch viele Aufbrüche zu neuen Ufern wagen wird, die wir auch mit Mut und Optimismus angehen sollten. Dieser Fortschritt in der Wissenschaft muss in erster Linie den Menschen selbst und ihrem höchsten Gut, der Gesundheit, zu gute kommen. Wenn es uns gelingt, hierauf mehr als bisher aufmerksam zu machen, dann haben wir, über die Einzelergebnisse hinaus, viel erreicht.


Quelle: Dieses Interview übernehmen wir von der Website www.biotop.de - Hier im Original


Weitere Informationen zum World Health Summit

Interview | Thilo Spahl

 


Terminhinweis:

14.-18.10.2009 Weltgesundheitsgipfel: World Health Summit in Berlin
Internationale Diskussion über drängende Fragen der globalen Gesundheit

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