Christoph Miethke GmbH & Co. KG, Potsdam
Entwickler und Hersteller von Ventilsystemen für Hydrocephalus-Patienten (Wasserkopf)
Zweifacher Gewinner des Innovationspreises Berlin-BrandenburgBereits zwei Mal, 1999 und 2006, wurde die Firma mit dem Innovationspreis Berlin-Brandenburg ausgezeichnet. Das Unternehmen erreicht einen Jahresumsatz von 4,5 Millionen Euro. Es produziert jährlich 10.000 Ventile. Der Weltmarktanteil liegt bei fünf Prozent, in Deutschland bei 30 Prozent.
Christoph Miethke GmbH & Co. KG |
Christoph Miethke, Gründer und Geschäftsführer
Der 1960 in Krefeld geborene Christoph Miethke wuchs mit sechs Geschwistern in einer liebevollen und fördernden Atmosphäre auf. Er war der Tüftler der Familie, der immer an etwas herumschraubte. Nach der Schule leistete er seinen Zivildienst im Krankenhaus und entdeckte einen für ihn faszinierenden Mikrokosmos der Gesellschaft. Es bedeutete ihm viel, nützlich und hilfreich zu sein. Christoph Miethke studierte schließlich Medizintechnik an der TU in Berlin . Schon als Student stieß er durch seine Arbeit in einem Medizintechnik-Unternehmen auf die Problematik der Ventilsysteme zur Behandlung von Hydrocephalus - dem sogenannten „Wasserkopf", einer komplexen neurologischen Erkrankung - und entwickelte bereits erste Ideen zu deren Verbesserung. Nach dem erfolgreichen Abschluss seines Studiums (Diplom Maschinenbau) trieben ihn der eigene Forschungsehrgeiz und die Anregung seines Berliner TU-Professors Klaus Affeld zu der Überlegung, ein eigenes Unternehmen zu gründen.
Unternehmensgründung
Mit dem Ziel, ein neuartiges Hydrocephalus-Ventil zu entwickeln, wand sich Christoph Miethke Anfang der 90er Jahre an das Bundesministerium für Forschung und Technologie, um eine öffentliche Entwicklungsfinanzierung aus Einheitsförderprogrammen für sein ehrgeiziges Projekt zu beantragen. Im Juni 1992 lag ihm der Zuwendungsbescheid des Ministeriums vor und er gründete am 1. Juli desselben Jahres im Innovationspark Wuhlheide mit einem Team von einem Ingenieur und zwei Studenten sein Unternehmen.
Erste Forschungsergebnisse
Nach zwei Jahren der intensiven Forschung und Entwicklung stellte die damalige Christoph Miethke KG ihr DUALSWITCH-Ventil vor - ein Differenzdruck-Ventil aus biokompatiblem Titan, das sich durch eine neuartige Technologie der Gravitationsventile auszeichnete. Es folgte die Initiierung klinischer Studien und schließlich wurde am 1. Februar 1995 das erste Ventil in der Berliner Charité implantiert.
Markteintritt
1996 wird das DUALSWITCH-Ventil gemäß dem Medizinproduktegesetz zugelassen und betritt als erstes Produkt des Unternehmens von Christoph Miethke offiziell den deutschen Markt. Bereits 1997 wird das Ventil auch auf dem europäischen Markt verkauft und nur wenig später folgen weitere Produkte, wie der SHUNTASSISTANT und das pädiatrische Ventil paediGAV.
Erste Erfolge
1999 ist ein entscheidendes Jahr für die Christoph Miethke GmbH & Co. KG. Das Unternehmen festigt zunehmend seine Marktstellung, zieht mit nun insgesamt fünf Mitarbeitern in den Europarc Dreilinden und geht eine bis heute erfolgreiche Vertriebskooperation mit B.BRAUN Aesculap ein. Gekrönt wird dieses Jahr durch den Gewinn des Innovationspreises Berlin-Brandenburg für das fünf Jahre zuvor entwickelte DUALSWITCH-Ventil. Mit diesem Preis und mit der Erfindung des Titan-Ventils als Weltneuheit gelingt dem jungen Unternehmen als einzigem deutschen und jüngsten Mitbewerber der Schritt unter die fünf weltweit führenden Anbieter seiner Branche. Bereits ein Jahr später verkauft das Unternehmen seine Produkte nach Südamerika und Australien und wenig später auch in die USA.
Das Unternehmen heute
Die Christoph Miethke GmbH & Co. KG hat sich seit ihrer Gründung im Jahr 1992 durch ihre neuartigen, implantierbaren Drainagesysteme zur Behandlung des Hydrocephalus in neurochirurgischen Fachkreisen in der ganzen Welt als innovatives Unternehmen einen Namen gemacht.
Heute beschäftigt das Unternehmen insgesamt 36 Mitarbeiter, ist vor zwei Jahren in ein eigenverantwortlich wieder hergestelltes denkmalgeschütztes Gebäude im Zentrum Potsdams umgezogen und liefert innovative Produkte zur Behandlung des Hydrocephalus in Länder auf allen Kontinenten.
Mit der Unterstützung durch das Land Brandenburg im Rahmen der Fördermaßnahme „Produkt- und Verfahrensinnovation" wurde in den letzten beiden Jahren das proSA entwickelt, das im Frühjahr nächsten Jahres erstmals klinisch zur Anwendung kommen wird. Mit dieser Entwicklung nimmt das Unternehmen im internationalen Markt eine durch ein umfassendes Patent abgesicherte Technologieführerschaft ein und erreicht somit einen Meilenstein auf dem Weg zur internationalen Marktführung.
Internationaler Technologievorsprung: Mit proSA zu neuen Optionen bei der Behandlung des Hydrocephalus
Hydrocephalus
Beim Hydrocephalus (dt. „Wasserkopf") kommt es durch eine überhöhte Ansammlung von Hirnwasser zu einem krankhaften Druckanstieg im Gehirn der betroffenen Patienten, was schließlich zu einem schädlichen Abbau von Hirngewebe führt. Die Folgen sind Schwindel, Gangunsicherheit, Kopfschmerzen, Demenz oder Harninkontinenz. Unbehandelt kann der Druck so stark ansteigen, dass die Blutversorgung des Gehirns zum Erliegen kommt und der Patient in der Folge stirbt.
Funktion von Drainagesystemen
Durch die Implantation eines Ventils wird das überschüssige Hirnwasser durch eine künstliche Drainage in den Bauchraum abgeleitet und der Druck dadurch in normale Bereiche gesenkt.
Derzeit sind zahlreiche unterschiedliche Ventilsysteme auf dem Markt. Die weitaus meisten Systeme sind jedoch nicht in der Lage, auf Positionsänderungen des Patienten angemessen zu reagieren, was zu schweren Komplikationen führen kann. Durch Einführung der lageabhängig arbeitenden Gravitationsventile durch die Christoph Miethke GmbH & Co. KG konnten die Behandlungsergebnisse für viele Patienten eindrucksvoll verbessert werden.
Funktion des proSA
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Mit der jüngsten Entwicklung wird nun ein Ventil vorgestellt, das völlig einzigartig eine einfache, von der Liegendposition völlig unabhängige Verstellung der Drainagecharakteristik für die Stehendposition ermöglicht. Dies ist vor allem in Fällen von Komplikationen und grundsätzlich für Säuglinge und Kleinkinder von Bedeutung. Mit dem Heranwachsen des Säuglings ändern sich die Druckverhältnisse im Shuntsystem eines Kindes mit Hydrocephalus rasant. Je größer ein Kind wird, desto bedeutsamer wird eine entsprechende Anpassung der in der aufrechten Körperhaltung wirksamen Ventilcharakteristik. Im Liegen soll die Ventileinstellung jedoch unverändert bleiben. Genau dies wird durch die Innovation erstmals möglich. |
Zwar werden auch bei Säuglingen schon verstellbare Ventile implantiert, die nach und nach hoch gestellt werden können. Diese Systeme verhindern nach dem Hochstellen aber zunehmend die erforderliche angemessene Drainage im Liegen. Durch die Entwicklung des proSA wird also die phänomenologisch sinnvolle Einstellung der Ventilfunktion für beide Körperlagen unabhängig voneinander erstmals ermöglicht. Die bekannten und in Fachkreisen beklagten Probleme bisher erhältlicher verstellbarer Ventilsysteme sind bei der Entwicklung berücksichtigt worden. So ist die Überprüfung der Einstellung ohne Röntgenuntersuchung möglich. Die gefährliche zufällige Verstellung durch magnetische Felder des täglichen Lebens (Kopfhörer, Tafelmagnete, etc.) oder bei Kernspinuntersuchungen, wie sie gerade bei hydrocephalen Kindern besonders häufig notwendig werden, wird durch einen Bremsmechanismus systematisch ausgeschlossen.
Weltpremiere: Erste Implantation in der Asklepios Klinik Altona, Hamburg
Das proSA (programmierbarer SHUNTASSISTANT) ist ein von außen und damit postoperativ programmierbares Gravitationsventil. Diese Ventiltechnik ist bislang einzigartig auf der Welt. Am 17.12.2008 implantierte Prof. Dr. Uwe Kehler, Chefarzt der Neurochirurgie in der Asklepios Klinik Altona das erste proSA-Ventil. Mit diesem Ventil soll gewährleistet werden, dass der Druck des Hirnwassers beim Patienten im Stehen wie auch in jeder Körperschräglage optimal gehalten wird. Erfordert die gesundheitliche Situation des Patienten eine Anpassung des Ventilöffnungsdruckes für die vertikale Körperlage, so kann nun auch nach der Operation eine Veränderung der Ventileinstellung erfolgen und dem Patienten ohne Wiederholungsimplantation geholfen werden.
Der Firmenstandort
Moderne Fertigungstechnik in historischer Umgebung: Dies vereint die Christoph Miethke GmbH & Co. KG in der Jägervorstadt in Potsdam unter einem Dach. In der ehemaligen Garde Ulanenkaserne, eine Reiterkaserne aus dem 19.Jahrhundert, entwickelt und produziert das Unternehmen mit neuester Maschinen- und Reinraumtechnik neurochirurgische Implantate zur Behandlung des Hydrocephalus.
Das Unternehmen wurde 1992 gegründet und ist von vier auf heute 40 Mitarbeiter angewachsen. Der Großteil der Einzelteile für die Ventilproduktion wird im Unternehmen selber produziert. Die Fertigung im Hause mit modernen CNC-Maschinen erlaubt präzise Maßarbeit von der Zeichnung bis hin zum fertigen Produkt. Unsere Produkte werden unter Reinraumbedingungen gemäß ISO Klasse 7 in Handarbeit montiert und kalibriert. Die Ventilsysteme werden mit Unterstützung des Vertriebspartners Aesculap AG aus Tuttlingen weltweit vertrieben.
Engagement für die Bildung
"Ich bin nicht nur leidenschaftlicher Ingenieur und Unternehmer, ich möchte mit dieser Begeisterung auch andere anstecken. Gerade Kinder und Jugendliche sollen früh verstehen, wie viel Spaß es machen kann, Verantwortung zu tragen", sagt Christoph Miehtke. Der Innovationspreisträger 1999 und 2006 engagiert sich im Schulsektor direkt am Firmenstandort, aber auch international durch geförderte Patenschaften. So nimmt Miethke an der deutschlandweiten Initiative „Jugend denkt Zukunft" teil. Dafür verbringt eine Klasse aus Potsdam eine Woche im Betrieb und arbeitet an einem Projekt zum Thema „Umweltschutz 2020". Das Ziel dieser Initiative sind zum einen die Vermittlung von Einblicken in das Unternehmen und zum anderen die Auseinandersetzung mit Zukunft und Innovation im Bereich Umweltschutz.
Darüber hinaus engagiert sich Miethke gesellschaftlich auch in der Initiative „Babies and Bosses" um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern.
Ein weiterer Punkt des sozialen Engagement der Firma Miethke ist die Unterstützung des Vereins „Plan International". Hier bietet sich jedem Mitarbeiter die Möglichkeit, eine Kinderpatenschaft über Plan International einzugehen, deren Kosten das Unternehmen trägt.
Miehtke zeigt durch ein vielseitiges Engagement eindrücklich, dass gesellschaftliche Verantwortung nicht von der Größe des Unternehmens abhängt.
Quelle: http://www.unternehmen-fuer-die-region.de/88.0.html
Perspektivwechsel: Unternehmer in die Hochschule
Im Rahmen des Projekts "PerspektivWechsel 2009 - Unternehmer in die Hochschule - Professoren in die Wirtschaft" der Industrie- und Handelskammer (IHK) Potsdam und des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg (MWFK) beteiligte sich am 8. Juni 2009 auch der Unternehmer Christoph Miethke. Der studierte Medizintechniker Christoph Miethke berichtete unter anderem den Studierenden des so genannten "Gründungslehrstuhls" der Universität Potsdam, wie er seine innovativen Ideen auf dem Gebiet der Medizintechnik "gegründet" hat. Als Entrepreneur konnte er aus der Praxis berichten und so für Existenzgründungen aus der Wissenschaft Mut machen. Seine Vorlesung trug den Titel "Historie der Unternehmung und Internationalisierung".
Sein Tausch-Partner Guido Reger, Professor für Innovationsmanagement und Entrepreneurship an der Potsdamer Uni, hatte im Gegenzug die Möglichkeit, Einblicke in die Produktion eines innovativen Unternehmens zu erhalten, um daraus neue Erkenntnisse für den Bereich der Innovationsforschung und -lehre abzuleiten.
Die Christoph Miethke GmbH & Co. KG im Herzen Potsdams stellt Ventilsysteme für Hydrocephalus-Patienten (Wasserkopf) her und ist wegen ihrer Innovationsfähigkeit eine von 365 Firmen in ganz Deutschland, die für die Kreativität und Ideenvielfalt im Land steht.
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27.10.2008 Berliner Zeitung:
"Ich frage mich immer, ob es der Sache dient" - Christoph Miethke hat eine erfolgreiche High-Tech-Firma aufgebaut - mit ungewöhnlichen Ideen